Sie leisten die Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen (von links): Yannick Garzella (Lindenschule), Freya von Rolbeck und Wolfgang Hüttermann (beide am Schulzentrum) sowie Anne Kammerer (Bärenfelsschule). Foto: Tim Nagengast

Der Bedarf an Schulsozialarbeit an allen Schulen in Grenzach-Wyhlen steigt weiter. Die Zahl der Tätigkeits- und Einsatzfelder klettert analog zu den Schülerzahlen in Grenzach-Wyhlen.

Die Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen leistet die Lörracher Kaltenbach-Stiftung im Auftrag der Gemeinde. Yannick Garzella (Lindenschule), Freya von Rolbeck und Wolfgang Hüttermann (beide am Schulzentrum) sowie Anne Kammerer (Bärenfelsschule) teilen sich aktuell 3,1 Stellen. Ob diese mittelfristig ausreichen werden, schwebte als zwar unausgesprochene, aber indirekt mit „wohl eher nicht“ beantwortete Frage im Raum, als das Quartett im Gemeinderat seinen Jahresbericht erstattete.

 

Hüttermann sprach in diesem Kontext von „gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen“, denen die Schulsozialarbeit Rechnung tragen und deren Folgen sie abfedern müsse, wo immer dies möglich sei. Die Gemengelage sei dabei durchaus komplex. Denn wie Hüttermann auf Nachfrage von Ulrike Ebi-Kuhn (CDU) sagte, wird es kommendes Schuljahr in der Doppelgemeinde zum Beispiel sogar mehrere Schulklassen geben, in denen – neben der Lehrkraft – gleich zwei Schulbegleiter zum Einsatz kommen werden.

Großes Spannungsfeld

Ansonsten bewegen sich die Schulsozialarbeiter täglich in einem Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen von Kindern, Eltern und Lehrern. Dabei gehe es auch darum, „die Eltern dafür zu gewinnen, ihre Verantwortung zu übernehmen“. Denn bedingt durch die zunehmende Berufstätigkeit beider Elternteile fehle oftmals die gemeinsame Zeit füreinander.

Die entstehenden Defizite müssten Lehrer und Sozialarbeiter dann auffangen. „Aber wir können eben nicht alles abdecken“, sagte Hüttermann zu Tilo Levante (FDP), der wissen wollte, wie viele Lehrkräfte die Schulsozialarbeiter inzwischen „ersetzen“.

Hüttermann nannte es zudem unverständlich, dass manche Eltern ihre Kinder einerseits bis zur Grenze des jeweiligen Schulgeländes begleiteten, „und ihnen andererseits ungefiltert ein Smartphone in die Hand drücken“. Da treffe Überfürsorge auf Sorg- beziehungsweise Verantwortungslosigkeit. „Für mich passt das nicht zusammen.“ Denn gerade hier müsse man früh mit dem Thema der verantwortungsvollen Nutzung beginnen. Schließlich seien Smartphones und digitale Medien Teile des (Schul-)Alltags. Doch manche Eltern seien da allzu arglos unterwegs.

Oft multipler Hilfebedarf

Das Schulzentrum aus Realschule und Lise-Meitner-Gymnasium wächst und wächst. Im aktuellen Schuljahr werden dort 1032 Kinder und Jugendliche von 100 Lehrkräften unterrichtet. Zum Vergleich: Anno 2017 waren es 870 Schüler und 80 Lehrer. „Im Schnitt hat das Schulzentrum jedes Jahr 20 Schüler mehr“, rechnete Hüttermann vor. Entsprechend steige auch der Bedarf an Sozialarbeit und -begleitung. „Und die Heterogenität nimmt immer mehr zu.“ Immer mehr Familien benötigten – ganz unabhängig von der Schulart, die die Kinder besuchen – multiple Hilfen: Übersetzung, Alltagshilfe, Therapien oder sonderpädagogische Förderung.

Schulabsentismus

Was Hüttermann zufolge ebenfalls zugenommen hat, ist das Schulschwänzerproblem, „vor allem seit Corona“. Inzwischen achte man auch verstärkt auf entschuldigte Fehltage von Schülern, denn es gebe Eltern, die einfach absolut alles entschuldigten.

Die Vorträge der Schulsozialarbeiter stießen im Gemeinderat auf positives Echo. Über alle Fraktionen hinweg bestand Einigkeit darin, dass die derzeit 3,1 Vollzeitstellen keineswegs weniger werden dürfen.

Kritik an Finanzierung

In diesem Kontext kritisierte Bürgermeister Tobias Benz die Art und Weise, wie Schulsozialarbeit sich finanziert. Von der gewollten Drittelung (Land, Kreis und Gemeinde) der Kosten sei man durch Deckelungen inzwischen meilenweit entfernt.

Das Land trage in der Realität noch etwa ein Fünftel der Kosten. Den Restbetrag teilten Landkreis und Schulträger sich auf. Hüttermann ermutigte Benz dazu, dieses Thema regelmäßig an den entscheidenden Stellen zu platzieren, denn in der Tat würden die Kommunen von Bund und Land in Sachen Schulsozialarbeit „alleingelassen“.

„Land und Kreis frieren die Mittel ein, aber alle Ausweitungen und Kosten daraus müssen Städte und Gemeinden tragen“, klagte Benz. Er könne nur an die Politik appellieren, Schulsozialarbeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen und sie „nicht einfach komplett herunterzudelegieren“.