Die Rückkehr zu G9 bringt für die Gymnasien ein neues Fach und viele neue Schwerpunkte mit sich. Foto: dpa/Armin Weigel

Nicht nur länger, sondern runderneuert: So soll das neue G9 im Land werden. Welches neue Fach dazukommt, welche Schwerpunkte gesetzt werden und wo umgeschichtet wird.

Übernächste Woche sollen die Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit den grün-schwarzen Schulreformen gebündelt im Kabinett behandelt werden. Das hat unsere Redaktion aus gut informierten Kreisen erfahren. Mit der Novelle des Schulgesetzes sollen nicht nur die geplante Sprachförderung für Kitas und Grundschulen, sondern auch der Umstieg auf das neunjährige Gymnasium, die Neugestaltung der Grundschulempfehlung und die Strukturreformen der weiterführenden Schulen samt Abschaffung des Hauptrealschulabschlusses verankert werden. Es ist eines der größten Gesetzespakete seit dem Aufstieg der Grünen an die Macht. Eile ist geboten, denn im März nächsten Jahres werden sich die Fünftklässler an den weiterführenden Schulen anmelden. Ihnen sollen bereits die neuen Möglichkeiten offen stehen. Um das zu gewährleisten, muss die Novelle des Schulgesetzes zügig in den Landtag eingebracht werden und spätestens im Februar beschlossen sein.

 

Sechs Innovationsbausteine

Zwar wird die Ausgestaltung des neuen neunjährigen Gymnasiums im Detail nicht im Schulgesetz, sondern per Verordnung geregelt, die das Kultusministerium prinzipiell im Alleingang festlegen könnte. Dennoch haben Kultusministerium, Staatsministerium und die Bildungspolitiker der Koalitionsfraktionen die Konzeption des neuen Gymnasiums offenbar weitgehend abgestimmt.

Klar ist demnach, dass der vorhandene Stoff nicht einfach von acht auf neun Jahre gestreckt wird. Vertreter der Koalition berichten von sechs Innovationsbausteinen für das Lernen bis zum Abitur. Eingeführt werden soll demnach das Fach Medienbildung mit Informatik und KI (Künstliche Intelligenz), das durchgängig von der fünften bis zur elften Klasse unterrichtet werden wird. Darüber hinaus sollen im naturwissenschaftlichen Bereich Biologie, Chemie und Physik mit erheblichem Stundeneinsatz gestärkt werden.

Defizite in den Kernfähigkeiten

Wegen der bei den heutigen Schülern verbreiteten Defizite in den Kernfähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen sollen in der Unterstufe des Gymnasiums künftig mehr Unterrichtsstunden in Deutsch, Mathematik und den beiden Fremdsprachen erteilt werden. Ähnlich wie in den Deutsch- und Mathematikförderangeboten der Grundschulen soll offenbar der Leistungsstand der Schüler konkret mit Tests diagnostiziert und darauf aufbauend ein abgestimmtes Förderangebot konzipiert werden.

An Gymnasien, die weiterhin den achtjährigen Weg zum Abitur gehen wollen, wird es diese Unterstützungsangebote dem Vernehmen nach nicht geben. Die Bildungspolitiker der Koalition gehen davon aus, dass eher die guten Schüler sich für den schnelleren Weg zum Abitur entscheiden werden. Deshalb sei dieses Unterrichtsangebot am G8 nicht nötig.

Um die Schüler besser auf ihr Leben als politische Bürger vorzubereiten, soll die Demokratiebildung an den Gymnasien gestärkt werden. Allerdings plant die Koalition dazu kein eigenes Fach. Stattdessen soll es mehr Unterrichtsstunden in Gemeinschaftskunde und Geografie geben, um vor allem praxisorientierte Kenntnisse über Verfassung und Staatsform sowie Nachhaltigkeit in Klima- und Umweltschutz vermitteln zu können.

Teurer wird das Gymnasium erst ab 2032

Umstieg setzt Ressourcen frei

Neben diesen drei Schwerpunkten, die mit erheblichem Stundeneinsatz realisiert werden, sollen in geringerem Umfang auch die berufliche Orientierung im Fach Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung ausgeweitet und ein fachübergreifendes individuelles Schülermentoring angeboten werden.

Es erleichtert die Einführung des neunjährigen Gymnasiums zum jetzigen Zeitpunkt, dass der Umstieg auf die längere Schulzeit zunächst Ressourcen in den Gymnasien frei setzt. Außerdem will die Koalition einen Teil der zusätzlichen Unterrichtsstunden durch Umschichtungen realisieren, indem Poolstunden wegfallen und eine Stunde bei der zweiten Fremdsprache gestrichen wird. Dennoch gibt es mittelfristig einen erheblichen Lehrerbedarf.

Stellen werden erst später benötigt

Die Rede ist von 861 Vollzeitstellen, die allerdings erst ab 2032 benötigt werden und im Haushalt mit rund 93 Millionen Euro zu Buche schlagen. Im Blick auf die Personalkosten liegt der Umstieg zu G9 damit im mittleren Korridor der in den vergangenen Monaten debattierten Reformmodelle für den längeren Weg zum Abitur.

Worum es beim Mentoring geht

Begleitung
Lehrkräfte sollen künftig als Mentoren für Schüler aktiv sein und sie vor allem an den neuralgischen Punkten ihrer Schullaufbahn begleiten. Dabei kann es um Hilfestellung für das Lernen zu geben, um Techniken, wie man zuhause besser lernen kann, oder um Informationen vor dem Wechsel in andere Schularten.

Ziele
Mit ihrer systematischen und überfachlichen Beratung sollen Mentoren Schülern dabei helfen, Leistungsschwächen zu überwinden, damit sie die Anforderungen am Gymnasium schaffen und nicht auf andere Schularten wechseln müssen. luß