Ab Herbst 2025 entscheiden Eltern nicht mehr allein, auf welche weiterführende Schule ihr Kind geht. Wie entscheiden Lehrkräfte über die Grundschulempfehlung? Was können Eltern tun, die mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind? Die wichtigsten Antworten.
Die Grundschulempfehlung wieder verbindlicher zu machen – das ist ein Ziel der Schulreform der Landesregierung, die ab dem Schuljahr 2025/26 greifen soll. Ob ein Kind aufs Gymnasium, auf die Real-, Werkreal- oder Gemeinschaftsschule geht, soll dann nicht mehr in erster Linie vom Elternwillen abhängen. Was nun gilt – die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was galt bislang?
Bis 2011 war die im Landesrecht verankerte Grundschulempfehlung verbindlich. Empfahl die Klassenkonferenz für ein Kind etwa die Realschule, durften Eltern es in der Regel nicht fürs Gymnasium anmelden. Seither ist die Einschätzung der Lehrkräfte eine unverbindliche Empfehlung. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes zeigen, dass vor allem Eltern von Schülerinnen und Schülern mit Werkreal- oder Hauptschulempfehlung davon abweichen. Ein Drittel schickte seine Kinder 2023 stattdessen auf die Realschule. Auch Kinder mit Realschulempfehlung wurden an den Gymnasien angemeldet.
Was gilt in Zukunft?
Damit die Rückkehr zum G9 nicht zu einer Anmeldeflut an den Gymnasien führt, hat die Landesregierung die Grundschulempfehlung nun wieder verbindlicher gemacht – allerdings den Elternwillen stärker gewichtet als dies bis 2011 der Fall war. Grundlage der Grundschulempfehlung für das jeweilige Kind, sind nun laut einem Schreiben des Kultusministeriums an die Grundschulen folgende Bausteine: die pädagogische Gesamtwürdigung der Klassenkonferenz, also die Empfehlung der Lehrkräfte; die Ergebnisse des landesweit einheitlichen „Beobachtungsinstruments Kompass 4“; der Elternwunsch. „Für den Fall, dass der Elternwunsch von der institutionellen Empfehlung abweicht, werden die Gymnasien einen verbindlichen Potenzialtest anbieten, der über eine Aufnahme am Gymnasium entscheidet“, so die Information von Seiten des Kultusministeriums.
Wie funktioniert die Kompetenzmessung Kompass 4?
Kompass 4 sind für alle Grundschulen einheitliche schriftliche Tests in den Fächern Deutsch und Mathematik, die den Leistungsstand des einzelnen Kindes in der vierten Klasse feststellen sollen. Sie finden am 19. und 20. November 2024 statt. „Grundlage bilden die Bildungsstandards der Fächer Deutsch und Mathematik für den Primarbereich, sowie der Bildungsplan der Grundschule in Baden-Württemberg“, heißt es vom Ministerium auf Anfrage. Dafür erhalten die Schulen Aufgaben und Begleitmaterial.
Was zählt noch zur Grundschulempfehlung?
Die so genannte Klassenkonferenz einigt sich auf eine Grundschulempfehlung. Dabei zählt zum einen die Einschätzungen der Lehrkräfte, die Noten, aber auch nichtfachliche Kompetenzen wie Lernbereitschaft und Konzentrationsvermögen eines Kindes. Mit den Eltern werden Info- und Beratungsgespräche geführt. Zusammen mit den Halbjahresinformationen bekommen Eltern bis zum 7. Februar 2025 die Empfehlung der Grundschule ausgehändigt.
Was passiert, wenn Eltern mit der Empfehlung nicht einverstanden sind?
Hat ein Kind eine Realschulempfehlung, soll aber – auf eigenen oder Elternwunsch – ans Gymnasium wechseln, können Eltern Sohn oder Tochter zum so genannten Potenzialtest anmelden. Das müssen sie spätestens vier Schultage nach Ausgabe der Grundschulempfehlung am gewünschten allgemeinbildenden Gymnasium tun. Im Infomaterial des Ministeriums an die Grundschulen heißt es: „ Das Ergebnis des Potenzialtests entscheidet dann abschließend über die Möglichkeit der Aufnahme am Gymnasium.“ Der Test werde vom Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) erstellt. „Es werden fachliche Kompetenzen in Deutsch und Mathematik auf gymnasialem Niveau sowie allgemeine kognitive Voraussetzungen getestet“, so das Ministerium. Weitere Informationen „werden rechtzeitig zur Verfügung gestellt“. Der Potenzialtest findet am 18. Februar 2025 statt, ein Nachtermin ist für den 25. Februar angesetzt.
Was gilt für private Schulen?
„Private, staatlich anerkannte Grundschulen und Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) mit Bildungsgang Grundschule können bereits in diesem Schuljahr Kompass 4 anbieten“, sagt ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Für Privatschulen gelte, dass sie auf eigenen Wunsch auch den Potenzialtest durchführen können. Liegt keine Gymnasialempfehlung aus der Grundschule vor, ist auch der Zugang zu Privatschulen „nur mit bestandenem Potenzialtest möglich. Dieser kann jedoch auch an anderen Gymnasien abgelegt werden, sofern die Privatschule keinen eigenen Potenzialtest anbietet“.
Wann müssen Eltern Kinder an weiterführenden Schulen anmelden?
Die Anmeldung ist von 10. März bis 13. März 2025 möglich. Zur Auswahl stehen in Baden-Württemberg Werkrealschulen, Realschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien.