Die Schulleiter im Kreis Freudenstadt äußern sich zu G9, verbindlichen Grundschulempfehlungen und Schoppers Kritik am „Aussieben“ an Gymnasien – bei Letzterem herrscht Uneinigkeit.
Das neue Schuljahr ist gestartet und mit ihm auch wieder das alte G9-System. Nun verbringen Schüler wieder neun statt acht Jahre bis zum Abitur am Gymnasium. Doch das ist nicht die einzige Änderung.
„Mit G9 ist auch die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung gekommen, die bisher ausgesetzt war“, erklärt Volker Offenhäuser, Schulleiter des Martin-Gerbert-Gymnasiums (MGG) in Horb.
Und dann gibt es ja noch die Forderung der Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne), die Gymnasien sollen weniger aussieben und mehr fördern, um die Abi-Quote zu erhöhen. Doch wie stehen die Schulen im Kreis zu all dem?
Kein Turbo-Abi mehr, durch G9
In Baiersbronn seien noch keine Auswirkungen der G9-Einführung zu spüren. Marco Finkbeiner, Leiter des Richard-von-Weizsäcker-Gymnasium (RvWG) , habe aber die Hoffnung, dass sich nun mehr Eltern trauen, ihre Kinder auf dem Gymnasium anzumelden. „Das Turbo-Abi ist damit ja vorbei.“
Rektorin Karin van Kemenade sei indessen eigentlich recht froh, dass die Eltern auf dem Land nicht so gymnasial-fixiert sind. Die Johannes-Gaiser-Realschule (JGR) sei in diesem Jahr so groß wie nie – auch weil die Realschulempfehlung, nicht verbindlich ist.
Realschulen für verbindlichere Grundschulempfehlungen
An der JGR hätten sie daher viele Schüler, die auf einer Werkrealschule vielleicht besser aufgehoben wären. Kemenade bedauert den hohen Leistungsdruck, den die Kinder erfahren und plädiert auf verbindliche Grundschulempfehlungen für alles Schulformen.
Auch Matthias Zeller, Leiter der Falkenrealschule in Freudenstadt, ist sich sicher: „Eine verbindlichere Grundschulempfehlung würde viel Frust auf Schülerseite verhindern“. Er rät Eltern dazu, den Empfehlungen der Grundschulkollegen zu folgen. Diese hätten die Kinder schließlich über Jahre beim Lernen und im sozialen Miteinander erlebt.
Gymnasien stehen hinter Kultusministerin Theresa Schopper
Und wie stehen die Gymnasien zu Schoppers Forderung, sie sollen weniger aussieben und mehr fördern? „Tatsächlich leben wir am RvWG das Mitnehmen von Schülern in hohem Maß“, erklärt Finkbeiner. Die politische Debatte ändere daran wenig.
Am MGG in Horb sei bereits ein Großteil der Poolstunden – das sind Stunden, die die Schule in eigener Verantwortung verteilen kann – für die individuelle Förderung oder Beratung vorgesehen, erklärt Rektor Offenhäuser.
Antonio Jakob, Leiter der Eduard-Spranger-Schule in Freudenstadt, erklärt: „Als Lehrer im beruflichen Schulwesen ist mir der Gedanke der individuellen Förderung von Schülern natürlich sehr nahe“. „Unsere Gesellschaft kann es sich schlicht nicht leisten, zu viele junge Menschen auf einem unteren Bildungsniveau zu belassen.“
Auch in Dornstetten unterstützt man die Ministerin: „Wir sieben nicht aus, sondern möchten für unsere Schüler kämpfen, damit sie eine möglichst erfolgreiche Schulbildung erhalten“, so Bernd Geiser, Leiter des örtlichen Gymnasiums.
Kritik am „Weniger Aussieben“ aus Horb
Ganz anders sieht das jedoch Götz Peter. „Ich persönlich halte nichts vom „Weniger Aussieben“ im gymnasialen Bereich“, erklärt der Geschäftsführende Schulleiter für Horb, Empfingen und Eutingen.
„Wer sein Kind am Gymnasium anmeldet, sollte sich von Anfang an bewusst sein, dass es Auftrag des Gymnasiums ist, ausschließlich auf Niveau E zu lehren und zu lernen – das Ziel heißt eben nun einmal Abitur“, erklärt Peter. Gemeint ist damit das erweiterte Niveau (Niveau E), das zum Abitur führt.