Die Schulen, auch in Calw, müssen sich seit geraumer Zeit mit mehr befassen als "nur" Unterricht – von Raumluftfiltergeräten in Corona-Zeiten über digitale Ausstattung mit Tafeldisplays bis zum Schulbesuch ukrainischer Flüchtlingskinder. Foto: Link

Zu behaupten, an Calwer Schulen laufe alles rund, wäre beschönigt. Zwar ist der Ausbau der Digitalisierung weit fortgeschritten. Teils große Probleme gibt es dagegen beim Unterricht für Flüchtlingskinder. Ein Überblick über aktuelle Herausforderungen.

Calw - Mathe, Deutsch oder Englisch – daran denkt, wer das Stichwort Schule im Kopf hat. Sich allein darauf zu konzentrieren, dürfte nicht immer leicht sein. Denn Schulen müssen sich auch mit anderen Themen befassen – aktuell nicht zuletzt mit den vorerst letzten Ausläufern der Corona-Pandemie und der Frage, wie eine Ganztagesbetreuung an Grundschulen ab 2026 funktionieren soll und kann. Das zeigt der Schulbericht der Stadt deutlich auf.

Ukrainische Schüler

Die vielleicht größte und drängendste Aufgabe dürfte derzeit aber der Schulbesuch ukrainischer Kinder sein. Ende Oktober hatte die Verwaltung mittels einer Umfrage bei den Schulen Rückmeldungen dazu bekommen, 88 ukrainische Schüler wurden zu diesem Zeitpunkt an städtischen Schulen unterrichtet. Zwischenzeitlich, so erklärte Karl-Michael Ebinger von der Abteilung Bildung der Stadt jüngst in einer Ausschusssitzung, seien es etwa 100.

Besonders problematisch scheint die Lage an der Erna-Brehm-Grund- und Werkrealschule in der Innenstadt zu sein, wo mit 41 Schülern fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen einen Platz – oder, besser gesagt, eigentlich keinen richtigen Platz – gefunden haben. So wurden die 18 Kinder in der Grundschule auf die Regelklassen verteilt, da für vorgesehene Vorbereitungsklassen kein Personal verfügbar sei. Ähnliche Schwierigkeiten bestehen an der Werkrealschule. Die 23 Kinder dort sind zwar in einer Vorbereitungsklasse; diese ist aber voll. Für eine weitere fehle es ebenfalls an Lehrkräften. Hinzu kommt eine räumlich angespannte Lage. Eigentlich gibt es kaum genug Platz für die zusätzlichen Schüler, eine zusätzliche Klasse in einem anderen Raum aufzumachen, scheidet aus, weil auch dazu Personal fehlt.

Das Hermann-Hesse-Gymnasium in Calw unterrichtet zwölf Schüler unterschiedlichen Alters, die zehn Stunden pro Woche von Kräften der Volkshochschule sowie drei bis vier Stunden von Lehrern der Schule Deutsch lernen. "Die restlichen Stunden sind sie in ihren regulären Klassen, wo sie wenig verstehen", heißt es im Schulbericht. Ähnlich sieht es am Maria-von-Linden-Gymnasium aus, wo drei ukrainische Kinder in Regelklassen gehen. Aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse sei fraglich, ob es wirklich einen Lernfortschritt gebe. Außerdem, so ist ergänzend in der Rückmeldung des Hesse-Gymnasiums zu lesen, sei die Schülergruppe sehr unterschiedlich in Sachen Leistungsfähigkeit, Motivation und Fluchtgeschichte.

16 Schüler besuchen reguläre Klassen der Grund- und Werkrealschule Heumaden, erhalten parallel Sprachförderunterricht und werden im Rahmen eines Projektes des Vereins "StadtLandKultur" durch zwölf ehrenamtliche Helfer zusätzlich begleitet.

An der Wimbergschule sind neun Kinder auf die Klassen verteilt. Der Unterricht erfolgt zum Teil mit Hilfe eines Tablets als Übersetzungsmedium und das Üben mit speziellen Lernprogrammen. In einzelnen Stunden werden sie in Kleingruppen gefördert.

Sechs Kinder erhalten Unterricht sowie Sprachförderung an der Grundschule in Hirsau. Letztere ist allerdings nun ausgelastet.

Ein Kind besucht die erste Klasse der Bohnenberger-Grundschule Altburg und bekommt dort Einzelförderung.

Keine ukrainischen Schüler sind (oder waren zum Umfragezeitpunkt) an der Grundschule Stammheim, an der Heinrich-Immanul-Perrot-Realschule in Calw und an der Seeäckerschule in Stammheim angemeldet. Für letztere habe es aber Anfragen gegeben, die allerdings erst aufgenommen werden dürften, wenn sonderpädagogischer Förderbedarf nachgewiesen wurde. Das Verfahren dazu sei recht umfangreich, weshalb damit zu rechnen sei, dass die Schüler dort mit einiger Verzögerung ankommen, heißt es im Bericht.

Auch geflüchtete Kinder (ab sechs Jahren) und Jugendliche fallen grundsätzlich unter die Schulpflicht, sofern sie gewissermaßen "fest" in Baden-Württemberg leben – unter Umständen auch, solange sie noch in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Zumindest dann, wenn sie sich voraussichtlich länger in der Region aufhalten werden. Andernfalls beginnt die Schulpflicht für die Betroffenen erst sechs Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland. Bereits zuvor besteht aber schon das Recht auf einen Schulbesuch.

Infektionsschutz

So wenig das noch bis vor wenigen Monaten vorstellbar erschien, so sehr ist es nun Realität: Das Thema Corona "ist eigentlich nicht mehr existent", meinte Michael Ebinger von der Abteilung Bildung. Hinsichtlich des Infektionsschutzes an Schulen, auf den er sich bezog, dürfte er Recht haben.

Wie aus dem Schulbericht hervorgeht, wurden beispielsweise die Restbestände der Selbsttests, die noch vorhanden waren, an Schulen und Kitas für die "Schnupfensaison" verteilt. Jeweils vier Selbsttests wurden pro Kind ausgegeben, damit diese bei Bedarf getestet werden können.

Ein gemischtes Fazit gab es mit Blick auf Raumluftfiltergeräte, von denen die Stadt 2021 insgesamt 13 Stück für schwer lüftbare Schulräume beschafft hatte. Der Entscheidung war eine Diskussion im Gemeinderat vorangegangen, bei der die Möglichkeiten zwischen "alle Räume ausstatten" (70 Geräte für rund insgesamt 180 000 Euro) und "gar keines anschaffen" im Raum gestanden hatten. Insbesondere Adrian Hettwer (Gemeinsam für Calw), der abseits des Ratstischs als Hausarzt in Calw tätig ist, war komplett gegen die Maschinen gewesen, da vollkommen unklar sei, ob diese wirklich helfen, Ansteckungen zu vermeiden. Eine Ansicht, die mittlerweile übrigens breite Unterstützung findet. Der tatsächliche Nutzen ist nach wie vor nicht wissenschaftlich belegt, zudem verbrauchen die Geräte viel Strom.

Ganztagesangebot

Auch ein Thema, das vielen Städten und Kommunen Sorge bereitet, steht bei den Calwer Schulen auf der Agenda: der bundesweite Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule, der ab dem Schuljahr 2026/2027 gelten soll. Denn bekanntermaßen fehlen an allen Enden Lehrer und Erzieher; folglich gibt es erhebliche Zweifel, ob dieser Anspruch bis in vier Jahren wirklich umsetzbar sein kann.

Wie es im Schulbericht heißt, beschlossen die betroffenen Schulen im Oktober nun, ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, das von allen Schulen getragen und gemeinsam umgesetzt wird. Sobald dieses vorliegt, soll unter anderem der Kultur- und Bildungsausschuss darüber beraten.

Digitalisierung

Vielsprechend sieht es unterdessen bei der Umsetzung des 2018 durch Bundesregierung und Bundestag ins Leben gerufenen Digital-Paktes aus. Dieser soll die Digitalisierung der allgemeinbildenden Schulen vorantreiben. Calw ist seit einiger Zeit daran, dieses Vorhaben umzusetzen, indem die Schulen nicht nur ans öffentliche Glasfasernetz angeschlossen, sondern zudem neu verkabelt und vernetzt sowie Klassenräume mit digitalen Tafelsystemen ausgestattet werden. 150 von letzteren sind bereits installiert oder bestellt, insgesamt sollen es am Ende 228 sein.

Der Stadt stehen dafür gut 1,8 Millionen Euro zur Verfügung; Land und Bund übernehmen 80 Prozent dieser Summe. Rund 60 Prozent der Mittel wurden bereits ausgegeben oder sind für konkrete Aufträge oder Bestellungen fest verplant.

An den beiden Gymnasien der Stadt sind die Maßnahmen abgeschlossen, an der Realschule in Calw beinahe (hier fehlen noch Restarbeiten).

Zum Jahresende, so der Plan, soll auch an der Grund- und Werkrealschule Heumaden alles fertig sein. Für die Erna-Brehm-Grund- und Werkrealschule wird als Termin für den Abschluss der Maßnahmen das Frühjahr 2023, für die Wimbergschule Mitte des Jahres 2023 angepeilt. Die Grundschulen in Hirsau und Stammheim sowie die Seeäckerschule in Stammheim sollen bis Ende 2023 entsprechend des beschlossenen Standards ausgestattet werden.

Der Zeitplan für die Bohnenberger-Grundschule Altburg ist indes derzeit noch unklar. Dieser hängt vom Zeitplan der Sanierung des Gebäudes ab, in deren Zuge der Ausbau geschehen soll und die 2023 beginnen soll.