Diskutierten über die angespannte Lehrerversorgung an Schulen (von links): Thomas Seler, Dorothea Wehinger, Martina Jenter-Zimmermann, Bernd Romer und Susanne Elga. Foto: Grimm

Die Not an den Schulen durch den enormen Lehrermangel ist groß und die Situation verschlechtert sich immer mehr.

Albstadt/Sigmaringen - Es brennt. Das war der Tenor beim Pressegespräch der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), zu der Bernd Romer, Kreisvorsitzender Zollernalbkreis, eingeladen hatte – auch Dorothea Wehinger von Bündnis ’90/Die Grünen, Mitglied im Bildungsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg.

Martina Jenter-Zimmermann, GEW-Bezirksvorsitzende Südwürttemberg, sowie Susanne Elgaß und Thomas Seßler, Kreisvorsitzende der GEW Sigmaringen, betonten, dass die Versorgung mit Lehrkräften "insbesondere im Schulamtsbezirk Albstadt", zu dem die Landkreise Sigmaringen und Zollernalb gehören, "seit Jahren katastrophal sind!"

Zum Schulstart fehlten über 40 Lehrkräfte

Zum Schuljahresbeginn fehlten über 40 Lehrkräfte respektive mehr als 1000 Deputatsstunden im Bereich der Grund-, Haupt-, Werk-, Gemeinschafts- und Realschulen.

Laut Rohner werden jedes Jahr bis zu 250 Personen befristet als Lehrkraft eingestellt, die nicht studiert haben. Diese so genannten "Nichterfüller" würden nicht nur als Krankheitsvertretung eingesetzt, sondern machten den Pflichtunterricht "bei diesem systemimmanenten Lehrkräftemangel überhaupt erst möglich". Zudem arbeiten diese Aushilfskräfte über Jahre hinweg in befristeten Arbeitsverträgen, mit der Folge, dass sie mit Beginn der Ferien Arbeitslosengeld beantragen müssten.

Romer und seine Mitstreiterinnen gaben Wehinger mit auf den Weg, die Probleme durch nichtqualifiziertes Personal in unfairen Arbeitsverträgen, Kettenabordnungen und die dadurch verursachte Belastung von Schulleitern und Lehrkräften dringend anzugehen. "Wir brauchen diese Personen noch mindestens zehn Jahre! Deshalb müssen sie fair behandelt werden", sagte Romer. Ebenso dringend bräuchten sie Qualifizierungskurse. Denn, das bestätigte Wehinger, "Lehrer kann man nicht so einfach backen".

Das Land habe zwar 1000 zusätzliche Stellen geschaffen, doch nicht jeder Lehramtsbewerber wolle an jeden Standort. Manche Schulamtsbezirke seien sehr beliebt, etwa Markdorf am Bodensee, andere wie Albstadt oder Donaueschingen rangierten auf der Skala ganz unten. "Aber es darf nicht sein, dass aufgrund fehlender Lehrkräfte Lernende im Bezirk Albstadt eine schlechtere Schulausbildung bekommen als jene in Markdorf", sagte Jenter-Zimmermann. Außerdem spreche sich das herum und schlechte Mundpropaganda könne negative Folgen für die Schulstandorte Albstadt und Sigmaringen habe.

Beamtenstatus als Lenkungsinstrument

Was also tun? Neben besserer Bezahlung könnte auch der Beamtenstatus als Lenkung genutzt werden, so der Vorschlag von Thomas Seßler. Im Klartext: Wer Standorte ablehnt, wird nur angestellt – verbeamtet werden solche Kräfte, die bereit sind, dahin zu gehen, wohin sie der Dienstherr schickt. Auf jeden Fall müsse sichergestellt werden, dass mehr Lehramtsstudierende als nötig ausgebildet werden, denn nicht alle werden das Studium beenden oder im Lehramt bleiben. Außerdem sollte es zum Standard gehören, an allen Schulen regelmäßige Supervisionen anzubieten, um die übermäßige Belastung in Grenzen zu halten. Denn es spreche Bände, wenn nur 25 Prozent der Lehrkräfte bis zum Ruhestand durchhielten.

Dorothea Wehninger, selbst erfahrene Erzieherin, zeigte Verständnis für die Vielzahl an Problemen, die sich aber nicht nur auf Schulen begrenzten, auch vorschulische Erziehung und Pflegeberufe schlössen sich an. "Überall, wo Frauen tätig sind oder tätig geworden sind, etwa in den Lehrberufen, sind Bezahlung und Anerkennung gesunken", stellte sie fest. "Daran muss gearbeitet werden."

Da das Kultusministerium seit der jüngsten Wahl in grüner Hand ist, kündigte Wehinger an, dass derzeit einiges in Bewegung sei und Veränderungen geplant seien. Sie versprach, Anregungen, die sie aus dieser Runde mitgenommen hat, in den Bildungsausschuss einzubringen: "Mit vielem von dem, was Sie sagen, kann ich einig gehen!"