Die Beteiligten von der Schreibstube des Arbeitskreises Asyl (von hinten links: Evelyn Preuß, Reinhold Weinmann, Linda Arm, Rosemarie von Strombeck, Albrecht Benzing, Elke Armbruster, Walter Irion und Ottomar Stamm) sind sich einig, dass der Bedarf an Unterstützung der Asylbewerber bei bürokratischen Angelegenheiten hoch bleiben wird. Foto: Kratt

Seit mittlerweile sechs Jahren besteht die Schreibstube des Arbeitskreises Asyl, die "Hilfe zur Selbsthilfe" für Asylbewerber bei bürokratischen Angelegenheiten. Anlass für die Beteiligten, nicht ohne Stolz auf die nicht mehr wegzudenkende Institution zu blicken.

VS-Schwenningen - "Fünf plus 1": Eigentlich hätte der Arbeitskreis Asyl bereits im vergangenen Jahr das kleine Jubiläum der Schreibstube gefeiert, coronabedingt wurde es aber auf dieses Jahr verschoben. So wird der Arbeitskreis am 19. Oktober einen gemütlichen Jubiläumsabend verbringen, wie Evelyn Preuß, Ehrenamtskoordinatorin bei der Diakonie, berichtet.

Bedarf im Jahr 2015 erkannt

Und in der Tat haben die neun Ehrenamtlichen, die zum Großteil seit der Gründung der Schreibstube im Jahr 2015 mit dabei sind, Grund zum Feiern: Nachdem mit der damaligen Flüchtlingswelle die erste Schwenninger Asylbewerberunterkunft in der Alleenstraße ins Leben gerufen wurde, habe man schnell den Bedarf erkannt, den anfangs überwiegenden Syrern bei der Bewältigung der Bürokratie unter die Arme zu greifen. Nicht nur, sagt Evelyn Preuß, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrschten, sondern auch, weil ihnen derartige Unterlagen von Jobcenter, Ausländerbehörde und Co. nicht geläufig waren.

Mit Trockenübungen hat alles angefangen

Im Arbeitskreis Asyl, der sich rund ein Jahr zuvor gegründet hatte, seien glücklicherweise schon immer "verwaltungsaffine" Mitglieder gewesen, die sich mit ihrem Know-how zur Verfügung gestellt hatten. Das Büro konnte im Muslenzentrum errichtet werden – eine zentrale Lage zum Busbahnhof, Diakonie-Beratungsstelle oder zur VHS. Die Ehrenamtskoordinatorin und die Mitstreiter erinnern sich noch genau, wie alles mit "Trockenübungen" angefangen hat. Allen voran habe Albrecht Benzing, der sich mit Herzblut im Arbeitskreis engagiert, den übrigen Engagierten bei den Übungsnachmittagen erklärt, welche Ämter es gibt und wer für was zuständig ist. "Obwohl es immer wieder Neuerungen gibt, haben alle allmählich reingefunden", berichtet Benzing selber, und Evelyn Preuß fasst zusammen: "Jetzt haben wir ein großes Wissen und einen reichen Erfahrungsschatz."

Was grundlegend für die erfolgreiche Umsetzung sei, das sind unter anderem die regelmäßigen Organisationstreffen der Mitglieder untereinander, aber auch der Austausch mit Jobcenter oder Ausländerbehörde. "Wir haben von Anfang an den Kontakt zu den Behörden gesucht, daraus ist eine wichtige Vernetzung entstanden", erzählt die Ehrenamtskoordinatorin.

15 Beratungen pro Termin

Vor der Corona-Pandemie hatte die Schreibstube immer montags und dienstags für jeweils fünf Stunden geöffnet, musste dann rund zwölf Monate schließen. Seit Juli können Asylbewerber nun montagnachmittags das Angebot in Anspruch nehmen. Und weil der Bedarf weiterhin hoch ist – im Schnitt 15 Beratungen können pro Termin stattfinden – will man die Öffnungszeiten wahrscheinlich nochmal erweitern.

Bearbeitung von Anträgen und Vermittlung an andere Stellen

Geholfen wird bei allem, "für das es keine anderen Anlaufstellen gibt", vornehmlich beim Ausfüllen von Anträgen jeglicher Art, zum Beispiel bei Bescheiden vom Jobcenter. Doch auch gerade hier kämen die Ehrenamtlichen manchmal an ihre Grenzen, wenn beispielsweise für eine Familie vier Bescheide gleichzeitig kämen, wie Gründungsmitglied Ottomar Stamm erzählt. Dann werde einfach beim Jobcenter angerufen. Genausogut kämen die Asylbewerber mit Schreiben vom Kindergarten, der Schule oder vom Kinderarzt, die es zu bearbeiten gilt, manchmal stünden aber auch gemeinsame Gänge zur Sparkasse oder zu einer Wohnungsbesichtigung auf dem Programm, berichtet Linda Arm.

Der Anspruch daran, den Bedürftigen weiterhelfen zu können, ist bei allen groß. "Wir schicken keinen hier weg", sagt Ottomar Stamm sofort. Doch gleichzeitig betont er, dass die Ehrenamtlichen auch "nicht alles machen können". Dann stehe die Vermittlung im Vordergrund, an welche Fachberatungsstelle sich die Asylbewerber wenden können.

Freude und Dankbarkeit stehen im Vordergrund

Unentgeldlich passiert das unterschwellige Angebot, bei dem für die Ehrenamtlichen vielmehr die Freude, wenn ihre Hilfe Früchte trägt und sie die positive Entwicklung eines Asylbewerber nach ein, zwei Jahren sehen, im Fokus steht, findet Reinhold Weinmann. Und nicht nur das: "Man hört eigentlich immer ein ›Danke‹. Denn die Asylbewerber wissen, dass wir sie nicht im Stich lassen."

Elke Armbruster, Leiterin der Diakonie-Beratungsstelle in Schwenningen, zeigt sich angetan von der Institution, die es auf Landeskirche-Ebene kein weiteres Mal gebe. Durch die Verknüpfung von Evelyn Preuß als hauptamtlich Tätige mit den neun Ehrenamtlichen sei es faszinierend, wie erfolgreich dieses niederschwellige Angebot funktioniere.