Hans-Jochem Steim wird am Sonntag, 20. November, 80 Jahre alt. Foto: Archivbild Wegner

Am morgigen Sonntag feiert der Schramberger Unternehmer und Ehrenbürger Hans Jochem Steim seinen 80. Geburtstag. Weggefährten charakterisieren ihn als "Mensch der Technik, Wirtschaft, Politik und Kultur".

Schramberg - Am 20. November 1942 wurde Hans-Jochem Steim in Schramberg als drittes Kind von Kurt und Liesel Steim in die Unternehmerfamilie hineingeboren. Eine Reihenfolge, die Entwicklungspsychologen als günstig bezeichnen. "In aller Regel ist der Behütungseifer der Eltern im Erziehungsgeschäft mit dem ersten und zweiten Kind auf natürliche Weise verschlissen, so dass Nachgeborene Spielraum gewinnen und immer wieder durch die Maschen schlüpfen können", beschrieb Professor Friedemann Maurer aus Hausen ob Verena, ein langjähriger Freund Steims, die Startbedingungen einmal in einer Rede anlässlich eines "Probesitzens" im restaurierten Junghans-Terrassenbau-Café. Spielräume, die Steim in seiner Schulzeit auch weidlich ausgenutzt habe, wie Maurer von Steims Mutter zu deren Lebzeiten noch erfahren hat.

Studium und Aufbaujahre

Nach dem Abitur am Gymnasium Schramberg 1961 studierte Steim Ingenieurwissenschaften. Den Abschluss als Diplomingenieur machte er 1967 im Fachbereich Allgemeiner Maschinenbau an der Universität Karlsruhe. 1970 promovierte er mit einer Doktorarbeit auf dem Gebiet der Stahlhärtung. Damit brachte er für Kern-Liebers mit seinem eigenen Sondermaschinenbau und Präzisionsprodukten aus Bandstahl und Draht in höchster Qualität die besten Voraussetzungen mit.

Der Vermutung, dass er es bei seinem großbürgerlichen Elternhaus immer leichter als andere gehabt habe ("Goldener Löffel"), trat er regelmäßig entgegen und verwies darauf, dass er sich zum Beispiel nach dem Abitur als "Reiniger zur See" im Maschinenraum eines deutschen Überseefrachters auf der Fahrt nach Mexiko zwei Monate lang auch für Drecksarbeit nicht zu schade war.

Seine ersten Sporen verdiente er sich, als er Mitte der 1970er-Jahre in den USA eine Tochterfirma von Kern-Liebers aufbaute. Heute beschäftigt Kern-Liebers weltweit 7 000 Mitarbeiter an über 40 Standorten in Europa, Amerika und Asien, davon circa 3 200 in Deutschland. Am Hauptsitz in Schramberg sind es rund 1 150. Der Umsatz im Ende Juni 2022 abgelaufenen Geschäftsjahr betrug 752 Millionen Euro.

Firmenchef

Ab 1991 steuerte Steim Kern-Liebers als Vorsitzender der Geschäftsführung, nach 19 Jahren im Juli 2010 zog er sich aus dem operativen Geschäft zurück und wurde Vorsitzender des Verwaltungsrates. Schon ein Jahr vor diesem Wechsel hatte er im Februar 2009 als neuer Eigentümer zusammen mit seinem Sohn Hannes die Uhrenfabrik Junghans übernommen, um die Marke und die Produktion in und für Schramberg zu bewahren.

Kern-Liebers führte er straff mit "klarer Hand und der Fähigkeit, immer begründet, ja und nein sagen zu können", wie es Professor Maurer umschrieb.

In der Branche der metallverarbeitenden Unternehmen sind die Margen nicht hoch. Wiederkehrende Konflikte mit der IG Metall in den Tarifauseinandersetzungen waren vorprogrammiert. Steim habe aber immer die Sicherung beider Seiten, des Unternehmens und der Arbeitnehmer, im Blick gehabt und man habe seine Klarheit geschätzt, versicherte Maurer im Gespräch mit unserer Redaktion. Das war auch spürbar, wenn man zum Beispiel beim Hintergrundgespräch mit Steim im "Stammhaus" saß, "seinem Gasthaus", und Kern-Liebers-Mitarbeiter auf dem Weg zur Kegelbahn ohne Scheu einige persönliche Worte mit ihrem Chef an seinem Tisch wechselten.

Ehrenbürger und Mäzen

Schon 2005 wurde Steim für seine Verdienste als Unternehmer in der Volksrepublik China als Ehrenbürger der Stadt Taicang ausgezeichnet. Viel früher als andere hatte er die Bedeutung des chinesischen Marktes erkannt und dort ein Werk gegründet. Dieselbe Würde erfuhr er 2007 anlässlich seines 65. Geburtstags in seiner Heimatstadt Schramberg. Als "König Hans-Jochem" titulierte ihn 2009 in einer ironisch-freundlichen Glosse Edgar Reutter, der damalige Leiter der Lokalredaktion Schramberg. Die Spitzen in seinem Text galten der Financial Times, die über den Junghans-Kauf durch Steim korrekt, aber über Schramberg etwas herablassend berichtet hatte.

Kopf eines klassischen Familienunternehmens

Für Professor Maurer jedenfalls ist Steim "einer der Köpfe des klassischen Familienunternehmertums in Baden-Württemberg", jemand, der sich nachhaltig einsetzt für die Gesellschaft und die Heimat. Einer, der über Generationen hinweg denkt, der das kulturelle und industrielle Erbe seiner Heimat bewahrt. "Den aber ständig etwas Neues umtreibt, das er in aller Regel ohne langes Zögern umsetzt", stellte Maurer fest. Was sich im Dezember 2021 bewahrheitete, als Steim, der 2021 mit dem Gründerpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet worden war, überraschend "auf eigenen Wunsch" zum Jahresende den Vorsitz des Verwaltungsrats der Kern-Liebers Gruppe niederlegte, zudem aus diesem ausschied, außerdem ankündigte, seine Firmenanteile zu veräußern und sich seither zu diesem Thema öffentlich nicht mehr äußerte.

Vielfältige Förderung

Ein "Kraftwerk der Bürger- oder Zivilgesellschaft", der in vielfältiger Weise die Vereinslandschaft Schrambergs gefördert und durch die Gründung einer Stiftung und Museen die Kultur in Schramberg bereichert hat, nennt ihn heute Herbert O. Zinell, der ihm damals als Oberbürgermeister die Ernennungsurkunde zum Ehrenbürger überreichte. Ein Mensch, der sich gerade in seiner Heimatstadt durch die Übernahme sozialer Verantwortung, dem Verantwortungsbewusstsein für das Ganze und ein reichhaltiges Mäzenatentum ausgezeichnet habe, ein erfolgreicher Unternehmer, der berechtigter Weise als "Doyen der Wirtschaft der Raumschaft" bezeichnet wurde und der auch als Verbandsfunktionär "ein Mann der Wirtschaft" war, ein Investor, der mit der "Rettung von Junghans", wie dies zurecht bezeichnet worden sei, Schrambergs Identität als Uhrenstadt bewahrt habe, beschreibt ihn Zinell heute.

Meist im Verborgenen

Diesem großen Lob schließt sich Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr an. "Die Große Kreisstadt Schramberg hat Hans-Jochem Steim viel zu verdanken. Er hat sich in herausragendem Maß verdient gemacht als Unternehmer und Arbeitgeber, als Kommunal- und Landespolitiker sowie als Förderer von Kunst, Kultur, Vereinen und sozialen Belangen. Dies geschah meist im Verborgenen und ohne großes Aufhebens. Die Autosammlung Steim und das Junghans Terrassenbau Museum, das sogar den Landesdenkmalschutzpreis erhalten hat, bereichern unsere Museumslandschaft. Ich freue mich schon, wenn Gut Berneck fertig restauriert ist", erklärt Eisenlohr zu seinem Geburtstag. "Durch Steims Einsatz gelang es außerdem, die Uhrenfabrik Junghans mit rund 100 Arbeitsplätzen in Schramberg zu erhalten. Mit all dem hat er seiner Heimatstadt einen großen Dienst erwiesen, der bis weit in die Zukunft hinein positiv wirken wird. Unsere Stadt hat großes Glück, Hans-Jochem Steim als Ehrenbürger zu haben", fügt Eisenlohr hinzu.

Lokal- und Landespolitiker

Steim war nicht nur Unternehmer und Mäzen, der mit dem Terrassenbau Museum ein Kulturdenkmal erneuerte und mit Gut Berneck ein weiteres in Angriff nahm, er war auch ein politischer Mensch, der sich als Studentenfunktionär, als Landtagsabgeordneter und langjähriger Kommunalpolitiker Anerkennung erworben hat. Im Schramberger Gemeinderat bildete er zusammen mit Martin Maurer, dem verstorbenen Karl-Heinz Maier (Elektro-Maier) und Volker Ziegler die "Viererbande" der CDU-Fraktion (Stichwort: Wasser der Kleinen Kinzig für den Neckar). "Ich bewunderte immer seinen scharfen Verstand, sein Erfolgswille, sein phänomenales Gedächtnis und vieles mehr. Eine seiner Eigenschaften, die mir immer wieder bemerkenswert aufgefallen ist, war seine Art, auszugleichen, Lösungen zu suchen, zu vermitteln und auch in brenzligen und aufgeregten Situationen auf die anderen zuzugehen", sagt sein damaliger Mitstreiter Maurer..

"Mein Respekt gilt vor allem der Beobachtung, dass er die Chancen, die sich ihm boten jeweils erfasst und dann auch genutzt hatte. Familiär historisch denkend geprägt, erkannte er oft die Idee, für die die Zeit gereift war. Nicht Träumerei, sondern Notwendigkeit trieben ihn an. An originellen Ideen für die Durchsetzung von Projekten mangelte es ihm nicht", beschreibt ihn Ziegler, der sein Schulkamerad war.

Spuren in der Landespolitik

Tiefe Spuren hat Steim auch in der Landespolitik und darüber hinaus gezogen. Finanziell unabhängig war er kein Parteifunktionär. "Als erfolgreicher Unternehmer, Politiker und Familienmensch hat er mit seinen Wertvorstellungen über die Landesgrenzen hinweg neue Maßstäbe gesetzt", befindet der CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Teufel. "Er hat sich aber nicht nur auf sein Unternehmen beschränkt, sondern sich für unser Land im Landtag, in der CDU und für seine Heimatstadt Schramberg eingesetzt. Ich bewundere ihn dafür, er ist ein feiner Kerl und mir ein guter Freund", erklärt Volker Kauder, der frühere Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Spende für die Falkensteiner Kapelle

Auch bei seinem runden Geburtstag bleibt sich Steim treu: Statt eines Geschenks erbittet er in der Einladung zur Geburtstagsfeier eine Spende für die Renovierung der Falkensteiner Kapelle in Schramberg.