Im Bereich der geplanten vier Windkraftanlagen nisten mindestens drei Rotmilan-Paare. (Symbolfoto) Foto: dpa

"Abwägungssache zwischen Naturschutz und der Energiewirtschaft." Ist Rotmilan der große Verlierer?

Schramberg - Rund vier Wochen sind die Pläne für den geplanten Windpark Falkenhöhe für jedermann einsehbar gewesen. Auch der Diplom-Biologe Olaf Kiffel hat die Pläne geprüft und Bemerkenswertes entdeckt.

Der Ausbau der Windkraft hat auch Auswirkungen auf die Tier- und insbesondere Vogelwelt

"Der Bau von Windkraftanlagen ist auch immer eine Abwägungssache zwischen Naturschutz und der Energiewirtschaft", sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Sandra Detzer, bei ihrem Besuch vergangene Woche auf dem Christleshof in Tennenbronn. Und tatsächlich trifft dieser Satz die derzeitige Situation auf der Tennenbronner Falkenhöhe genau.

Aus den offen gelegten Plänen und der Präsentation der Firma Windkraft Schonach geht hervor, dass 0,7 Hektar Wald gerodet werden müssen, 0,3 Hektar davon dauerhaft. Die Ausgleichszahlungen, die das Land in einem Naturschutzfond anlegt, betragen 100.000 Euro pro Windrad (www.naturschutz.landbw.de).

Pachterträge

Die Eigentümer, auf deren Besitz das Windrad errichtet wird, und die angrenzenden Grundstückseigentümer erhalten über eine Umlage eine jährliche Pacht zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Außerdem geht aus den Unterlagen hervor, dass gleich mehrere Tierarten dem Bau "im Wege stehen" könnten.

Im Bereich der geplanten vier Windkraftanlagen (WEA) nisten mindestens drei Rotmilan-Paare. Der Diplom-Biologe Olaf Kiffel befasst sich aus beruflichem Interesse mit den Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Natur sowie Umwelt und er stellt im Gespräch fest: "Die Windkraftanlagen sollen im Zentrum der Flugaktivität des Rotmilans errichtet werden. Selbst nach Angabe des beauftragten Gutachters Martin Boschert aus Bühl ist eine Tötung von Tieren der lokalen Population unvermeidlich. Der Gutachter versucht eine unerprobte Methode der Abschaltung während des Tages als Minderungsmaßnahme zu etablieren und rechtfertig dies umfangreich mit Wetterdaten."

Parallel hat Windkraft Schonach einen Antrag auf eine sogenannte Ausnahme vom Tötungsverbot gestellt. "Die Firma möchte die Tötung straflos in Kauf nehmen können, da der wirtschaftliche Zweck dies rechtfertige", so Kiffel. Dieser Antrag findet sich unter anderem im Internet auf der Seite www.uvp-verbund.de. Im Umweltverträglichkeits-Portal (UVP-Portal) können sich Interessierte über UVP-pflichtige Vorhaben, deren Verfahrensstand, Auslegungs- und Erörterungstermine, eingestellte Unterlagen, Berichte und Empfehlungen sowie die anschließende Entscheidung informieren.

Thomas Fritsch, Projektleiter bei der Firma Windpark, erläutert auf Anfrage: "Die Errichtung eines Windparks stellt generell ein Eingriff in Natur und Landschaft dar. Auch Vögel können dadurch betroffen sein. Die Behörde verlangt deshalb die Durchführung von Vermeidungsmaßnahmen, welche wirksam das Risiko für Vögel und andere Tiere vermindert. In diesem Fall werden von der Behörde Vermeidungsmaßnahmen verlangt, die die Vögel vom zukünftigen Windpark ablenken sollen."

Horste verlegen

Was bedeutet dies konkret für die Rotmilane? Ihre Horste sollen verlegt werden, in der Hoffnung, dass die Alttiere diese dann auch annehmen, so Kiffel. Gelingt dies nicht, nimmt das Unternehmen in Kauf, dass die Vögel eventuell durch die Rotoren "geschreddert" werden. "Solch’ ein Tötungsrisiko gibt es bei jedem Projekt", sagt Fritsch.

Aber nicht nur für die Rotmilane (im Flug an der Gabelung ihres Schwanzes zu erkennen) gilt es, Ausgleich zu schaffen: Auch das Auerwild ist Thema, da die Falkenhöhe teilweise in einem Auerwild-Korridor liegt. "Da die Aufwertung des Auerwildkorridors auf der Falkenhöhe aufgrund von fehlendem Lebensraum nicht sinnvoll erscheint, werden die Maßnahmen in Gutach im Bereich der Prechtaler Schanze durchgeführt. Der Abstand zu den Windenergieanlagen muss laut Forstlicher Versuchsanstalt (FVA) dabei mindestens 500 Meter betragen", erläutert Fritsch dazu.

Schildbürgerstreich

Biologe Kiffel hält diese vorgeschlagene Ausgleichsmaßnahme gar für einen Schildbürgerstreich: "Als Ausgleich für die entfallenden Auerhuhnflächen auf der Falkenhöhe sollen weit entfernte Flächen aufgewertet werden – im Windpark Prechtaler Schanze, ebenfalls erbaut von Windkraft Schonach, gelegen an einer beliebten Wander- und Mountainbikestrecke."

Zurück auf die Falkenhöhe: In unmittelbarer Nähe zu den geplanten Anlagen liegen auch Reviere des Wespenbussards, so Kiffel. "Betroffen sind aber auch diverse andere Arten, beispielsweise Sperlingskauz und Fichtenkreuzschnabel. Der Sperlingskauz wurde vom Gutachter im Bereich des Windparks festgestellt. Eine Gefährdung sieht das Büro Bioplan durch den Bau der Zuwegungen und die Kabeltrasse. Hiergegen sollen nächtliche Bauzeitenbeschränkungen helfen. Jedoch: Der Sperlingskauz ist dämmerungs-, während der Brutzeit sogar überwiegend tagaktiv."

Sehr hoch fand der Gutachter die Dichte des Fichtenkreuzschnabels, auch direkt an zwei der vier WEA. "Da diese Art ungewöhnlich ist, weil sie im Winter von Dezember bis Mai nistet und Junge aufzieht, ist hier die Gefahr der rechtswidrigen Beseitigung von ›Fortpflanzungsstätten‹ nach dem Bundesnaturschutzgesetz bei den winterlichen Rodungen unmittelbar gegeben. Die Gutachter von Bioplan übersehen das Problem vollständig", stellt der Biologe fest.

Ein Vogel, der sich aufgrund von Windrädern bereits "vom Acker gemacht hat", ist übrigens die Waldschnepfe. Dies berichtet das Bundesamt für Naturschutz unter Berufung auf den Ornithologen Ulrich Dorka. "An den 15 Zählstandorten im Schwarzwald nahm die Flugbalzaktivität der Waldschnepfe zwischen 2006 und 2008 um 88 Prozent ab", hat dieser festgestellt.

Im Herbst erneut Thema

Das Thema Windkraftanlagen wäre eigentlich Thema der Sitzung des "Gemeinsamen Ausschusses der Verwaltungsgemeinschaft Schramberg" in der vergangenen Woche gewesen. Oberbürgermeister Thomas Herzog hatte diesen Punkt innerhalb der achten punktuellen Änderung des Flächennutzungsplans abgesetzt.

Zum Thema Windkraft müsse man sich in Schramberg "im Herbst nochmals Gedanken machen".