Mit umgeknickten und weggeschwemmten Bäumen verstopft waren das Wehr am Bernecksportplatz und die Berneckstraße, so dass das Wasser sogar die benachbarte Kirnbachstraße hochkletterte. Foto: Archiv Kasenbacher Foto: Schwarzwälder-Bote

Der Tag der Hochwasserkatastrophe 1959 / Schwerpunktthema 2012 des Stadtarchivs / Neue Erinnerungen (1)

Von Edgar Reutter

 

Schramberg. Viele Schramberger erinnern sich mit Schrecken an den 21. Mai 1959. Zahllose Presseberichte haben damals die bedrohlichen Ereignisse geschildert. Jetzt haben neue Zeitzeugen ihr persönliches Erleben der Hochwasser-Katastrophe niedergeschrieben.

Die erste Zuschrift nach unserem Bericht zum Tag der Archive ist uns sogar aus der Schweiz von Rudolf Oehler aus Uzwil zugegangen:

"Ich war damals elf Jahre alt und wohnte an der Kirnbachstraße 34. Gegen 16 Uhr gab es ein ungewöhnliches Gewitter über dem Tal. Es hat so stark geregnet, dass man die Nachbarhäuser in unserer Straße nicht mehr gesehen hat. Im weiteren Verlauf kam das Hochwasser. Die Bäume am Bach wurden geknickt und weggeschwemmt. Unser Garten und ein Teil der Herzogwiese wurden bis zum gegenüberliegenden Strommast (rund 40 Meter) weggerissen. Danach wurden riesige Steinbrocken, Bäume, Schuppen, Gartenhäuschen, einfach alles was nicht mehr niet- und nagelfast war, den Bach herunter geschwemmt und das Wasser kam bis zu unserer Hauswand. Meine Großmutter und ich konnten noch die Hühner und Hasen retten, bevor der Stall einfach weg war. Das Wasser stand uns in dieser Situation bereits bis zum Bauch. Wenn man talwärts schaute, konnte man später sehen, dass sich das Wasser zwischen den Häusern Storz sowie dem Restaurant Stadt Schramber und den gegenüberliegenden, durch Bäume und sonstiges Treibgut immer mehr staute, die Mauern hochging und die Fenster eindrückte. Als kurz darauf das Wehr am Berneck-Sportplatz auch verstopft war, konnte man das Wasser die Kirnbachstraße retour hochlaufen sehen. Tags darauf sah man viele Trauben ganzer Bienenvölkern an Steinen und Ästen, die im Schlamm lagen. Die Straßen waren, nachdem der Regen endlich vorbei war, mit Sand und Schlamm gehäuft. Größere Autos waren bis zum Dach verschüttet, andere total zugedeckt.

Auch kann ich mich gut erinnern, als die amerikanische Armee nach Schramberg kam. Auf dem Berneck-Sportplatz nahmen sie diverse Aufbereitungsanlagen in Betrieb und die Leute bekamen sauberes Trinkwasser. Sie kamen mit Baggern und fuhren mit großen Lastwagen den Sand und Schlamm aus der Stadt und füllten überall die vorhandenen Löcher auf. Da ich ein bisschen englisch konnte, durfte ich zeitweise bei diversen Chauffeuren mitfahren und es hat trotz der misslichen Situation viel Spaß gemacht, da ja die Berneck-Schule auch unter Wasser stand und wir schulfrei hatten

Im Kirnbach wurden damals auch Strafgefangene aus Rottweil zu Aufräumarbeiten eingesetzt Da gab es dann auch Kontakte, da meine Großmutter ab und zu einen Kaffee spendierte. Besonders schlimm war die Tatsache, dass in den Steinhaufen im Garten viele Ratten zu sehen waren. Zu diesem Zeitpunkt waren wir steinreich und hatten eine Rattenplage.

Mein Großvater (Paul Oehler) hat in dieser Zeit viele Fotos gemacht. Er konnte sogar aus Helikoptern der Amerikaner fotografieren. Ich könnte mir vorstellen, dass er diese Fotos der Stadt und diversen Zeitungen zur Verfügung gestellt hat und diese noch vorhanden sein müssten. An zwei Fotos vom Kirnbach, erinnere ich mich besonders gut. Das untere Stockwerk des Schwabenbauernhofs wurde von dem kleinem Rinnsal, das gegenüber vom Schlangenbühl herunterkam und sich zum reißenden Bach entwickelt hatte, total ausgehöhlt. Einer meiner Schulkameraden verlor dabei Hab und Gut. Ein weiteres Foto zeigt die Kurve vor der Hofeinfahrt des Schwabenbauern, in der ein holländisches Fahrzeug mit Wohnwagen, komplett verschüttet wurde. Man sah nur noch das Dach des Wohnwagens."