Die Umweltzone kommt, bei der Talstadtumfahrung ist das alles andere als sicher. Foto: Rath

Interview: Markus Herrmann über den Tunnel in Schwäbisch Gmünd. Bei Umweltzone und Umgehung parallelen zu Schramberg.

Schramberg - Was entlastet die Innenstadt spürbar – eine schärfere Umweltzone oder eine Umgehungsstraße? Am besten hilft beides. Schwäbisch Gmünd ist schon da, wo Schramberg gerne wäre. Die Luft ist sauberer und der Durchgangsverkehr raus aus der Stadt. Wir sprachen mit dem dortigen Pressesprecher Markus Herrmann.

Seit 2008 hat Schwäbisch Gmünd eine Umweltzone. Lebt sich’s seither gesünder in der Stadt?  

Bis Januar 2013 hatten wir eine Umweltzone, in der auch noch Fahrzeuge mit gelber Plakette zulässig waren. Erst seither haben wir praktisch eine komplette Umweltzone. Laut einer ersten Zwischenbilanz sind die Schadstoffwerte relativ deutlich zurückgegangen. Die Lage hat sich auf jeden Fall verbessert. 

Lässt sich das belegen?

Die Messreihen des Landes laufen noch. Aber der Trend ist in unseren Augen klar erkennbar. 2013 gab es noch zwei Tage, an denen die Grenzwerte für Feinstaubbelastung überschritten wurden. Im Jahresdurchschnitt sollte jetzt alles im grünen Bereich sein. Soviel kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit schon sagen. 

Umweltzone werden vor allem wegen der Feinstaubbelastung eingerichtet. Gingen die Stickoxid-Werte auch zurück?

Durchaus, beide Parameter gehen ja Hand in Hand. 

Gab es Ärger bei der Einführung der verschärften Umweltzone?

Ja, wie in allen anderen Städten auch, die diesen Schritt gegangen sind. Es gab viele kritische Anmerkungen. Der Einzelhandel befürchtete einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Städten ohne Umweltzone. Es wurde diskutiert, ob die Umweltzone überhaupt was bringt, außer mehr Bürokratie. Und Handwerker hatten Sorge, dass sie mit ihren älteren Fahrzeugen nicht mehr in die Stadt fahren können. 

Wie sieht es heute aus mit der Stimmung?

Im Moment ist die Umweltzone kein Thema für kritische Diskussionen mehr, im Gegenteil. Das hat sich alles sehr positiv entwickelt und ist wirklich spannend. Der Einzelhandel hat wohl speziell unter der Umweltzone kaum gelitten, und mit einzelnen Ausnahmegenehmigungen kam das Landratsamt Handwerkern entgegen, bis diese Firmen sich neue Fahrzeuge beschaffen konnten. 

Schwäbisch Gmünd hat ja beides: Eine Umgehung mit Tunnel und eine Umweltzone. Was hat mehr gebracht für das innerstädtische Klima?

Ohne das wissenschaftlich belegen zu können: Der Tunnel war schon der große Schlüssel für den Erfolg. Ein fließender Verkehr ganz ohne Staupunkte hat sicher einen ganz großen Effekt, auch stadtplanerisch. Wir konnten die innerstädtische Verkehrslenkung überdenken und teils völlig neu regeln, um ihn effektiver zu gestalten. Nebenbei ist ein völlig neues Stadtviertel entstanden. Das hat der Stadt schon einen gewaltigen Schub gegeben.

 Wie hat sich der Verkehr seither entwickelt?

Sehr vorteilhaft. Auf der B 29 waren in der Stadt täglich rund 50 000 Fahrzeuge unterwegs, davon war ein großer Anteil Schwerlastverkehr zur A 7. Der wird komplett vom Tunnel aufgefangen. Jetzt dürften es noch um die 20 000 Fahrzeuge in der Innenstadt täglich sein. 

Die Gmünder Tunnel-Umgehung hat 270 Millionen gekostet. Wie hat die Stadt das denn beim Bund hingekriegt?

Das war schon ein kleines Kunststück. 

Wer überwacht in Ihrer Stadt, ob die Umweltzone eingehalten wird?

Teils der städtische Vollzugsdienst, teils die Polizei. Die Polizei aber weniger in speziellen Plakettenüberprüfungen, sondern dann eher im Rahmen allgemeiner Verkehrskontrollen. Den ruhenden Verkehr überwacht die Ortspolizei. 

Gibt heute noch viele Verstöße?

Die Zahl ist minimal. Es gibt ja kaum noch Fahrzeuge mit roten Plaketten. Das Problem löst sich mit der Zeit von selbst. 

Was kann eine Kommune sonst noch tun, um ihre Innenstadt zu entlasten?

Man muss etwas Geld in die Hand nehmen, aber das ist dann gut investiert. Schwäbisch Gmünd geht jetzt vehement daran, das Radwegenetz auszubauen. Der Trend zu Elektrofahrrädern und Elektromobilität spielt uns dabei in die Karten. Bei uns geht es ja auch wie in Schramberg viel rauf und runter. Dank Pedelecs können auch ältere Menschen Steigungen gut bewältigen. Mit Nachbarkommunen haben wir ein E-Car-Sharing-Modell entwickelt. Wenn benachbarte Städte zusammenarbeiten, funktioniert so was richtig gut. Dann kann man was bewegen. Wenn Städte solche Angebote schaffen und etwas Marketing dafür machen, wird es unserer Erfahrung nach auch angenommen von den Bürgern. Das hat dann nicht nur etwas mit Messdaten zu tun, sondern auch mit der gefühlten Lebensqualität. Diese positive Wirkung darf man nicht unterschätzen. Elektrofahrzeuge und -fahrräder in der Stadt erzeugen ein entschleunigtes Lebensgefühl. Es lebt sich nach meiner Wahrnehmung deutlich entspannter.