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Stadtmusik landet mit der Darbietung von Narrenmärschen aus der Region einen

Stadtmusik landet mit der Darbietung von Narrenmärschen aus der Region einen echten Volltreffer

Schramberg. Zum Auftakt ihres 190-jährigen Bestehens präsentierte das Orchester unter der Leitung von Musikdirektor Meinrad Löffler 14 Narrenmärsche aus den umliegenden Ortschaften. Stadtarchivar Carsten Kohlmann und Stadtmusiker Mathias "Wudge" Krause führten mit viel Witz und Charme durch das Programm. Kohlmann bot mit Erläuterungen zur Herkunft und Entwicklung der Narrenmärsche einen Überblick über die Fasnetstraditionen, während Krause mit seinen Musiker-Witzen für Lacher beim Publikum sorgte.

Nachdem die Stadtmusik mit dem "Alter Jäger-Marsch" und gefolgt von einigen "Alten Weibern" und Dominos in den Bärensaal eingezogen war, begrüßte Schirmherr Herbert O. Zinell die Gäste. Kohlmann erklärte, dass der "Alte Jäger", einer der bekanntesten Märsche aus der deutschen Militärmusik-Geschichte, bis in das Jahr 1052 beim Hanselsprung gespielt wurde.

Ein verschollenes Stück

Gemeinsam mit dem Publikum reisten Kohlmann und Krause in der Zeit zurück, als die Fasnet in Schramberg noch eine "ländliche Fleckfasnet war, die sich im 19. Jahrhundert zur städtischen Fasnet entwickelte und von Volkskundler Hermann Bausinger zu einem "Gesamtkunstwerk" geadelt wurde. Eine besonders wichtige Person für die Schramberger Fasnet war der Fasnetsdichter und -musiker Friedrich Würz, auch bekannt als "Fritz Krummbein." Bis heute ist er als Gründer des "Schramberger Narrenglöckles", dem Vorgänger der "D’Hoorig Katz", bekannt. Eine ebenso bedeutende Rolle spielte Militärmusiker Friedrich Schinle, der auch die "Blechmusik" an der Fasnet leitete. Sie war die "Mutter" der Stadtmusik.

Die Entdeckung eines seit mehr als einem Jahrhundert vergessenen Narrenmarsches von Schinle im Fundus der Stadtmusik sorgte für eine Sensation in der Fasnets- und Stadtgeschichte. Der verschollene Narrenmarsch besitzt einen "beschwingten" Charakter, ein Element seines Trios stammt vom Rottweiler Narrenmarsch ab. Die Gäste hatten die einmalige Gelegenheit, diesen besonderen Narrenmarsch zu hören. Besonders imponierend waren dabei die Nebenmelodien im Tenorhorn.

Kohlmann erklärte, dass 1949 beim Hanselsprung mehrere "Narrenmärsche" gespielt worden seien. Die Urform des heutigen Narrenmarsches, komponiert von Walter Pfeifle, sei erst am 23. Februar 1952 zum ersten Mal auf dem Zunftball erklungen.

In der Erstfassung war noch das Studentenlied "Wer sollte sich mit Grillen plagen" enthalten. Durch das "Grillenlied" und dessen Instrumentalisierung mit "Bordun-Bass" erhielt der Marsch einen monumentalen Charakter. Die Meinungen im Elferrat über diese Komposition gingen jedoch soweit auseinander, dass es noch zwei Jahre dauerte, bis der Narrenmarsch seine im Kern noch heute übliche Gestallt annahm. Zur Demonstration gaben die Stadtmusiker beide Versionen zum Besten, einmal die ursprüngliche Version mit dem "Grillenlied" sowie die spätere Version mit dem "Da-Bach-na-Fahrer-Lied."

Die verhassten Nazis

Die Wurzeln des Sulgener Narrenmarsch liegen in den 1950er-Jahren, als der Kirchenmusiker Bruno Heim einen politischen und umstrittenen Narrenmarsch für seinen Heimatort verfasste. Der Text rief dazu auf, die "Krattenmacher, Lumpenpack" auf "de Deez zu hauen." Dies war eine Anspielung auf die von ihm verhassten Nazis, die schon bald nach Kriegsende wieder in ihre alte Positionen gelangten. Doch nicht nur politisch, auch musikalisch stellte dieser Narrenmarsch eine große Herausforderung dar, weshalb Heim ihn etwa 20 Jahre später überarbeitete.

In Waldmössingen, an Fasnet auch als "Sauwadelhausen" bekannt, wurden zu den Narrensprüngen in den Gründungsjahren der Narrenzunft ab 1935 der "Alte Jäger" und der Rottweiler Narrenmarsch gespielt. Mit der Gründung der Hanselgilde 1964 entstand ein eigener Narrenmarsch. Dieser wurde vom Ehepaar Arthur und Erna Daubenberger aus Bruchsal komponiert. Zu den Klängen ihres jeweiligen Narrenmarsches sprangen Sulgener und Waldmössinger Narren durch den Saal.

Die Nähe zu Schramberg ist im Sulgener Narrenmarsch deutlich heraus zu hören, eine Passage ist an den Schramberger Marsch angelehnt. Der Waldmössinger Narrenmarsch ist im Vergleich von langsamerem, gesetzterem Charakter. Besonders hervorzuheben ist die unübliche Wiederholung der Trioeinleitung. Bei einem Mini-Brezelsegen hüpften die Sulgener und Waldmössinger Narren durch den Saal und verteilten Brezeln und Süßigkeiten.

Auch in Tennenbronn herrscht zur fünften Jahreszeit Ausnahmezustand. In dem traditionsbewussten und musikalischen Ort gründete sich im Jahr 1972 die Narrengilde Pfriemestumpe, in späteren Jahren kamen Kappelgeister und Erzknappen dazu. Neben dem Narrenmarsch der Pfriemestumpe haben die Ichbe-Hexen ihren eigenen Narrenmarsch.

Besonders mit Hardt verbindet die Schramberger Musik wie auch die Narrenzunft als Patenzunft eine enge Freundschaft. Am "Rolletag" sowie an der Hauptfasnet besuchen sich die Zünfte und Musikvereine regelmäßig. Mit der Gründung der Katzenzunft auf dem Hardt im Jahr 1958 kam der Wunsch nach einem eigenen Narrenmarsch auf. Dessen Text stammt aus der Feder von Josef Stollbert und Max Broghammer, komponiert wurde er von Otto Haas, dem damaligen Dirigenten des Musikvereins Hardt. Da diese Erstfassung schwer zu spielen war, wurde sie Mitte der 1970er-Jahre vom Dirigenten Josef Storz mit Unterstützung von Walter Pfeifle überarbeitet. Im Mittelteil ist ein Teil des Schramberger Narrenmarsches zu hören.

Der Komponist des Lauterbacher Narrenmarsches, Helmut Bräuer, war nach dem Krieg so inspiriert von der amerikanischen Musik, dass sich diese auch in dem Anfang der 1950er-Jahre komponierten Marsch widerspiegelt. Auch zu diesen Narrenmärschen ließen die Stadtmusiker die Hardter und Lauterbacher Narren durch den Saal tanzen und hüpfen.

Meinrad Löffler begab sich mit seinen Musikern auf eine Reise durch das fastnachtliche Treiben in Donaueschingen, Oberndorf, Elzach, Rottweil und Villingen. Der Donaueschinger Narrenmarsch basiert auf der weit verbreiteten "volksmusikalischen Allerweltsmelodie" des "Hans blieb do." Hofkapellmeister Johann Wenzel Kalliwoda integrierte die Melodie 1840 in einen Narrenfestmarsch und im dem Laufe der Zeit verselbstständigtet sich das Lied zum Narrenmarsch.

Einer der ältesten Narrenmärsche der schwäbisch-alemannischen Fasnet stammt aus Oberndorf. Er wurde im Jahr 1927 von Karl Scharrer geschaffen. Im Marsch werden Fastnachtssprüche vertont. In Elzach sind die roten "Schuttig" zu Hause, die "immer laut knurren und nachts mit Fackeln unterwegs sind". Im Jahr 1911 entwickelte sich der "Schuttigmarsch", der an einen Marsch aus dem benachbarten Elsass angelehnt ist und auch im Tiroler Örtchen Telf als "Bärenmarsch" gespielt wird.

Rottweiler Tradition

Eine der wichtigsten Repräsentanten der schwäbisch-alemannischen Fasnet ist Rottweil. Dessen Narrenmarsch gilt als der älteste der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Er wurde 1882 von Heinrich von Besele komponiert. Doch der Marsch geriet schnell in Vergessenheit. Erst drei Jahrzehnte später wurde er neu entdeckt und im Jahr 1911 erstmals wieder gespielt. Besonders an das Trompeten- und Flügelhornregister stellt der Marsch hohe Ansprüche.

Als weiteren Gast durfte die Stadtmusik die Bürgervereinigung Rosswald im Saal begrüßen. Die Rosswälder Musiker mischten mit ihren Hexen den Saal gehörig auf.

Mit einem weiteren Höhepunkt endete der offizielle Teil. Der Villinger Spielmannszug zog gefolgt von einer Abordnung Villinger Narros ein. Gemeinsam schunkelten Narros, Stadtmusiker und Gäste zum Villinger Schunkellied.

Mit ihrem Konzert setzte die Stadtmusik regionale und überregionale Brauchtumspflege in konzertantem Rahmen gelungen um. Die Mini-Brezelsegen lockerten die Stimmung auf und die Inszenierung der Narrenmärsche bot einen Einblick in die Fastnetstraditionen der umliegenden Gemeinden. Die Stadtmusiker verabschiedeten sich mit einer spektakulären Zugabe von ihrem Publikum. Zu den Klängen "Der Puppenspieler von Mexiko", gesungen von Dominik Dieterle, schritten drei "übergroße Puppenspieler" auf Stelzen durch den Saal.