Wanderer halten gerne Einkehr bei der Kapelle. Die modernen Engel des Schramberger Künstlers Ralf Rota Maier stehen dem Marienbild zur Seite. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Anwohner kümmern sich liebevoll um das Kleindenkmal / Rosenkranzgebet am 2. November

Die kleine Kapelle an der Steige strahlt fröhlich und bunt in die Zukunft. Anwohner haben sich dem Kleindenkmal angenommen und es aus seinem Dornröschenschlaf erweckt.

Schramberg. In den Abendstunden sieht man an diesem kleinen Denkmal fast immer Kerzen brennen. Die Kapelle liegt direkt am Waldrand und in unmittelbarer Nähe des Schramberger Rundwegs, an einem Fußweg in Verlängerung des Vogtshofwegs.

Am Freitag, 2. November, 16 Uhr, wird Diakon Markus Schneider bei der Kapelle ein Rosenkranzgebet für die verstorbene Annelore King anbieten. Die Kapelle wurde über mehrere Jahrzehnte hinweg vom Ehepaar Annelore und Franz King gepflegt, später übernahm die Betreuung des Kleindenkmals für einige Jahre Hildegund Kuhner. Seit zwei Jahren bringt Monika Kuhner regelmäßig frische Blumen und Pflanzen zur kleinen Waldkapelle hinter ihrem Haus.

Der Schramberger Maler Ralf Rota Maier hat für die Kapelle zwei großformatige, moderne Engel gemalt. Sie stehen dem alten Marienbild jetzt zur Seite. Außerdem haben Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus den anliegenden Häusern zahlreiche kleine Leinwände mit ihren Gebetsanliegen bemalt. Im Stil einer Votivkapelle, wo Bitten und Dank in Form von Bildern aufgehängt werden, soll sich die Kapelle in Zukunft weiter mit kleinformatigen Bildern füllen. Jeder, der in den kommenden Wintermonaten Lust bekommt, ein Gebet in gemalter Form beizutragen ist eingeladen eine Leinwand im Format von circa 20 auf 20 Zentimetern mit seinem Anliegen oder seinem Dank zu bemalen. Die Bilder für die Kapelle können bei Monika Kuhner abgegeben werden.

"Die Kapelle ist so was wie eine Telefonzentrale für Gespräche mit dem Himmel", erklärt der zwölfjährige Karl Rocco. Er und Loren Kuhner haben mehrere kleine Bilder für die Kapelle gemalt. Auf einem Bild sieht man die geliebte Katze, ein anderes Kinderbild zeigt die Erde mit fröhlichen Kindern verschiedener Hautfarben, ein anderes einfach nur gute Freunde. Aber unter den Kleinformaten der Kapelle gibt es auch Bilder von gefürchteten Zahnoperationen und düsteren Gewitternächten.

Außerdem wurde die Kapelle von den Nachbarskindern teilweise frisch angestrichen, die Sitzbank vor der Tür ist leuchtend Pink, die Eingangstüren sind rosa, das Heiligenbild ist hellblau. In den kommenden Jahren soll die Erneuerung der Kapelle Stück für Stück weitergehen.

"Es ist irgendwie schön, die Tradition weiterzuführen", erklärt Monika Kuhner das Engagement der Jugendlichen. Abends sieht man die Kerzen brennen und in der Weihnachtszeit wird die Kapelle sogar von elektrischen Kerzchen weithin sichtbar erhellt. Dann leuchtet die Kapelle der "Mutter des guten Rates" über das Schramberger Tal.

Der 16-jährige David Kuhner hat im Rahmen eines Schulprojekts die Geschichte der Kapelle in den Archiven erforscht: "Das Heiligenbild der kleinen Kapelle ist der ›Mutter des guten Rates‹ gewidmet.

Das ursprüngliche Heiligenbild wurde zwar bereits vor Jahren gestohlen, später aber durch einen Druck ersetzt. Erbaut wurde die Kapelle für Theresia Faller, die als Wäscherin im Dienst der Landenbergers stand und nach vielen Arbeitsjahren von ihrem Dienstherren einen Wunsch erfüllt bekam", berichtet der junge Experte.

Während die "Mutter des guten Rates" den heutigen Zeitgenossen nicht mehr viel sagt, verbirgt sich im Namen der Kapelle doch erstaunliche Aktualität: Immer mehr Menschen suchen die Hilfe von Coaches und persönlichen Beratern oder besuchen Meditationskurse, weil sie wichtige Lebensentscheidungen treffen müssen oder guten Rat für die eigene Karriereentwicklung brauchen. Vielleicht hatte Theresia Faller damals ähnliche Anliegen, wenn sie nach einem kurzen Spaziergang an ihrem Lieblingsort verweilte und betete.