Nicolas Schweizer (links) und Marc Bunz Foto: Schweizer Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Vorstände von Schweizer Electronic äußern sich zur Entwicklung in Asien und Schramberg

Schramberg-Sulgen. Im November hatte die Schweizer Electronic AG darüber informiert, dass sie in der chinesischen Provinz Jiangsu eine Hochtechnologie-Produktionsstätte für Leiterplatten und Embedding-Lösungen errichten wird. Das Investitionsvolumen beträgt über die kommenden Jahre verteilt 180 Million US-Dollar und ermöglicht dem Unternehmen nach seinen Erwartungen ein Umsatzwachstum auf bis zu 500 Millionen US-Dollar. Wir haben den Vorständen Nicolas Schweizer und Marc Bunz Fragen dazu und zur Entwicklung des Standorts Schramberg-Sulgen in einem dynamischen Markt gestellt.

Was erwarten Sie für sich von der Großinvestition in China?

Bunz: China und Asien sind große Wachstumsmärkte für die Megatrends der Automobilindustrie, E-Mobilität und autonomes Fahren. Genau in diesen Schwerpunkten können wir mit unseren technologischen Lösungen punkten. Jedoch kann man nur dann in China beziehungsweise Asien Erfolg haben, wenn dort auch eine eigene Produktionsstätte betrieben wird. Daher ist diese Investition das Sprungbrett für den Markteintritt nach China und Asien. Ferner steht Schweizers innovativste Produktlinie "Embedding" (dem Einbetten von Leistungshalbleitern in Leiterplatten) kurz vor dem Durchbruch. Die erwartete Nachfrage für diese Technologie ist so groß, dass wir früh genug in ausreichende Kapazitäten investieren müssen. Dies soll neben dem Stammwerk in Schramberg auch in China erfolgen.

Wird der Standort Schramberg-Sulgen auf Dauer erhalten bleiben?

Bunz: Wir sind davon überzeugt, dass die Investition in China den Standort Schramberg noch sicherer macht als bisher. Die Innovationen, die durch unsere Ingenieure entwickelt wurden, können durch ein intelligentes Zusammenspiel von Schramberg und China zu einem größeren Erfolg führen. Schweizer wird für die internationale Kundschaft interessanter – davon wird auch der Standort Schramberg kräftig profitieren. Ferner sind wir davon überzeugt, dass der Markterfolg neuer Produktlinien besser gelingen kann, wenn wir dem Kunden größere Kapazitäten als bisher bieten können.

Strebt der chinesische Großaktionär nach der Aktienmehrheit?

Bunz: Der neue Großaktionär, selbst ein erfolgreiches, familiengeführtes Leiterplattenunternehmen, ist im Jahr 2017 bewusst nur eine Minderheitsbeteiligung eingegangen. Wir gehen nicht davon aus, dass sich an dieser Zielsetzung etwas geändert hat. Ungeachtet dessen ist die Beteiligung der Familie Wu bereits heute von großem Nutzen für unser Unternehmen, insbesondere in Bezug auf unsere Expansion in China.

Wie wird sich im Zuge der Investitionen in China die Mitarbeiterzahl in Schramberg entwickeln?

Schweizer: Den Standort Schramberg bauen wir gerade in einen Hochtechnologiestandort für das Chip-Embedding um und investieren hier umfangreich seit mehreren Jahren. Das bedeutet auch, dass wir weitere hoch qualifizierte Mitarbeiter hier auf dem Sulgen brauchen. Elektromobilität und Industrie 4.0 sind laufende Trends.

Wie ist Schweizer dafür aufgestellt?

Schweizer: Mit unseren innovativen Lösungen für hohe Ströme, hohe Temperaturen und Frequenzen in Verbindung mit Miniaturisierung sind wir hierfür bestens aufgestellt. Bereits heute erwirtschaften wir einen Großteil unseres Umsatzes mit den dafür nötigen Spezial-Leiterplatten und arbeiten mit Leitkunden an neuen Lösungen, speziell für die Elektromobilität. Aber auch wenn es um Industrie 4.0 geht und die dafür notwendige Sensorik, bieten wir ein umfangreiches Lösungsspektrum.

Sehen Sie noch andere wichtige Trends?

Schweizer: Ziel von Schweizer ist es, führender Leiterplatten- Anbieter für Power- (Hochstrom, Hohe Spannung, Hohe Temperaturen) und Sensor-Leiterplatten zu werden. Diese Kernkompetenzen sind genauso gefragt, wenn es neben den oben genannten Themen um autonomes Fahren, Robotics, regenerative Energien und 5G, den neuen Mobilfunkstandard, geht. Somit sind wir überzeugt, dass wir durch unser branchenübergreifendes Produktportfolio, unser Applikations- und Systemverständnis und unsere Partnerschaften zum Beispiel mit Infineon im Bereich Embedding sowie durch zukünftige zusätzliche Kapazitäten in China langfristig bestens für die kommenden Herausforderungen vorbereitet sind.

Wie gut sind Ihrer Einschätzung nach die Unternehmen der Raumschaft Schramberg für den Strukturwandel aufgestellt?

Schweizer: Die Unternehmen der Raumschaft sind sich grundsätzlich des Strukturwandels bewusst. Die voranschreitende Internationalisierung der Märkte, die Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden eine Änderung der Arbeitsweise und Geschäftsmodelle mit sich bringen. Nun heißt es, auf diese Trends auch richtig zu reagieren, also mitzugestalten und sich nicht gestalten lassen. Wer sich nicht bewegt, der wird bewegt.

Was könnten die Stadtverwaltung Schramberg und das Landratsamt Rottweil an den Rahmenbedingungen verbessern?

Schweizer : Hier steht die Bereitstellung der Infrastruktur insbesondere für die Digitalisierung (Glasfasernetz), aber auch die Schaffung von Investitionsanreizen für Unternehmen im Vordergrund. Darüber hinaus sollte das Bewusstsein, dass Schramberg ein Industriestandort ist, wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, denn genau der industrielle Mittelstand ist Teil des Rückgrats unserer Stadt.

Wie finden Sie das Vorhaben der Stadt Schramberg, sich für die Landesgartenschau zu bewerben?

Schweizer: Wir begrüßen die Bewerbung Schrambergs für eine Landesgartenschau, da wir hier nicht nur ideale Voraussetzungen für ihre Realisierung sehen, sondern eine erhebliche Aufwertung der Attraktivität und Lebensqualität Schrambergs für die Arbeitnehmer und alle Einwohner der Stadt. Eine Stadt mit bereits heute 10 000 Arbeitsplätzen muss auch für zukünftige Generationen und ihre Familien interessant und lebenswert sein, um den Nachwuchs anzuziehen und zu halten.  Die Fragen stellte Johannes Fritsche.