Platz in beiden Türmen / Weihe im nächsten Jahr / Ein nobler Stifter

Von Johannes Fritsche

Schramberg. Ein Mitglied der Kirchengemeinde stiftet vier neue Glocken für die evangelische Stadtkirche an der Oberndorfer Straße.

Durch die zweckgebundene Stiftung kann das bisherige dreistimmige Geläut erweitert werden. Da die vorhandenen Glocken aus dem Jahr 1952 im Hauptturm groß und tiefer sind, empfiehlt der Glockensachverständige der Landeskirche, vier kleinere, hell klingende anzuschaffen. "An hohen Festtagen werden dann sieben Glocken zum Gottesdienst rufen", freut sich Pfarrer Michael Jonas.

Das stiftende Gemeindemitglied will anonym bleiben. Es hat sich auch an anderen sozialen Projekten der Gemeinde beteiligt. Nur Pfarrer Jonas weiß, um wen es sich handelt. Doch in die Freude über die Stiftung mischte sich zunächst die Sorge: Ist der kleine Turm von 1873 überhaupt noch stabil genug für drei neue Glocken? Ist im großen Turm noch Platz für eine vierte Glocke?

Pfarrer und Kirchengemeinde können aufatmen: Am Montag dieser Woche haben ein Glockengießermeister, ein Zimmerermeister und der Architekt Roland Heß die Türme gründlich untersucht. Die Experten geben Grünes Licht: "Der kleine Glockenturm ist von so exzellenter handwerklichen Qualität, dass es keine statischen Probleme gibt und die Machbarkeit gegeben ist". Und im großen Turm ist noch ausreichend Platz für eine vierte Glocke.

Schon früher hatte die Stadtkirche im kleinen Turm drei Glocken: Sie wurden 1949 der neuen evangelischen Kirche in Lauterbach überlassen und sind dort noch erhalten. Es waren seltene Stahlglocken des Bochumer Vereins von 1873, heute dürften es die ältesten Glocken der Region Schramberg sein.

Die neuen Glocken werden aus Bronze gegossen, ihre Herstellung wird ausgeschrieben. Drei namhafte Glockengießerein werden zur Angebotsabgabe aufgerufen. "Die neuen Glocken konkurrieren aber finanziell nicht mit sozialen Projekten oder den laufenden Aktivitäten der Gemeinde, die finanziellen Mittel dafür kommen zum Haushalt dazu und fehlen nicht irgendwo anders", betont Pfarrer Jonas. Auch Kirchensteuermittel würden nicht dafür verwendet.

Gegossen werden die Glocken im Frühjahr 2016. Traditionellerweise werden Pfarrer Jonas, der Kirchengemeinderat und interessierte Gemeindemitglieder mit Bussen zur Glockengießerei fahren und beim Glockenguss dabei sein. Die "Reinholung" der Glocken wird dann mit einem festlichen Umzug durch die Stadt erfolgen. Sie werden an der Kirche aufgestellt und am 26. Juni 2016 geweiht.

Ein Woche später werden sie in den Glockenstühlen aufgehängt. Dazu wird beim kleinen Turm ein Stück des Kirchendachs abgedeckt, damit der Kran die Glocken durch die Öffnung zum Glockenstuhl ziehen kann. Beim großen Turm wird es einfacher: Die Längsfenster beim Glockenstuhl sind 100 Zentimeter breit, die Glocke nur 92 Zentimeter, sie passt also durch die Öffnung.

Dann kommt ein weiterer besonderer Termin, auf den alle besonders gespannt sind: Der Tag, an dem die Glocken das erste mal läuten. Schon in den fünfziger Jahren hat man aufeinander Rücksicht genommen und die Stimmung der Glocken der evangelischen und katholischen Kirchen in der Talstadt auf einander abgestimmt. Wie in einigen anderen Städten bereits guter Brauch, wäre so auch in Schramberg an Festtagen oder am Samstagabend um 18 Uhr (das Sonntagseinläuten) ein aufeinander folgendes Einsetzen der verschiedenen Kirchen zum Gesamtgeläut möglich. "Das wäre auch ein schönes Kulturgut", meint Pfarrer Jonas.

Welche Namen die Glocken bekommen sollen, wird noch diskutiert. Einer der Vorschläge ist, sie Petrus-, Paulus-, Luther und Jubiläumsglocke zu nennen. 2017 ist das Jahr des Reformationsjubiläums. "Das wäre ein bleibendes Zeichen christlicher Kultur und auch Dankbarkeit gegenüber dem Reformator", erklärt Pfarrer Jonas.

Im Winterhalbjahr wird Pfarrer Jonas einen Vortrag über die Geschichte der alten Glocken und ein Fachmann einen weiteren zum Glockenguss halten.