Von den 3200 bereits ausgegebenen Briefwahlunterlagen sind ein Drittel wieder zurück. Sie werden bis Sonntag bei der Stadt sicher gelagert. Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß (links) freut sich, dass die Wahl bei seinen Damen vom Ordnungsamt, hier Gisela Wegner, Irma Uhl und Auszubildende Tamara Aiello, in guten Händen ist. Foto: Wegner

Besonderheiten durch drei verschiedene Wohnbezirke. Vorläufiges Ergebnis am Montagmittag.

Schramberg - Erst am Dienstag, 28. Mai, wird endgültig und sicher feststehen, wer in den nächsten fünf Jahren dem Schramberger Gemeinderat angehören wird.

Ausgezählt werden die Stimmen zwar bereits tags zuvor und das Ergebnis vorläufig festgestellt, doch der Gemeindewahlausschuss, der als ungültig gewertete Stimmzettel und ungültige Stimmen nochmals überprüft, tagt erst am zweiten Tag nach der Wahl ab 10 Uhr. Und bis zu diesem Zeitpunkt können theoretisch wegen Mehr- und Überhangsitzen, die aufgrund der unechten Teilortswahl und der Konstellation der Listen erwartet werden, im ungünstigsten Fall bei sehr knappen Abständen zwischen einzelnen Bewerber-Ergebnissen, geringe Stimmenzuwächse zu größeren Änderungen führen. Bisher, so Gisela Wegner, zuständig für Wahlen bei der Stadt Schramberg, hätten die geringen Stimmenanpassungen, die der Gemeindewahlausschuss in früheren Jahren habe vornehmen müssen, allerdings zu keinen Veränderungen des vorläufigen Ergebnisses hinsichtlich der Sitzverteilung geführt.

16 728 Wähler ab 16 Jahren sind in Schramberg aufgerufen, das Kommunalparlament zu bestimmen, 122 Kandidaten auf sechs Listen werden diese Woche ihren Wahlkampf dazu abschließen. Dabei war es auch wichtig, rechtzeitig mit Informationen an die Wähler heranzutreten, denn immer mehr machen mittlerweile vom Briefwahlrecht Gebrauch. 3200 Wahlberechtigte haben bei der Stadt die Unterlagen angefordert, rund 1200 so eine überschlägige Zählung der Stadt, sind auch schon wieder zurück – wer diese Bürger jetzt erst mit seinen Standpunkten erreichen wollte, wäre zu spät dran.

Auch diejenigen, die noch ganz klassisch am Wahlsonntag zur Urne gehen, müssen nicht erst in einer möglicherweise dunklen Wahlkabine ihre Kreuze auf den Stimmzetteln anbringen, die Abreißblocks mit den Listen und ihren Kandidaten sind bereits vor zwei Wochen verschickt worden, so dass jeder seine Wahl bereits vorab zu Hause erledigen kann. Den erforderlichen Umschlag zur Stimmabgabe, den gibt es allerdings erst im jeweiligen Wahllokal, sagt Wegner.

Insgesamt 25 Stimmen kann jeder Wähler für die 25 Gemeinderatssitze in der Gesamtstadt Schramberg vergeben, diese dürfen nach Lust und Laune in der Zahl von eins bis drei auf Kandidaten in allen drei Wohnbezirken (Schramberg, Tennenbronn und Waldmössingen) verteilt werden. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Stimmen jeweils nicht auf mehr Kandidaten verteilt werden, als der jeweilige Wohnbezirk Sitze im Gemeinderat haben wird. So können für Schramberg maximal 19, für Tennenbronn vier und für Waldmössingen zwei Kandidaten mit Stimmen bedacht werden.

Während in Tennenbronn eine ungültige Wahl für den Wohnbezirk nur dann eintritt, wenn weitere Kandidaten auf einen Stimmzettel hinzugefügt werden, muss bei Waldmössingen darauf geachtet werden, nur zwei von drei Bewerbern explizit eine Stimme zu geben. Wer hingegen einen kompletten Stimmzettel abgibt, ohne irgendetwas zu kennzeichnen, muss diese Besonderheit nicht beachten: Dann erhalten die ersten beiden Kandidaten, die auf der Liste aufgeführt sind, jeweils eine Stimme. Und derjenige, der an dritter Stelle steht, geht leer aus.

Aufgrund mehrerer nicht vollständiger Listen in diesem Jahr könnte es auch zu Besonderheiten bei der Wahl kommen, die die Verantwortlichen beim Auszählen besonders beachten müssen: Legt ein Wähler beispielsweise zwei Stimmzettel, jeweils mit einem Kreuz und somit "positiv gekennzeichnet", in den Wahlumschlag sind zwar alle Stimmen für den Wohnbezirk Schramberg ungültig (weil in jedem Fall zu viele Bewerber gewählt wurden), bei Tennenbronn aber nur dann, wenn insgesamt mehr als vier und bei Waldmössingen mehr als zwei auf den beiden Listen aufgeführt sind. Ein Beispiel hierfür wäre die Kombination von Freier Liste und Aktiven Bürgern: Dort erhielten dann in Tennenbronn die drei aufgestellten Kandidaten der Freien Wähler je eine Stimme und derjenige der Aktiven Bürger sowie der eine Kandidat der Freien Wähler in Waldmössingen. Da in Schramberg in diesem Fall 28 Bewerber eine Stimme erhielten ist dieser Wohnbezirk ungültig – aber eben nur dieser, wie Wegner sagt.

Damit bei der Wahl möglichst alles glatt läuft und es keine Fehler gibt, wurden die Wahlvorstände in zwei Informationsabenden geschult, zudem werden alle Stimmzettel per Computer erfasst. Dabei erkennt und meldet das Programm auch Fehler, die bei der Erfassung gemacht werden können, sagt Wegner.

Zeiten, in denen morgens um drei Uhr ein Wahlvorstand anruft und nach intensivem Zählen fragt, ob’s denn stimmen müsse und Taschenrechner anfordert, dürften damit der Vergangenheit angehören. Allerdings gibt es auch bei modernster Technik zwar einen hohen, aber keinen absoluten Schutz, wissen die Verantwortlichen.

Weniger Bürokratie wagen

Weniger Bürokratie, mehr Bürgernähe und ein Absatteln des Amtsschimmels – dies sind alles Forderungen, die auch von Kommunalpolitikern verschiedenster Couleur gefordert werden. Ein Thema, das dazu passen würde, ist die so genannte unechte Teilortswahl, seit der Eingemeindung Tennenbronns in zwei Schramberger Stadtteilen praktiziert. Ursprünglich gedacht, um die Kandidaten der kleinen Ortsteile nicht durch den Rost fallen zu lassen, weil manche von ihnen möglicherweise in der Gesamtstadt einen lediglich geringen Bekanntheitsgrad haben, hat sich dieses Politikinstrument allerdings teilweise auch zu einem Bumerang für die Teilorte selbst entwickelt. Es ziehen nämlich von dort zwar die vereinbarte Zahl an Kandidaten – in Tennenbronn sind das vier – in das Gesamtgremium ein, aber eben auch nicht mehr. Und gerade hierin liegt zum Teil die Krux des Systems.

Bei der vergangenen Kommunalwahl war nämlich besonders in Tennenbronn zu beachten, dass die Kandidaten aus dem jüngsten Schramberger Stadtteil weniger Stimmen auf sich vereinen konnten, als die Wähler ihnen gerne zugedacht hätten. Es mussten nämlich zahlreiche Stimmzettel in Teilen – sprich speziell für den Wohnbezirk Tennenbronn – als ungültig erklärt werden, weil die Wähler nicht beachtet hatten, dass lediglich vier Kandidaten aus dem Ort mit Stimmen bedacht werden können. Wer nur Bewerbern aus "seinem" Ort eine Stimme quer durch die Listen geben wollte, hatte diese im Endeffekt nämlich gar nicht unterstützt.

Es ist zwar möglich, von den insgesamt 25 Stimmen, die in Schramberg bei der Gemeinderatswahl auf die Kandidaten verteilt werden können, insgesamt zwölf nach Tennenbronn oder sechs nach Waldmössingen zu vergeben, aber eben dann nur nach der Vorgabe jeweils maximal drei Stimmen für vier Tennenbronner und/oder zwei Waldmössinger Bewerber. Damit werden dann auch schon zwölf, respektive 18 Stimmen erreicht – wer die restlichen 13 oder sieben nicht auf Kandidaten aus dem Wohnbezirk Schramberg verteilen will, der ist nicht gezwungen, diese überhaupt zu vergeben. Dann bleiben sie ungenutzt.

Ganz anders sähe die Rechnung allerdings ohne die unechte Teilortswahl aus. Dann nämlich würden zur Kommunalwahl am kommenden Sonntag 14 Tennenbronner Bewerber und zwölf aus Waldmössingen bis auf einen fast jeder eine Stimme erhalten können oder elf Waldmössinger zwei und einer sogar drei oder elf Tennenbronner zwei und drei jeweils eine – und, und, und.

Jeder Bürger hätte dann nicht nur die Chance nach Liste, sondern auch ohne besondere Regeln quer durch die Wohnbezirke, die seiner Ansicht nach fähigsten Bewerber in das Ratsgremium der Gesamtstadt zu entsenden, ohne zusätzlich Gefahr zu laufen, wegen einer Stimmüberschreitung gerade diejenigen, die er wählen wollte, keine gültige Stimme geben zu können.

Eventuelle ungültige oder nicht abgegebene Stimmen sollten für den am kommenden Sonntag neu gewählten Gemeinderat eine Diskussionsgrundlage bilden, um zu überlegen, ob die Hauptsatzung der Stadt hinsichtlich der unechten Teilortswahl nicht geändert werden sollte. Eine wie andernorts praktizierte gleichzeitige Abschaffung der Ortschaftsräte steht dabei außer Frage: Sie stehen nämlich für besondere Bürgernähe.

Unechte Teilortswahl

Bei der Wahl des Schramberger Gemeinderats gilt die sogenannte "unechte Teilortswahl". Diesen Wahlmodus regelt Paragraf 27 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, in dem bestimmt wird, dass bei Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen geregelt werden kann, "die Sitze im Gemeinderat nach einem bestimmten Zahlenverhältnis mit Vertretern der verschiedenen Wohnbezirke zu besetzen". Es dürfen dann aber nicht nur die Wähler in einem Wohnbezirk über ihre Kandidaten abstimmen, sondern alle Wähler der Gemeinde stimmen über die Kandidaten aller Wohnbezirke mit ab.