Foto: Fritsche

Wegen Eigenbedarfs gekündigt. Elfi Bonert sucht seit einem halben Jahr vergebens nach Wohnung.

Schramberg - Elfi Bonert schläft seit einiger Zeit nicht mehr gut: Sie muss aus ihrer Wohnung raus und hat Angst davor, irgendwann mit ihren Sachen auf der Straße zu stehen. Sie sucht eine bezahl- und bewohnbare Wohnung in Schramberg und findet keine.

"Das beherrscht das ganze Denken", klagt die Talstädterin. Der neue Besitzer des Hauses in der Tiersteinstraße, wo sie seit acht Jahren wohnt, hat ihr wegen Eigenbedarfs gekündigt. Seit einem halben Jahr sucht sie intensiv nach einem neuen Zuhause. Doch ohne Erfolg. Entweder waren die wenigen auf dem Markt angebotenen Wohnungen zu teuer und zu groß oder es klappte aus anderen Gründen nicht.

Einmal hatte sie praktisch schon eine Zusage für eine Wohnung in Aichhalden. Da machte sie den Fehler, der älteren Vermieterin zu sagen, dass sie einen vorhandenen Schrank mit anderer Farbe streichen wolle. Da sagte die im Haus wohnende Besitzerin ab, sie habe Angst vor den Farbdämpfen gehabt.

Mitte April startete Elfi Bonert ein Hilfeschrei und veröffentlichte eine Anzeige in unserer Zeitung: "Als Schrambergerin unterstütze ich seit Jahrzehnten die Schützengesellschaft, Reit- und Fahrverein, Schwarzwaldverein, BUND, Naturfreunde, Rotes Kreuz und die SPD! Ich bitte auf diesem Weg die Mitglieder dieser Vereine ganz herzlich, mir bei der Suche nach einer circa 50 Quadratmeter-Wohnung in und bis 15 Kilometer um Schramberg zu helfen."

Und als sie bei der Hauptversammlung des SPD-Ortsvereins für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt wurde, bat sie die Mitglieder sogar persönlich um Mithilfe. Aber auch das brachte sie nicht weiter. "Das ist der heutige Trend, dass die Leute sich zunehmend nur noch um ihre eigene Probleme kümmern", sagt sie enttäuscht.

Elfi Bonert stammt aus Kenzingen am Kaiserstuhl. Im Alter von acht Jahren war sie mit ihren Eltern nach Schramberg gekommen. Nach der Schulzeit hatte sie zunächst im Geschäft ihrer Eltern, später dann als Tierarzthelferin gearbeitet. Mit 48 absolvierte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester und versorgte dann von der Sozialstation aus Kranke zu Hause.

Elfi Bonert hat das "Pech", dass ihre Rente über der Bemessungsgrenze für Wohngeld liegt, aber nicht hoch genug für die in Schramberg auf dem freien Wohnungsmarkt angebotenen Wohnungen ist. 450 Euro warm ist deshalb für sie die Obergrenze.

Konflikte sollen vermieden werden

Jetzt steht sie auf dem Schramberger Wohnungsmarkt im Wettbewerb mit zuziehenden Fachkräften für die regionale Wirtschaft und den Flüchtlingen, die nicht in den Sammelunterkünften bleiben, sondern in normalen Wohnungen untergebracht werden sollen, um durch unterschiedliche Religion oder Nationalität bedingte Konflikte zu vermeiden. Deshalb bringe die Stadt Schramberg Flüchtlinge auch nicht gerne im Meierhof (zwischen Schramberg und Lauterbach) unter, wurde Elfi Bonert bei der Schramberger Wohnungsbau GmbH (SWB) gesagt, als sie dort nach einer Wohnung nachfragte. Findet sie aber keine Wohnung und der Vermieter schafft es durch eine Räumungsklage, sie auf die Straße zu setzen, drohe ihr der Meierhof. Dort bringe die Stadt die Obdachlosen unter, habe man ihr bei der SWB erzählt. Das habe sie geschockt.

Abteilungsleiterin Cornelia Penning von der Stadtverwaltung bestätigt auf Anfrage, dass bei einer erfolgreichen Räumungsklage die Unterbringung im Meierhof tatsächlich die letzte Möglichkeit sei. Falls er belegt wäre, gebe es noch die Möglichkeit, dass die Stadt Schramberg den Bewohner bis zu zwölf Monaten in seine alte Wohnung einweisen könne.

Eine passende Wohnung konnten Elfi Bonert weder die SWB noch ortsansässige Makler anbieten. Auf die Warteliste für die nächste freie Wohnung der SWB kommt sie aber nur dann, "wenn ich die Hosen runterlasse": Sie muss einen Fragebogen ausfüllen, mit dem sie der SWB nicht nur ihr monatliches Einkommen mitteilt, sondern auch eine Vollmacht erteilt, weitgehende Auskunft über die eigene wirtschaftliche Lage bei ihrer Bank einzuholen. "Die Fragen auf dem Bewerbungsbogen sind Standard, wir geben den Bewohnern mit der Wohnung ja auch Vermögen in die Hand", sagt SWB-Geschäftsführerin Monika Mayer. Die Überschüsse stecke man in die Sanierung, mehr als drei Wohnungen im Jahr seien aber nicht drin.

"Schramberg ist ein Vermieter-Markt"

Der Mieterverein kennt die Sorgen und Nöte von Bürgern wie Elfi Bonert, könne aber nicht helfen: "Schramberg ist ein Vermieter-Markt", erklärt Stefan Haller, Rechtsberater des Vereins. Es gebe ein Defizit im unteren Preisbereich mit vernünftiger Ausstattung, gleichzeitig eine große Nachfrage danach.

"Der soziale Mietwohnungsbau sollte mehr gefördert werden, aber der Anstoß dazu kann nicht von den Kommunen, sondern muss vom Land oder Bund kommen", erklärt Oberbürgermeister Thomas Herzog zur Wohnungsmisere. Die Stadt könne aber bei Bebauungsplänen mehr Flächen für mehrgeschossigen Wohnungsbau vorsehen.