Während der Pandemie fliegen weniger Menschen in den Urlaub. Davon ist auch die Reisebranche betroffen. (Symbolfoto) Foto: Ralf Geithe – stock.adobe.com

Zwei Betreiberinnen von Reisebüros schildern Situation. Mehr Corona-Tests könnten sicheren Urlaub ermöglichen.  

Schramberg/Löffingen - Die Sommerferien in Baden-Württemberg sind bereits zur Hälfte vorbei. Einige Menschen kehren schon aus dem Urlaub zurück, andere wollen noch verreisen. Gleichzeitig steigt vielerorts die Zahl der Neuinfektionen. Die Konsequenz: Immer mehr Länder werden als Risikogebiete eingestuft. Für die Reisebranche ist das jedes Mal ein Schlag ins Gesicht. Denn sie kämpft nicht nur ums Überleben, sondern auch um ihren Ruf.

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"Jede neue Reisewarnung nimmt uns Perspektiven", berichtet Manuela Wagner, Geschäftsführerin des Reisebüros "Canada Dream Tours" in Schramberg. "Wir schicken keine Kunden in Länder, die nicht sicher sind." Dabei ist die 36-Jährige überzeugt: Die steigenden Fallzahlen kämen nicht nur von den Reiserückkehrern aus dem Ausland. "Schließlich sind bei uns die Ferien erst losgegangen", sagt Wagner.

Laut der Geschäftsführerin muss auch unterschieden werden zwischen Reisende, die in Hotels unterkommen, in denen ein Hygienekonzept umgesetzt wird, und Menschen, die ihre Familie oder Freunde im Ausland besuchen und dort unterkommen. "Und was ist mit den Urlaubern in Deutschland? Die Campingplätze sind voll, während es auf Mallorca so ruhig ist wie schon lange nicht mehr."

Corona-Test 48 Stunden vor Abreise

Das Reisen an sich sei durchaus sicher, meint auch Bo Diehr, Betreiberin des Reisebüros "Bo Travel" in Löffingen. "Während dem Flug sinkt das Risiko dank der Maßnahmen der Airlines gegen Null. Vor Ort bieten wir unseren Kunden Mietwagen an, und viele Hotels sind aufgrund der Hygienekonzepte nicht voll belegt. Währenddessen tummeln sich die Menschen aber dicht gedrängt an den deutschen Badeseen, und nicht jeder Tisch an einem Imbiss wird desinfiziert. Welches Urlaubsziel ist also für eine Familie aus Baden-Württemberg sicherer?"

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Es bräuchte Lösungen, damit eine Reisebewegung stattfinden kann, ohne die Gefahr der Pandemie zu unterschätzen, so Diehr. In dieser Hinsicht könne sich Deutschland Maßnahmen aus anderen Ländern abgucken. Ein Beispiel sei Griechenland, wo Bars, Lokale und Discos bereits um Mitternacht schließen müssen. Die 48-Jährige nennt die Sperrstunde eine "verantwortungsvolle Entscheidung".

Auch die Türkei habe in diesem Sinne eine Vorbildsfunktion, betont die Betreiberin. Denn dort muss jeder Gast ab zwei Jahre 48 Stunden vor der Abreise einen Corona-Test durchführen. Die Kosten von 15 Euro pro Test müssen die Urlauber zahlen. Diehr finde das in Ordnung. "Die Allgemeinheit, die zu Hause bleibt, sollte nicht für die Tests der Urlauber zahlen müssen."

Deutschland hat zwar auch die Testpflicht für Reiserückkehrer eingeführt, aber viel zu spät, findet Wagner. "Die Entscheidung wurde getroffen, als nur noch zwei Bundesländer in den Ferien waren. Das war nicht zu Ende gedacht." Bis es einen Impfstoff gibt, könnten laut der 36-Jährigen vor allem die Corona-Tests ein sicheres Reisen ermöglichen. Urlauber müssten diesen 48 Stunden jeweils vor Ab- und Anreise durchführen lassen. "Das schützt uns und die Reiseländer."

Reisen als Grundbedürfnis

Wagner kritisiert auch, dass Gespräche zwischen der Regierung und der Tourismusbranche zu selten stattfinden würden. Dabei sei diese auch systemrelevant. Bo Diehr stimmt dem zu: "Reisen ist kein Luxusgut mehr, sondern ein Grundbedürfnis. Deutschland hat nicht die Kapazitäten, damit alle Bürger hier Urlaub machen können. Wir sind auf die Reiseländer angewiesen. Deshalb müssen wir Wege finden, um verantwortungsvoll reisen zu können."

Dieses Jahr sei die Saison allerdings bereits schon vorbei. "Wir sind seit März sieben Tag die Woche im Einsatz, können aber die komplette Saison in die Tonne schmeißen", beschreibt Wagner die Situation der Branche. Sie und ihre Kollegen müssen sich derzeit mit vielen anderen Problemen herumschlagen. "Für unsere Kunden sind wir nicht nur Berater, sondern auch Reiserechtler und Seelentröster. Bei jedem neuen Gesetz und jeder Verordnung müssen wir uns erst einmal einlesen. Das machen wir zusätzlich in unserem Feierabend und unentgeltlich. Es ist eine enorme mentale Belastung."

Auch nächstes Jahr werde die Branche noch hart treffen, befürchtet Wagner. "Der Scherbenhaufen wird uns noch monatelang beschäftigen."

Mindestens fünf Jahre würde es dauern, bis die Branche das Level von 2019 erreicht, sagt Diehr. "Wir sind dankbar um die kurzfristigen Hilfen, aber wir benötigen längerfristige Perspektiven. Drei-Monate-Konzepte nützen uns nichts."