Ob das Kreuz an der Falkensteiner Kapelle in Schramberg ein Missions- oder Friedhofskreuz ist, dazu gibt es bislang keine eindeutigen Quellen. Foto: Harald Bargenda

Erinnerung an alten Friedhof, an Stiftung oder Volksmission? Wertvolles Zeugnis christlicher Kunst.

Schramberg - Die Falkensteiner Kapelle ist als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung vor allem wegen ihrer Beweinung Christi an der Wende von der Spätgotik zur Frührenaissance bekannt. Interessant ist auch ein altes Kreuz an der Außenseite, dessen Geschichte jedoch ein Rätsel darstellt.

Das kaum beachtete Kreuz befindet sich an der Außenwand der Falkensteiner Kapelle, von wo aus ein kleiner Fußweg zur Rausteinstraße führt. Der Corpus ist feingliederig und lang gestreckt, die menschliche Gestalt realistisch dargestellt, die Gesichtszüge erscheinen einfach, aber doch eindrücklich. Kopf und Corpus scheinen indes nicht von Anfang an zusammengehört zu haben, sondern erst später zusammengefügt worden zu sein.

An der Nordwestseite ist das Kreuz jedoch seit Jahr und Tag der Verwitterung besonders ausgesetzt. An vielen Stellen ist deshalb die farbige Bemalung mittlerweile verloren gegangen. Eine Restaurierung des Kreuzes wäre – wie auch des ganzen Kulturdenkmals – wünschenswert. Bei der Erfassung der Kleindenkmale im Landkreis Rottweil wurde es wie andere religiöse und profane Bauwerke dieser Art mit einer Beschreibung und Fotos dokumentiert. Wie alt das Kreuz ist, von wem es geschaffen wurde und wer es gestiftet hat, konnte bisher nicht festgestellt werden.

Bedeutung ist unklar

Stadtarchivar Wilhelm Haas (1880-1956), der mit der Kapelle von Kindesbeinen an vertraut war, sah in ihm das Kreuz des alten Falkensteiner Friedhofs, von dem bis in die 1880er-Jahre noch einige alte Grabsteine die Zeit überdauert hatten, die bald darauf aber ohne Dokumentation für die Nachwelt abgeräumt wurden. Die Grabsteine erinnerten daran, dass die Kapelle in ihrem Ursprung die Pfarrkirche Sankt Erasmus der Herrschaft Falkenstein-Ramstein war, die spätestens seit dem 13. Jahrhundert auch das zu einer Pfarrkirche gehörende Beerdigungsrecht hatte.

Nach dem Zerfall der Herrschaft Falkenstein-Ramstein und der Neubildung der Herrschaft Schramberg im 16. Jahrhundert verlor die Kirche im Falkenstein ihren Pfarreistatus und wurde als Kapelle der Pfarrkirche Sankt Michael in Lauterbach angehängt. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wurde die Ruine 1713 als Grablege von Katharina Kunigunde von Bissingen (um 1625 bis 1689) wieder mit einem Dach bedeckt, schließlich Ende der 1750er-/Anfang der 1760er-Jahre in verkleinerter Form wieder aufgebaut und am 2. August 1762 neu eingeweiht.

Der noch lange weiter benutzte Friedhof muss nach einer Quelle aus dem Jahr 1755 recht groß gewesen sein und stellt einen historischen Bezugspunkt für einen Friedwald dar, den die Adelsfamilie Graf von Bissingen und Nippenburg gerne in diesem Gebiet einrichten würde.

Ob das Kreuz, insbesondere der Corpus, in das 18. Jahrhundert zurückreicht, müsste eine eingehende Untersuchung bei einer Restaurierung zeigen können. Das Kreuz selbst – in seiner Art sehr einfach – ist offensichtlich aus jüngerer Zeit. Sollte es nicht das frühere Friedhofskreuz sein, könnte es sich vielleicht auch um ein altes Missionskreuz handeln.

Volksmissionen üblich

Volksmissionen waren in der römisch-katholischen Kirche seit der Einführung durch den heiligen Vinzenz von Paul im 17. Jahrhundert bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als außerordentliches Mittel der Seelsorge gebräuchlich. Die zunächst zehn- bis 14-tägigen und später achttägigen Volksmissionen mit speziellen Predigten für die einzelnen Geschlechter und Lebensalter wurden vor allem von Franziskaner-, Jesuiten- oder Kapuzinerpatres durchgeführt. In der Chronik der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Maria in Schramberg ist zum Beispiel aus dem Jahr 1888 eine Volksmission mit fünf Kapuzinerpatern aus Bregenz überliefert. Zur Erinnerung an eine Volksmission wurde meistens ein spezielles Kreuz aufgestellt. Mancherorts – etwa an der alten Pfarrkirche Sankt Laurentius in Sulgen – kann man solche Missionskreuze noch bis heute sehen.

Zeugnis christlicher Kunst

In Schramberg wurde das Missionskreuz 1888 auf dem alten Friedhof hinter der Pfarrkirche Sankt Maria am Fuß des Schlossbergs errichtet. Die Frage Friedhofs- oder Missionskreuz muss bis zur Entdeckung eindeutiger Quellen noch offen bleiben. Unabhängig von seinem historischen Hintergrund gehört das Kreuz bei der Falkensteiner Kapelle jedoch zu den wertvollen Zeugnissen christlicher Kunst im Raum Schramberg, dessen Erhaltung ein öffentliches Anliegen darstellt, sodass mit der Restaurierung nicht mehr lange gewartet werden darf.