Motorradfahren in der Waldmössinger Ortsmitte kann ungeahnte Folgen haben.Foto: Frey/Stadtarchiv Schramberg Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Fasnet in Waldmössingen: Für ein Ei oder zehn Pfennig – Die ältesten Narrenbücher aus dem Ort

Eine der ältesten Fastnachten in der Großen Kreisstadt Schramberg ist im Stadtteil Waldmössingen zu Hause, wo das dörfliche Maskenbrauchtum und Narrenlaufen eine lange Tradition hat, die von der Narrenzunft Waldmössingen 1935 mit großer Leidenschaft fortgeführt wird.

Schramberg-Waldmössingen. Erstere Chronist der örtlichen Fasnetsgeschichte war Ernst Frey (1898 bis 1972), dessen Familie seit 1815 in Waldmössingen lebte. Bereits im Jahr 2012 hat sein gleichnamiger Sohn Ernst Frey in Weingarten einen großen Teil des Nachlasses seines Vaters dem Stadtarchiv Schramberg anvertraut, wie Archivleiter Carsten Kohlmann schreibt. Der langjährige Geschäftsreisende des Klosters Heiligenbronn war in seiner Freizeit ein herausragender Heimatforscher, der mit seinen Aufzeichnungen und seiner Ortschronik zur Geschichte von Waldmössingen ein kostbares Erbe hinterlassen hat.

Zu Beginn dieses Jahres hat Ernst Frey dem Schramberger Stadtarchiv als Ergänzung drei Narrenbücher seines Vaters aus den 1920er- und 1930er-Jahren geschenkt, aus denen Ernst Frey einst "Um ein Ei oder einen Zehner" vorgetragen hat.

Zur diesjährigen Fasnet hat der Historiker und Kulturwissenschaftler Carsten Kohlmann als Mitglied des Fördervereins zur Heimatpflege Waldmössingen die Erinnerungen von Ernst Frey an die Fasnet in Waldmössingen in seiner Kindheit transkribiert, die heute zusammen mit Beispielen aus seinen kunstvollen Narrenbüchern erstmals veröffentlicht werden.

"In dem Wirtschaftsgebäude der Wirtschaft zum Eble war eine Mosterei mit Handbetrieb aufgebaut […] Eine Kostbarkeit barg dieser Mostereiraum noch in sich, Fasnetkleider und Larven (aus Holz geschnitzt) u[nd] Geschell dabei. Diese übten eine große Anziehungskraft aus und wir konnten die Neugierde nicht bezähmen. Diese Fasnetkleider konnten wir aber nur heimlich besichtigen, da die Besitzer nicht wollten, dass wir uns diese Freiheit erlaubten. Es juckt den Kindern schon im Blut, wenn sie diese Narrenkleider nur sehen, da schon ganze Geschlechter hindurch diese Narretei ausgeübt wurde.

Die Kinderfasnet in der Woche vor der eigentlichen Fasnet hatte ihr eigenes Gepräge. Bei uns Vorstädter spielte die Holzlarve von’s Brenntaweiners eine große und wichtige Rolle, da man in ihr dem Nachahmungsdrang gegenüber den Erwachsenen am nächsten kam. Man musste aber beim Besitzer dieser Larve schon gut dran sein, wenn man sich diese Larve erobern konnte. Kaufte man dann für ein paar Pfennig Gutsle und warf sie aus, so konnte eine ordentliche Kinderschar einem durch die Dorfstraßen folgen und mit kräftigen Stimmen rufen: ›Horig, horig ischt dia Katz – und wenn die Katz net hoorig ischt, na fängst sie auch die Mäuse nicht‹ oder der und der ischt närsch ›Dr Brennteweinerwirt ischt närsch‹.

Kräftige Rute

Der Vermummte trug eine kräftige Rute mit sich, im Falle er sich wehren musste. Dann sprang er alleine oder mit anderen Maskierten in die Häuser, deren Bewohner ihnen gewogen waren und redete diese mit verstellter Stimme an: ›Wia bischt dau net au närsch‹. Da zu dieser Holzlarve kein richtiges ›Rollengeschell‹ da war, legte man den Geschellriemen von Pferden an, die man diesen beim Schlittenfahren um den Hals hängte. Schön fanden wir das Raten um die Maskierten, bis die Kinder endlich wussten, wer eigentlich hinter dieser Maske steckte."

Die in den Erinnerungen von Ernst Frey erwähnte "Wirtschaft zum Eble" – in Waldmössingen bis heute unter dem volkstümlichen Namen "Brenntaweiner" bekannt – befand sich in der Vorstadtstraße 23. Über eineinhalb Jahrhunderte wurde die "Gassenwirtschaft" mit Schnapsbrennerei von der Familie Eble geführt und 1964 geschlossen.

Im Lauf des Jahres wird der Förderverein zur Heimatpflege Waldmössingen zum Jubiläum "50 Jahre Schramberg-Waldmössingen" in einer Serie weitere Beiträge zum historisch-kulturellen Erbe des ältesten Stadtteils der Großen Kreisstadt Schramberg veröffentlichen.