Gut besucht und musikalisch umrahmt ist die Schlüsselübergabe in Waldmössingen. Fotos: Herzog Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Schlüssel wechselt Besitzer

Während in Berlin seit September 2017 an einer Regierung herumgeeiert wird, dauerte die Machtübernahme in Waldmössingen am Schmotzigen kaum eine Stunde.

Schramberg-Waldmössingen. Bevor jedoch Ortschefin Claudia Schmid den Schlüssel der Ortsverwaltung an Zunftpräsident Manuel Häring herausrückte, lasen sich die beiden Protagonisten noch ordentlich die Leviten.

Häring forderte Schmid auf, aus ihrem Betonhaus herauszukommen, da dies ab jetzt das Revier der Narrenzunft sei. Außer dem Schlüssel könne sie auch gleich noch ihren Chef mitbringen, um diesem ebenfalls ein Liedle zu singen. Die Straßenbeleuchtung in manchen Straßen funktioniere mal gut und mal schlecht. Kürzlich habe es zu jeder Tages- und Nachtzeit geblinkt und geblitzt. Es sei spekuliert worden, ob Ortschaftsrat Jürgen Moosmann bereits seine Blitzer installiert habe. Zum Glück seien nur beschädigte Kabel dafür verantwortlich gewesen.

Nicht entgangen war dem Narrenchef, dass Oberbürgermeister Thomas Herzog beim Fest zu "150 Jahre Stadtrecht" von der Stadtmusik mit "Narri-Narro" begrüßt worden sei. Erst im Da-Bach-Na-Fahrer-Zelt habe man ihn aufgeklärt, dass an seinem Wintermantel noch der Brezelbändel von der vergangenen Fasnet hänge. Eine Landesgartenschau mit einem lächerlichen Blumenstrauß brauche die Stadt ebenso wenig wie eine Seilbahn. Wichtiger seien der Erhalt des Schlachthauses und weiterhin ein kostenloses Gemeindeblatt, forderte Häring. Einen guten Tipp hatte der Zunftmeister für Claudia Schmid parat, die nach 15-jähriger Pause mal wieder im Häs zu einem Umzug gehen wollte, aber nicht mehr hineinpasste: "Egal wie du es wendest und drehst. So was passiert nicht, wenn man jedes Jahr ins Kleidle geht."

Die Ortsvorsteherin stellte sich die Frage, wie wohl "Elf Simpel" diesen Ort verwalten wollten. Der Häring-Fisch neben ihr brauche gar nicht laut lachen. Beim Larvenabstauben soll ihm seine Brille geklaut worden sein. Kein Dieb könne so blöd sein. Überall habe er gesucht und gefragt. Zu Hause in den Sessel reinplumsend habe er sie dann entdeckt, allerdings kaputt.

Wie Schmid einräumte, habe sie eine Vision von einer Landesgartenschau mit Blumen, Wiesen, Gärten und Auen. Deshalb zeige ihr heutiges Outfit, dass die wahre Kraft bei Flower-Power liege. Wenn der Millionenbauer Michael Roth sich nun frage, woher der Haufen Geld dafür komme solle, habe sie einen Vorschlag: Man könne ja die Schlachthausgebühren erhöhen, frotzelte die Ortsvorsteherin. Ob die Fasnet kurz sei oder lange dauere, könne sie nicht beurteilen. Im Narrenmarsch würden die "Goarnete" ja bereits klagen. Und auch im Gregorianischen Kalender werde es wohl so sein: "Wie bald ist die Fasnet, die Fasnet doch vorbei", schickte Schmid einen Seitenhieb auf einen Leserbrief von Häring vor einem Jahr. Dann war es soweit: Der Schlüssel wechselte den Besitzer, die Fahne wurde gehisst, der Musikverein spielte und die Hansel verteilten Brezeln an die zahlreichen Besuchern.