Interview: Ingrid Rebmann über Schramberg, wie sie es in den vergangenen vier Jahrzehnten erlebt hat

Schramberg.  Das Konzept "Stadtumbau  Schramberg" 2030+ bildet den  Rahmen dafür, wie sich Schramberg in allen Stadtteilen in den kommenden Jahren verändern soll. Ingrid Rebmann, die bald in den Ruhestand geht, hat als Leiterin der  Abteilung "Kultur, Tourismus, Eventmarketing" über 40 Jahre hinweg die Entwicklung der Stadt beobachtet und von ihrem Arbeitsplatz auch in Teilen mitgestaltet. Wir haben Ingrid Rebmann einige Fragen zu ihrer Sicht auf die Stadt Schramberg gestellt.

Frau Rebmann, wie hat sich Schramberg im Lauf der Jahre verändert?

In 40 Jahren muss sich eine Stadt verändern und weiterentwickeln. Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 1981 und die Demonstrationen "Junghans soll nicht sterben". Ich habe immer wieder bewundert, mit welcher Innovationskraft die Wirtschaftsunternehmen und deren Mitarbeiter in der Stadt Krisen bis heute gemeistert haben, mit Mut, Unternehmergeist und Erfindungsreichtum. Immer wieder wurden neue Chancen ergriffen. Heute gibt es in Schramberg 12 000 Arbeitsplätze und etliche Weltmarktführer in ihrer Branche. Und wieder steht zum Beispiel mit den Themen Digitalisierung und künstliche Intelligenz eine Zeit großer Umbrüche und Herausforderung für die Unternehmen vor der Tür.

Was hat Ihnen an Schramberg besonders gut gefallen?

Der Einfallsreichtum, Gemeinschaftssinn und das große ehrenamtliche Engagement hier, wenn die Bürger von einem gemeinsamen Projekt überzeugt sind, hat mir  gefallen. Viele Vereine, Organisationen und Unternehmen machen dann mit. Ich denke zum Beispiel an das "Festival der guten Taten 1993", an die "Heimattage Baden-Württemberg 2000", an "Minischramberg" und natürlich an die Fasnet, die mich von Anfang an faszinierte, die kreativ, locker und trotzdem gesittet verläuft, eine ganz andere Seite der Stadt.

Was hat Ihnen nicht so gut gefallen?

Schramberg ist für mich immer die Gesamtstadt mit allen ihren Stadtteilen, also mit Tennenbronn, Sulgen, Heiligenbronn, Schönbronn und Waldmössingen, nicht nur die Talstadt. Hier braucht es mehr Verbindung zwischen den Stadtteilen. Was ich auch vermisse, dass manche Bürger nicht stolz auf ihre Stadt sind und manchmal vergessen, dass Schramberg in all den Jahrzehnten den Wandel toll gemeistert hat, auch die Krisen.

Können Sie das näher erläutern?

Ohne Wandel gibt es keinen Fortschritt, keine Entwicklung. Man muss zwar auch seine Wurzeln im Auge behalten, sollte aber nicht allen alten Traditionen hinterhertrauen, sonst kann sich das Gemeinwesen nicht entwickeln. Stichwort: "Abriss alter Gebäude". In den 70er-Jahren zum Beispiel wollte jede Stadt auch Schramberg Hochhäuser und war stolz darauf. Aus heutiger Sicht sieht man das anders, aber man muss den Wandel in einer Stadt auch akzeptieren. Ich habe den Eindruck, dass sich manche in Schramberg damit schwer tun. Bei den Gesprächen mit den Mitgliedern der vielfältigen Netzwerken in der Stadt bin ich oftmals auch auf großes Beharrungsvermögen gestoßen, zufrieden äußern sich öffentlich eigentlich zu wenige.

Welchen Rat geben Sie Ihrer Nachfolgerin?

Ich wünsche mir, dass es ihr gelingt, viele Netzwerke, die für diese Arbeit unabdingbar sind, auszubauen. Sicher kann sie auch mit dem Blickwinkel von außen neue Ideen für die Stadt entwickeln und umsetzen. Ideen, von denen sie überzeugt ist, mit Geduld und Überzeugungskraft gegen anfängliche Widerstände weiterzuverfolgen. Manchmal braucht es Geduld. So dauerte es zwölf Jahre, Verwaltung und Gemeinderat von der Notwendigkeit einer Neugestaltung des Kurparks zu überzeugen. Seit 2009 ist der Park der Zeiten jetzt wieder ein Juwel mitten in der Stadt – und ein bei Gästen und Einheimischen gleichermaßen beliebter Erholungsraum.

Was würden Sie heute anders machen?

Da halte ich es mit der Sängerin Edith Piaf und deren Chanson "Je ne regrette rien". Jedes Berufsleben hält Höhen und Tiefen bereit. Man muss aus allem lernen und immer das Beste daraus machen.

Ist es schwierig für Sie, das Berufsleben loszulassen?

Das eine oder andere werde ich vermissen, bei manchem froh sein, dass ich es  los bin. Jetzt folgt eine eigene Umbruchzeit. Das Leben ist in verschiedene Abschnitte eingeteilt. Den Berufslebensabschnitt habe ich versucht, gut zu gestalten.  Jetzt werde ich die Kräfte für den letzten Lebensabschnitt einsetzen und diesen gestalten. Aber egal, wie alt man ist, man muss immer wieder Neues entdecken und machen.

 Die Fragen stellte Johannes Fritsche.