Trotz mehrerer Ausraster wurde eine 28-jährige Frau aus Schramberg für schuldunfähig erklärt. (Symbolfoto) Foto: Deck

Frau rastet mehrfach total aus - und verletzt auch Polizisten. Richter rät zu Therapie.

Schramberg - Freispruch. Dieses Urteil hat das Amtsgericht Oberndorf im Prozess gegen eine 28-Jährige aus Offenbach gefällt, die wegen Widerstand gegen Polizeibeamten in Tateinheit mit Körperverletzung, Beleidigung und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln angeklagt war. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung könne die Frau nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden.

Wegen zwei Vorfällen – einer ereignete sich im Juni 2018, der andere im Juli 2019 – musste sich die damals in Schramberg wohnhafte 28-Jährige vor dem Gericht verantworten.

Beim ersten Fall hatte die Ex-Lebensgefährtin der Angeklagten die Polizei verständigt, da die damals 26-Jährige deren Wohnung nicht verlassen wollte. Die Aufforderungen der zwei hinzugerufenen Polizisten habe die Angeklagte zunächst ebenfalls ignoriert, als sie ihr mit Gewahrsam drohten, sei sie aggressiv geworden. Ein Beamter habe sie mit Pfefferspray abgeblockt, woraufhin sie wild mit Tierabwehrspray um sich gesprüht habe. Mit einem zur Verstärkung hinzugerufenen Kollegen sei es gelungen, die Frau zu überwältigen: "Zu dritt haben wir es geschafft, sie bäuchlings auf das Sofa zu legen und ihre Hände hinter dem Rücken zu schließen."

Polizist stürzt mehrere Stufen nach unten

Auf dem Weg nach draußen habe die Angeklagte sich weiterhin gesträubt und die Beamten immer wieder lautstark beleidigt. Im Treppenhaus habe sie sich außerdem nach vorne fallen lassen, so dass ein Polizist mehrere Stufen nach unten stürzte – die Angeklagte beteuerte allerdings, gestolpert zu sein.

Im Polizeiwagen sei es ihr außerdem gelungen, mit einem Tritt die Fensterscheibe einzuschlagen. Später in der Gewahrsamszelle habe sie die Tür aus dem Rahmen getreten und auch den davor angebrachten Querriegel aus der Verankerung gerissen. "Die Arrestzellen sind nicht mehr im besten Zustand gewesen", gibt ein Polizeibeamter zu, betont aber auch, dass die Vorrichtung eigentlich ausreichend stabil gewesen sei. "Sie hat in ihrer psychischen Ausnahmesituation die immensen Kräfte dafür ausgebracht hat", sind sich die Beamten einig.

Mit Gegenständen geworfen

Beim zweiten Vorfall habe die Mutter der Angeklagten die Beamten gerufen, weil sie Angst hatte, dass ihre Tochter Suizid begehe. Die damals 27-Jährige hatte sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert. Nachdem die Polizisten die Tür eingetreten hatten, habe sie mit Gegenständen nach ihnen geworfen. "Sie hat an den Armen stark geblutet und hatte eine Glasscherbe in der Hand", sagte ein Beamter über ihren Zustand aus. Der Aufforderung, sich auf dem Boden zulegen, sei sie nicht nachgekommen. Stattdessen habe sie einen Polizisten der Hundestaffel angegriffen und wurde daraufhin mit einem Schild und dem Polizeihund zu Fall gebracht. Auf der Trage des Rettungswagens habe sie immer wieder um sich geschlagen und die Rettungskräfte angespuckt.

Beim Durchsuchen ihres Zimmers habe man außerdem eine Marihuana-Kräutermischung sowie eine lilafarbene Substanz gefunden. Wie sich in der Verhandlung herausstellte, habe die Staatsanwaltschaft allerdings bereits vor einiger Zeit ihr Einverständnis gegeben, dass diese Beweismittel vernichtet werden könnten. Die Anklage wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln war somit hinfällig.

Die 28-Jährige selbst sagte aus, nur noch wenige Erinnerungen an die beiden Vorfälle zu haben. "Schmerztabletten und 13 bis 15 Bier", antwortete sie auf die Frage des Richters, ob sie vor den Ausrastern etwas genommen habe.

Richter rät zur therapeutischen Behandlung

Der Sachverständige ordnete der Angeklagte in seinem Gutachten eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ zu. "Diese Menschen sind erheblich vermindert steuerungsfähig", meinte er.

Die Staatsanwältin plädierte daher, die 28-Jährige freizusprechen. "Man sieht ja, dass es Ihnen leid tut. Aber sie sollten sich in konsequente therapeutische Behandlung geben. Das brauchen Sie", legte der Richter der Angeklagten noch nahe.