Konzerthaus-Orchester Trossingen im Park der Zeiten / Podium für begabte junge Solisten in der Heimat
Von Hans Werner
Schramberg. In der Konzertreihe "Dreiklang – Klassik im Landkreis Rottweil" gastierte das Konzerthaus-Orchester der Musikhochschule Trossingen im Schramberger Park der Zeiten und bot begabten jungen Künstlern sozusagen ein Podium vor hiesigem Publikum.
Stefan R. Halder, der Orchesterleiter, gab, zusammen mit seinen Musikern wie geplant ein Open-air-Konzert, trotz des herrschenden Dauerregens, und wich nicht in die Aula aus. Das Publikum genoss beim Zuhören so das herrliche Ambiente des Parks und fand sich übrigens unter den Zeltplanen im Trockenen. Allerdings erzeugte der Regen, der auf die Zelte niederprasselte, einen erheblichen Geräuschpegel, der den akustischen Genuss doch etwas beeinträchtigte.
Mit launigen Worten führte der Dirigent durchs Programm, stellte die Komponisten als Repräsentanten vier großer Musiknationen vor – Dänemark, Deutschland, Österreich und Russland – und begrüßte besonders seinen "allerhöchsten Arbeitgeber", Ministerialdirektor Herbert O. Zinell. Als erstes spielte das Streichorchester von Carl Nielson (1865 bis 1931) die "Kleine Suite, opus 1" aus dem Jahr 1888, mit dem der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Komponist seinen ersten großen Erfolg feiern durfte. Schwermütig, andächtig, elegisch, gewissermaßen die grenzenlose Weite des Nordens atmend, erklang der erste Satz "Präludium", unter einer lang gezogenen Melodie kehrten zwei kurze Achtel als rhythmisches Motiv ständig wieder und gaben der Musik ein unverwechselbares Merkmal. Im Sechsachteltakt stellte sich das Intermezzo vor, manchmal tänzerisch, aber in den satten volltönigen Celli häufig dramatisch bewegt, während die Oberstimmen ihr schwärmerisches Thema gefühlvoll bis zur letzten Süßigkeit auskosteten.
Das abschließende "Finale" erzeugte quasi mit tragischem Ausdruck eine strömende Klangfülle, vielgestaltig melodiös, wie eine naturschildernde Szenenfolge, wechselte zwischen raschen flirrenden Geigenstrichen und fest zupackenden tiefen Streichern und gelangte unter lebhafter rhythmischer Motorik zu einem leuchtend optimistischen Schluss. Schon bei diesem ersten Stück konnte man die homogene Einheitlichkeit des Orchesters bewundern, das unter Halders zielstrebig sparsamem Dirigat konzentriert musizierte.
Die beiden Solistinnen Rebekka Zwick und Margherita Berlanda standen im Mittelpunkt des "Konzerts Nr. 2 in C Dur (BWV 106)" von J. S. Bach. Dieses Werk, eigentlich für zwei Klaviere (Cembali) komponiert, bot in der Übertragung auf den Klangcharakter des konzertanten Akkordeons eine ganz eigentümliche Verfremdung und ließ den Komponisten Bach von einer ungewöhnlichen Seite erleben.
In pünktlich auslotender Artikulation und wohldosierter passender Registrierung brachten die beiden Solistinnen die barock anschmiegsamen Themen Bachs virtuos zum Aufleuchten. Mit subtiler Agogik gestalteten sie die Phrasierung und brachten, vor allem im Adagio, durch kunstvoll eingesetzten Balgzug, die langen Spitzentöne zum Aufblühen.
Zumeist spielten sie, als solistisches Duo ganz für sich allein, aber in den orchestralen Umrahmungen begleitete das Streichorchester einfühlsam und setzte markante Eckpunkte.
Anschließend sang Sandra Reinboth, die aus Weimar gebürtige Sängerin, zwei Arien aus Mozarts "Le nozze die Figaro", zunächst die Arie Nr. 12 "Venite, inginocchiatevi" und danach Rezitativ und Arie Nr.27 "Giunse alfin il momento". Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme brachte sie die Struktur dieser Opernarien, die in das dramatische Geschehen der Bühnenhandlung eingebunden sind, deutlich zur Geltung, und konnte, namentlich in der zweiten Arie, auch alle Höhepunkte wirksam herausarbeiten.
Niklas Broghammer brillierte mit einer beispielhaften Interpretation des "Flötenkonzerts Nr. 2 in D-Dur" von W. A. Mozart. Sein virtuoses Können wirkte durch alle Lagen unaufdringlich geschmeidig, in sicherem Einsatz der Atemreserven gestaltete er die langen Solo-Sequenzen und auszuhaltenden großen Noten, setzte behutsam und geschmackvoll in den Verzierungen die vorgeschriebenen Triller und meisterte lupenrein die Kadenz. Als Zugabe spielte er noch die "Fantasie" von G. Ph. Telemann.
Am Ende präsentierten die Trossinger Musiker einen wahren symphonischen Höhepunkt, nämlich Tschaikowskys "Serenade für Streichorchester C-Dur op. 48". Dabei erreichte das Ensemble einen wahrhaft volltönigen Orchesterklang, in dramatischem Bogenstrich wurde die ganze Leidenschaft und Vitalität russischer Musik lebendig, auch die orthodoxe Frömmigkeit im Choral, den man auch als Hymne auffassen konnte. Das war alles schon sehr gut. Aber in dem als Zugabe nachgeschobenen "Walzer" konnte man die andere Sprache der gehobenen Salonmusik erleben, deren dieser Komponist eben auch fähig war.