Der Vorsitzende der Projektgruppe, Robert Hermann, dankt der Referentin für den "großartigen Vortrag". Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Maria Fleig berichtet im katholischen Pfarrsaal über Sitten und Bräuche in Tennenbronn

Wie lebten die Vorfahren im katholischen und evangelischen Tennenbronn? Welches waren Höhepunkte in ihrem arbeitsreichen Jahreslauf? Welche Bräuche und Sitten brachten in den verschiedenen Jahreszeiten Abwechslung in ihr hartes Leben?

Schramberg-Tennenbronn. Diesen Fragen ging in der jüngsten Veranstaltung der Projektgruppe Tennenbronner Heimathaus die Referentin Maria Fleig, geboren auf dem Schilteckhof in Schramberg, im katholischen Pfarrhaus nach. Das Interesse der Bevölkerung war groß, sodass der Vorsitzende der Projektgruppe, Robert Hermann, auch bei dieser Veranstaltung ein volles Haus begrüßen konnte.

Der Vortrag wurde ergänzt durch Bilder auf der Leinwand und im Eingangsbereich sowie durch einen Ausstellungstisch mit Zeugen der Vergangenheit. Zudem hatte Andreas Wolfgarten einen echten Palmen beigesteuert.

An den Beginn stellte die Referentin die Vorstellung, heute ohne Handy, Smartphone, Internet und Fernsehen zu leben. Undenkbar, doch früher habe auch alles funktioniert, nur nicht so schnelllebig. Jedes Fest habe seine festen Bräuche gehabt, die alljährlich in gleicher Ordnung durchgeführt wurden. So musste an Neujahr ein Böllerschießen mit Schwarzpulver stattfinden, die Glocken läuteten und das neue Jahr wurde mit einem feierlichen Gottesdienst begonnen.

Besonders bei den evangelischen Christen stand der Besuch der Patenkinder bei ihrem Götte oder Gottle auf dem Programm und man bekam seinen Göttewecken oder Neujahrsring. Das geweihte Dreikönigswasser durfte das ganze Jahr nie ausgehen. Der Blasiussegen sollte Krankheiten fernhalten, mit dem Agathenbrot (5. Februar) wurden neue Knechte und Mägde willkommen geheißen. Für jeden Hausbewohner und die armen Seelen wurde eine Kerze angezündet.

Schulranzen aus Holz

Die Kinder fuhren auf "Löwen"-Wirts Wiese Schlitten, manchmal auf ihren Schulranzen aus Holz. Die Fastnacht, anfangs durch kirchliche Verbote gehemmt, habe 1924 durch die Gründung der Schwäbisch-Allemannischen Fastnacht Auftrieb erhalten. Richtig los sei es erst am "Schmotzigen Dunstig" gegangen, wo die namengebenden "schmotzigen" Fasnetsküchle in Schmalz gebacken wurden. Mit dem Erscheinen des Narrenmarschs sei die eigentliche Tennenbronner Fasnet geboren worden.

Im Winter wurden auf den Höfen Reparaturen durchgeführt, die Frauen nutzten die Zeit zum Nähen und Flicken. An Palmsonntag fand unter den Buben ein regelrechter Wettstreit um den schönsten Buschen aus Stechpalmen und deren roten Beeren statt.

Im Mai wurde bei den Katholiken ein Maialtar zu Ehren Marias errichtet und Maiandachten abgehalten. Bei Öschprozessionen, besonders an Christi Himmelfahrt, wurde um gutes Wetter und reiche Ernte gebetet. Mit einer witzigen Anekdote verband die Referentin das Pfingstfest als Fest des Heiligen Geistes. Für die Hirtenbuben, die meist nur am Sonntagnachmittag frei hatten, war der Schellenmarkt auf dem Fohrenbühl die Gelegenheit, Kuhglocken zu tauschen, um das harmonischste Geläut herzustellen. Manchmal gab es neben Karussell und Schiffschaukel auch noch eine Bratwurst vom Bauern.

Ein hoher Feiertag war Fronleichnam. Bis Ende des 18. Jahrhunderts habe die Prozession in Tennenbronn nur auf katholischem Gebiet stattfinden dürfen. Große Ereignisse waren auch Primizfeiern oder Vereinsfeste mit Festbankett, Festzug durch Festbögen mit Reitern, Festführern, Festdamen und Veteranen in Kutschen. Der mittelalterliche Brauch des Johannisfeuers wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Schwarzwaldverein mit der Sonnwendfeier auf dem Fohrenbühl wieder aufgenommen.

Der November, obwohl der Totenmonat, wurde von den Bauersleuten dennoch herbeigesehnt, da keine Feldarbeiten mehr anstanden. Martini war ein wichtiger Tag für Pacht- und Rechtsgeschäfte. Knechte und Mägde konnten die Dienststelle wechseln und erhielten vom Bauern die Restzahlung.

Abläufe im Todesfall

In allen Einzelheiten schilderte die Referentin ein Schlachtfest auf dem Hof. Abends war das Säckle-Strecken beliebt, wo die Nachbarn mit dem Stock ans Fenster klopften und das volle Säckle, ohne sich erwischen zu lassen, wieder holten. Gelang dies nicht, musste nach der wilden Jagd der Nachbar mit rußverschmiertem Gesicht, die Hände auf den Rücken gebunden, seine Schlachtplatte essen.

Genau festgelegt waren auch die Abläufe im Todesfall, wobei die Verstorbenen drei Tage und Nächte im Haus verblieben, wo mit den Nachbarn Totenwache und Totengebet gehalten wurde.

Von vielen Bräuchen rund um Advent, Weihnachten und Silvester wusste die Referentin zu berichten, so von den Raunächten und den Wettervoraussagen vom 25. Dezember bis Dreikönig oder vom Ringpaschen an Silvester.

Mit dem fröhlichen Kaffeeliedle schloss die kundige Referentin ihren interessanten Vortrag ab.