Schramberg - Nach den Reden der drei OB-Bewerber und einer Pause, in der die rund 600 Bürger im Bärensaal ihren Durst stillen und erste Eindrücke austauschen können, steht der zweite Teil der Kandidatenvorstellung an.

Jürgen Winter moderierte bereits die Kandidatenvorstellung so souverän und sachlich, als hätte er jede Woche einmal diese Aufgabe. Winter verkündet dann das strenge Prozedere: Fragen stellen dürfen nur Bürger, die ihren Wohnsitz in einem Stadtteil von Schramberg haben. Wer eine Frage stellen will, muss zunächst den vollen Namen und seine Straße nennen. Unruhe, auch Belustigung zieht an dieser Stelle wie eine Welle durch den Saal. Aber kein Protest wird laut. Die Fragen, erklärt Winter, würden dann nacheinander von allen drei Kandidaten beantwortet, in wechselnder Reihenfolge, damit alle gleich behandelt würden.

Werner Klank macht den Anfang und das Publikum amüsiert sich, als das stadtbekannte SPD-Mitglied die von Winter festgelegte Prozedur befolgt und seinen Wohnsitz nennt. Er will wissen, welche Haltung die Kandidaten zur Klimaerwärmung haben. Thomas Herzog darf als erster antworten. Er erinnert an den Vortrag von Franz Baumann zum Thema, an den Starkregen im letzten Jahr, führt den Hochwasserschutz im Stadtumbau 2030+ an und befürwortet die energetische Sanierung von Altbauten. Dorothee Eisenlohr will den städtischen Fuhrpark modernisieren, flächendeckend Blumen aussähen, einen plastikfreien Wochenmarkt, und bekräftigt die Stadt in einem Verbot von Pestizid-Nutzung und Energieeffizienzberatung. Dirk Caroli sieht "die Kommunalpolitiker in der ersten Reihe gefordert" und verweist auf die Problematik der Batterieproduktion für die E-Mobilität. Caroli antwortet auch auf Klanks Nebenfrage zur früheren AfD-Mitgliedschaft: "Ich war bei der AfD, als sie noch wirtschaftspolitisch ausgerichtet war."

Als nächster will Michael Ehret wissen, wie es mit dem Krankenhausgebäude weitergehen soll. Caroli will die Schadstoffbelastung des Gebäudes prüfen lassen und dann über Abriss oder Umbau entscheiden. Eisenlohr will eine "zügige Wohnbebauung" auf dem Gelände. Herzog berichtet, dass das Thema Sanierungsgebiet jetzt genehmigt sei und das weitere Vorgehen (teilweise Abriss und Wohnbebauung) mit dem Regierungspräsidium vorbereitet würde.

Jetzt will Grundschullehrer Stefan Grimm wissen, ob man die Berneckschule nicht stehen lassen könne: "Die Schüler fühlen sich dort wohl" – eine Äußerung, für die er viel Beifall erhält. Eisenlohr und Herzog verweisen auf die Beschlüsse des Gemeinderats. Herzog erinnert noch daran, dass der modulare Ausbau auch von der künftigen Wirtschafts- und damit Einnahmenentwicklung abhänge und gegebenenfalls gestoppt werden könne.

Carmen Spiegelhalder-Schäfer bezieht sich auf Passagen von Eisenlohrs Rede zur Sanierung von Altbauten im Bereich Oberndorfer und Göttelbachstraße sowie Steige und fragt: "Ist Ihnen bewusst, dass dort viele ältere Leute wohnen, die nicht die Mittel zur Sanierung haben." Eisenlohr will sich dazu so verstanden wissen, dass man mehr die Bausubstanz in der Stadt als Neues auf der grünen Wiese fördern solle.

Siehe auch: Alle drei Kandidaten im Video-Interview

Jetzt stellt Klaus Andreae die spannende Frage nach dem Führungsstil der drei Kandidaten als Chef. Caroli will kollegial und teamorientiert führen: "Zusammen kommt man weiter." Herzog setzt auf flache Hierarchie und Kollegialität: "Meine Tür ist immer offen." Und er stellt sich im Tagesgeschäft hinter seine Mitarbeiter. Eisenlohr führt kooperativ, "auf Augenhöhe", verweist auch auf ihre therapeutische Zusatzausbildung.

Carola Jöhle will mehr Fußgängerschutz in der Marktstraße und um das Rathaus herum. Caroline Gießiebl fragt, wann endlich die Zufahrtsstraße zur Stiftung in Heiligenbronn gemacht würde. Robert Mayer findet, dass mehr für den Fremdenverkehr gemacht werden müsse. Bei den Antworten der drei Kandidaten zu diesen Fragen zeigen sich keine großen Gegensätze, natürlich meinen alle, dass mehr gemacht werden oder es schneller gehen müsse.

Daniel Sieber aus Sulgen möchte jetzt wissen, wie die drei Kandidaten Arbeitsplätze in Schramberg halten und schaffen wollen. Caroli will die Gewerbesteuer auf keinen Fall erhöhen, das wäre der "Todesstoß für das Gewerbe", er will sie lieber senken. Was die Leerstände betrifft, will er auf die Besitzer einwirken, um die Pacht realistischer zu machen. Herzog will die Zusammenarbeit mit dem HGV weiter vorantreiben und den Unternehmen Erweiterungsflächen und bessere Verkehrsinfrastruktur anbieten. Aber letztlich hinge alles von der "Innovationskraft der Unternehmen selbst ab". Eisenlohr will "das Einkaufserlebnis durch mehr Service und attraktivere Angebote verbessern", die Unternehmen für die künftige Herausforderungen sensibilisieren und ihnen keine Steine in den Weg legen, zum Beispiel beim Erweitern, Parkplätzen und dem Aufstellen von Schildern.

Die letzte Frage hatte der frühere Schramberger Kämmereimitarbeiter und in Sulgen wohnhafte Bürgermeister von Hardt, Michael Moosmann. Er wollte, etwas verklausuliert gefragt, wissen, wie zusätzliche Vorhaben überhaupt finanziert werden könnten, die Mittel seien doch jetzt schon knapp. Während Caroli Investitionen verschieben will und Eisenlohr den eigentlichen Kern der Frage nicht verstand, konnte hier Herzog punkten: Auch wenn dies schmerzlich sei, die Stadt müsse bei Einnahmerückgängen Freiwilligkeitsleistungen reduzieren, bedauerte er.

Kommentar: Schaulaufen

Von Stephan Wegner

Würde man die Intensität des Applauses in Stimmen umrechnen, dann hätte Dorothee Eisenlohr zumindest im Bärensaal die Wahl für sich entschieden. Jugendlicher Charme, gepaart mit etwas Improvisation, um trotz vielem Stoff noch in der Zeit zu bleiben, kamen an. Inhaltlich gab’s indes nichts wirklich Spektakuläres. Ob mehr Hinweisschilder auf Firmen wirklich Sinn machen? Fraglich – der Gemeinderat sah’s bislang anders. Und die Frage, wie der Haushalt im Griff bleibt, wird Eisenlohr vielleicht noch beantworten müssen. Thomas Herzog hatte es schwerer, er wies etwas zu langatmig auf Erreichtes hin. Dissenz um politische Inhalte gab es nicht. Nur Dirk Caroli, der, um gewählt zu werden, noch besser in Form kommen sollte, wartete mit einer Überraschung auf: Ein Budget für alle Ortsteile, um Wünsche zu erfüllen. Wo’s Geld herkommen soll? Das blieb offen.