"Das Kartoffel" (großes Bild) brachte den Kulturbesen zum Dampfen. "Lyn Deva" (oben links) interpretierten, mit Gesang, Gitarre, Geige und Mundharmonika auch Songs von Mumford & Sons. "Hummingbird" (unten links), bekannt und beliebt als Virtuosen, was Schlagwerk und Gitarrensound angeht, trumpften auch mit Bluesigem auf. Foto: Schüler

Schramberg rockt: Drei MIS-Bands heizen im Kulturbesen ein. Rhythmen lassen das Blut pulsieren.

Schramberg - "Schramberg rockt" zieht mindestens drei Sonder-Register. Die Bands "Das Kartoffel", "Hummingbird" und "Lyn Deva" strahlen jeweils ihren eigenen Charme aus.

Linda Herrmann und Marcel Bühler als Duo "Lyn Deva" brachten mit ihrer Musik Besinnlichkeit in den "Kulturbesen". Als sie begannen, kamen gleich ein paar Menschen nach vorn, um besser sehen und hören zu können.

"Lyn Deva" interpretierten Lieder von Mumford & Sons, Bobby Long und Bryan Adams, aber auch ein von Herrmann selbst geschriebener Song mit dem Titel "Stranger Song" war dabei. Dieser fing tief mit komplizierten Zupffolgen an bis die Gitarre ordentlich angeschlagen wurde. Das Lied klang mit einem schön ausgespielten Haltepunkt aus.

Im Song "White Blank Page" von Mumford & Sons fragt sich der Autor im Selbstgespräch, wo denn sein Fehler liege, "dich von ganzem Herzen zu lieben". Nach dem Refrain legten sich "Lyn Deva" richtig ins Zeug, und Dramatik kam auf.

Marcel Bühler an der Geige kamen auch besondere Parts zu. In "Oh my Sweet Carolina" wiederholte die Geige den Refrain und der gemeinsame Gesang am Ende fand beim Publikum besonderen Anklang. Charakteristisch für das Duo sind die feinsinnigen von Spannungsaufbau und Spannungsabbau lebenden Melodien. So unterstützte die Geige diese Expressivität und Wirkung auch durch eigene, höher gespielte Melodien.

Als zweiter Akt trat "Das Kartoffel" auf. Die fünf Bandmitglieder spielten dann schon in ganz anderen Lautstärken. Eigenkompositionen mit eindringlichen Texten, Refrains und Melodien, begleitet von Ska-Elementen, die auch mit der Trompete erklangen, verzerrtem Gitarrensound, ergänzendem Gesang, angedeuteter Hardrockattitüde in "Pfand und Durchfall" oder forciertem Marsch in "Der Polizeichor" brachten den "Kulturbesen" zum Dampfen, ließen das Blut pulsieren.

Drei Formationen mit stilistischer Vielfalt

Die Hingabe, in der die ganzen Gebrechen vom Herzinfarkt über Kollaps bis zum Beinbruch in der Nummer "Simon, der Rettungssani" gesungen wurden, setzte auch dem Publikum zu, das begann, mitzusingen. Das einzige Coverlied ließ angesichts der Textfülle und des Sprechgesangs ein bisschen an Rap denken. Bei "Gemein", in rasantem Tempo gespielt, müssten eigentlich die Köpfe fliegen. In der Nummer mit dem Spitznamen "Kosakenlied" ("One-Hit-Wonder") im Polka-Rhythmus geht es inhaltlich um den Überflieger- Superstar, der wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird.

Auch wenn man "Das Kartoffel" zum Beispiel in "Lick my clit" Metal unterstellen wollte, so lasse sich nicht daran rütteln, dass Metal viel aufwendiger sei, Punk hingegen schlicht und einfach, so Marcel Bühler. Die Bezeichnung Hardcore ließ Bühler immerhin für den Song "Brigitte" noch gelten. Mitreißend und typisch ist der an Ska angelehnte, auch an Reggae erinnernde Einschlag.

Zur dritten Runde fanden sich "Hummingbird" als Trio auf der Bühne ein. Wie Lars Schuffenhauer kommentierte, handelt es sich um Bluesrock, aus bluesigen Stilelementen, zum Beispiel im Gesang oder in den Harmonien, die hart im Hardrock-Stil gespielt werden. Sicher war Bluesrock zu hören, auch die Stimme von Schuffenhauer klingt bluesig. Dennoch hört man bei "Hummingbird", wozu E-Gitarre, Schlagzeug und Bass sonst noch gut sind, nämlich für satten Sound im Metalstil.

Schlagzeuger, Oliver Böhler legte eine solche Geschwindigkeit an den Tag, dass die Schläge mit dem bloßen Ohr unzählbar wurden. Aber auch sphärische Klänge klangen in der Musik von "Hummingbird", verziert durch fein gespielte Riffs und Akkorde. In den selbstkomponierten Songs wurden auch Themen des Alltags verarbeitet, so von Schuffenhauer die Rolle als Vater in "I just taught her".

Ein mit einem Seufzer kommentiertes Liebeslied "Forever yours" forderte eigentlich dazu auf, dass sich Headbanger in Szene setzten. Die drei Virtuosen ließen jedenfalls nicht an der Botschaft rütteln: "Um alles in der Welt, es muss euch reingehen!"

Das Publikum konnte sich nach diesen Impressionen noch draußen und in der Bar nebenan entspannen, nachdem es zu Applaus, Rufen, Pfiffen und auch mitrockenden Tanzeinlagen mitgerissen worden war.