Die IG Metall ist unzufrieden mit der Betriebsvereinbarung zu den Kündigungen bei Schweizer Electronic. Sie kritisiert den Stil, aber auch das gesamt Ergebnis. Foto: Wegner

IG Metall sieht ein "weiteres trauriges Kapitel in der Firmengeschichte des Unternehmens".

Schramberg-Sulgen - Am 28. Juli hatte der Vorstandsvorsitzende Nicolas Schweizer Entlassungen angekündigt. Es folgten monatelange zähe Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Schweizer-Vorstand: 60 Entlassungen sofort, weitere 22 abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung in 2021 und ein Sozialplan einschließlich einer Transfergesellschaft für die Entlassenen waren die Eckpunkte des Verhandlungsergebnisses.

Dieses Ergebnis musste danach in einer Betriebsvereinbarung detailliert und verbindlich festgehalten werden. Am 6. Oktober wurde diese schließlich von den Schweizer-Vorständen Nicolas Schweizer und Marc Bunz sowie von Markus Kretschmann und Petra Gaiselmann vom Betriebsrat unterschrieben.

Wut und Fassungslosigkeit bei Belegschaft

Vom konkreten Inhalt her sieht sich die IG Metall in ihrer Einschätzung bestätigt, dass der Betriebsrat mit der Arbeitgeberseite nur ein Minimum an Absicherung für die Entlassenen vereinbaren konnte. In einer Pressemitteilung kritisiert die IG Metall Verwaltungsstelle Freudenstadt, dass sich der Vorstandsvorsitzende Schweizer kategorisch geweigert habe, älteren Beschäftigten einen Weg in den vorzeitigen Ruhestand zu ermöglichen: "Wie eine heiße Kartoffel hat der Vorstand die Beschäftigungsbrücke zwischen Alt und Jung fallen lassen", klagt Siegbert Maier, Vorsitzender der IGM-Vertrauensleute bei Schweizer. "Über diesen Weg des Personalabbaus hätten einige Arbeitsplätze für jüngere Beschäftigte erhalten werden können und müssen", betont Maier. Nach wie vor sei er davon überzeugt, dass über Kurzarbeit die Entlassungen mindestens bis Mitte 2021 gänzlich hätten vermieden werden können.

Wie der Vorstand dann in kürzester Zeit Kündigungen an die betroffenen Beschäftigten ausgehändigt habe, habe nach Informationen der IG Metall in weiten Teilen der Belegschaft nicht nur für Unverständnis, sondern auch für Wut und Fassungslosigkeit gesorgt.

"Nach Aussagen unserer IG-Metall-Vertrauensleute wurden die Kündigungen noch während der Arbeitszeit den arbeitenden Beschäftigten am Arbeitsplatz persönlich ausgehändigt", berichtet Dorothee Diehm, Erste Bevollmächtigte der IGM Freudenstadt. Ein Vorgang, den sie in ihrer Amtszeit so noch nicht erlebt habe. "Kollegen von Gekündigten mussten mitansehen, wie Kündigungen am Arbeitsplatz noch in der Nacht übergeben wurden – so wenig Mitgefühl und Kälte habe man vom Arbeitgeber nicht erwartet", hätten Beschäftigte berichtet. Den Gekündigten sei bereits für einen Zeitraum von vier bis zwölf Monaten der Übertritt in eine sogenannte "Transfergesellschaft" angeboten worden. Die Forderung, zwölf Monate für alle Gekündigten vorzusehen, habe nicht durchgesetzt werden können.

"Kritik an unserem Betriebsrat halten wir für unangebracht"

Harsche Kritik an der Form der Entlassungen und der Betriebsvereinbarung äußerten die IG-Metall-Vertrauensleute bei Schweizer auch in einem Flugblatt: "Es kann doch einfach nicht sein, dass ein junger Kollege entlassen wird und dem älteren Kollegen an der Maschine nebenan noch nicht mal ein Angebot unterbreitet wird, wie er die letzten Monate zur Rente überbrücken kann." Den Vorstandsvorsitzenden fordern sie in dem Blatt auf, "noch einmal in sich zu gehen", dies zu ändern und auch die Laufzeit der Transfergesellschaft für alle Gekündigten auf zwölf Monate zu erhöhen.

Zum Inhalt der Pressemitteilung und des Flugblatts der IG Metall haben wir den Vorstandsvorsitzenden Nicolas Schweizer um eine Stellungnahme aus Unternehmenssicht gebeten und diese am Donnerstagvormittag erhalten: "Wir sind erneut erstaunt über die haltlosen Behauptungen und Unterstellungen. Warum diese getätigt werden, ist uns schleierhaft. Unsere Belegschaft kennt jedoch die Wahrheit", erklärte Schweizer. Das Unternehmen habe mit dem Betriebsrat eine Lösung erarbeitet, die "die leider unvermeidbaren Folgen für die Betroffenen" im Rahmen des Möglichen abfederten. "Die Kritik an unserem Betriebsrat halten wir für unangebracht. Er vertritt weder politische noch persönliche Interessen", fügte Nicolas Schweizer hinzu.