Wie sieht’s aus? Der Gemeinderat besichtigte gestern Abend die Krankenhaus-Immobilie. OB Herzog (vorne links) stand im Anschluss noch ein schwerer Gang bevor. Foto: Rath

Im geplatzten Camedi-Deal wichtige Informationen vorenthalten. Politischer Schaden kann noch nicht beziffert werden.

Schramberg - Gang nach Canossa: OB Thomas Herzog hat dem Gemeinderat im mittlerweile geplatzten Camedi-Krankenhaus-Deal wichtige Informationen vorenthalten. Gestern Abend entschuldigte er sich dafür – öffentlich.

Den Stein ins Rollen gebracht hat die CDU-Fraktion, die hartnäckig nachbohrte, ob der schweizer Investor Peter Züllig der Stadt noch Geld schuldet. Die Antwort darauf will die Verwaltung dem Gemeinderat am 28. April vorlegen. Im Zuge dessen tauchte aber eine andere Ungereimtheit auf.

Der Hintergrund: Nach Abschluss des Kaufvertrags mit der Camedi wartete das Finanzamt zunächst vergeblich auf die fünfprozentige Grunderwerbsteuer, in der Summe rund 200.000 Euro. Die Camedi hätte zahlen müssen, es aber nicht getan. Anderthalb Monate später schickte das Finanzamt einen Haftungsbescheid.

Daraufhin wandte sich OB Herzog nach eigenen Worten an Züllig mit der Botschaft, "dass es das ja wohl nicht sein kann". Züllig überwies der Stadt nur die Hälfte, die Verwaltung zahlte den gesamten Betrag ans Finanzamt. Abgewickelt wurde die Zahlung über Konten des Eigenbetriebs Wirtschaftsförderung, wie dies in Schramberg immer der Fall sei. Einziger Unterschied: Der Gemeinderat wusste nichts davon. Gestern räumte Herzog ein, dass er den Stadträten diese Information bewusst nicht gegeben habe. Er habe befürchtet, dass der Gemeinderat "aufgrund der äußerst krititschen Stimmungslage" aus dem Camedi-Deal ausgestiegen wäre. Der OB wollte aber "die Jahrhundertchance für unsere Stadt erhalten".

Stadt überwies die Steuer

Rechtlich sah sich der OB auf der sicheren Seite: Laut Hauptsatzung dürfe er Grunderwerbsgeschäfte bis 100 000 Euro in eigener Zuständigkeit abschließen. Außerdem habe "zu keinem Zeitpunkt" ein finanzielles Risiko für die Stadt bestanden. Ein Schaden ist offenbar keiner eingetreten: Der Vertrag ist geplatzt, das Finanzamt hat der Stadt die Steuer mittlerweile wieder zurückbezahlt.

Wie groß der politische Schaden ist, lässt sich im Augenblick noch nicht beziffern. Der OB entschuldigte sich beim Gemeinderat für den Alleingang, er habe die Lage falsch eingeschätzt. "Es wäre richtig gewesen, den Gemeinderat zu informieren", so der OB. Es versprach, dass dies "ein einmaliger Vorgang" gewesen sei. Sein Motiv sei gewesen, "im besten Wissen und Gewissen zum Wohle der Stadt" zu handeln.

Im Gemeinderat fielen die Reaktionen darauf unterschiedlich aus. Einig sind sich die Fraktionen, dass es falsch ist, dem Entscheidungsgremium solche elementaren Informationen vorzuenthalten. Die CDU sprach offen von "Vertrauensbruch". SPD/Buntspecht äußerten sich enttäuscht, aber milder. Herzog nahm die Stellungnahmen mit brüchiger Stimme entgegen. Er nahm die politische Verantwortung auf sich und bedankte sich für die "offenen" Worte: "Die Botschaft ist angekommen."

Seite 2: Reaktionen aus dem Gemeinderat

Clemens Maurer, Sprecher der CDU-Fraktion: "Ich muss schon sagen, dass wir sehr enttäuscht waren." Der OB habe dem Rat in einem "zentralen Projekt der Stadt wichtige Informationen vorenthalten, trotz mehrfacher Nachfrage". Das Vorgehen, dass die Stadt einem Investor die Hälfte der Grunderwerbsteuer vorstreckt, sei "völlig unüblich und ein eigenwilliges Konstrukt". Mit Wissen um die Information, dass die Camedi nicht mal die Steuern zahlt, hätte er anders entschieden. Maurer sprach von "einer bewussten Täuschung" durch die Verwaltung. Er sei "zutiefst enttäuscht". Auch die Öffentlichkeit sei getäuscht worden. Das Vorgehen der Verwaltung sei "ein Vertrauensbruch". Er nehme die Entschuldigung entgegen, wolle aber "eine Nacht drüber schlafen".

Tanja Witkowski , Sprecherin von SPD/Buntspecht, dankte der CDU für ihre hartnäckige "Aufklärungsarbeit". Sie selbst sei "irritiert", das Vorgehen der Stadt "nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme". Was das "wechselseitige Vertrauen" betreffe, habe sie jetzt "Bauchweh und ein ungutes Gefühl". So was dürfe "nicht wieder passieren".

Udo Neudeck (Freie Liste) sah es etwas milder: "Ist das jetzt ein Vertrauensbruch?" Für ihn habe der OB "einen Fehler" gemacht. "Er hätte es uns sagen müssen mit der Grunderwerbsteuer", so Neudeck, "auf jeden Fall hätte eine Info an den Ältestenrat gehen müssen." So gesehe, sei es "schon ein Vertrauensbruch", aber er bleibe Optimist. "Die Entschuldigung ist angekommen", so Neudeck.

Bernd Richter von der ÖDP findet die Angelegenheit "nicht so tragisch". Er bedaure das Vorgehen des OB auch, fühle sich aber "nicht so getäuscht". Herzog habe "in bestem Willen" gehandelt, hielt er ihm zugute, deshalb könne er "nicht von Misstrauen sprechen".

Jürgen Winter (CDU) schlug ebenfalls versöhnlichere Töne an. Für den OB sei das Geständnis "sicher nicht einfach" gewesen. Es sei gut, dass Herzog dies öffentlich getan habe. Er sei zuversichtlich, dass solche Informationen künftig fließen werden.