Bis zu zwei Zentimeter lang, urtümlich gestaltet und flugfähig traten die Wanzen in Massen auf und waren überall zu finden. (Symbolfoto) Foto: pixabay

Tagaktive "Amerikanische Kiefernwanze" aus USA eingeschleppt. Hoffen auf Fraßfeinde.

Schramberg - Die Wanzenplage im vergangenen Spätsommer und Herbst könnte sich auch in diesem Jahr wiederholen. Das zumindest erwarten Insektenkundler.

Bis zu zwei Zentimeter lang, urtümlich gestaltet und flugfähig traten die Wanzen in Massen auf und waren überall zu finden: im Wald, auf den Feldern, in den Ortschaften auf Hauswänden und Autos, drinnen in Gebäuden und Wohnungen. "Kaum hatte man das Fenster aufgemacht und sich umgedreht, waren sie im Zimmer", erinnert sich Karl Pröbstle, Umweltbeauftragter der Stadtverwaltung Schramberg.

Fühlten die Wanzen sich in Gefahr oder wurden sie erschlagen, sonderten sie ein übelriechendes Sekret ab. Ein "Lästling", wie das Fachwort dafür heißt, wie er im Buche steht, wenn er beim Frühstück über den Tisch kroch oder beim Schlafengehen am Kopfende des Betts an der Wand hing. Immer wieder tauchten im Winter Exemplare in den Wohnungen auf, wo sie Unterschlupf gefunden hatten.

Im Frühjahr jetzt kamen sie wieder "aus ihren Löchern" und wollten hinaus ins Freie. Zur Zeit ist nichts mehr von ihnen zu sehen. Sie sind im Wald, fressen sich satt und vermehren sich, bis sie im Herbst wieder zur nervigen Plage werden. "Die werden wir wohl nie wieder los", vermutet Gerhard Haszprunar, Professor und Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns. Als "Amerikanische Kiefernwanze" identifiziert er auf dem Foto das Insekt aus unserer Region.

Aus Nordamerika

Wahrscheinlich durch Holzimporte ist die Kiefernwanze nach Europa gekommen. "Diese tagaktive Wanzenart ist zwar sehr lästig, für Menschen aber völlig ungefährlich", versichert Haszprunar. Allerdings hat sie noch keine natürlichen Fraßfeinde. "Wir gehen davon aus, dass sich in den kommenden Jahren mehrere Gegenspieler wie Schlupf- oder Erzwespen etablieren werden, sodass analog etwa zur Kastanienminiermotte die Probleme mittelfristig abnehmen sollten. Heiße Sommer wie im letzten Jahr begünstigen aber die Vermehrung", erläutert er.

Die Wanzen ernähren sich dadurch, dass sie Kiefernnadeln anstechen und aussaugen. Auch Tannenzapfen scheinen ihnen zu schmecken. "Nachts fliegen die Wanzen nicht", ergänzt Haszprunar. Eine wichtige Information für die Lüftzeiten der Wohnung mit Blick auf die mögliche nächste Invasion.

Auch Biologe Ottmar Fischer vom Bereich Forstzoologie und Entomologie der Universität Freiburg vermutet, dass die Plage im Spätsommer und Herbst wieder losgehen könnte und die Amerikanischen Kiefernwanzen wieder in Häuser, Wohnungen und Schuppen einziehen. "Sie saugen nicht an Menschen und Haustieren, verbreiten keine Krankheiten, sie suchen nur ein warmes Plätzchen für den Winter", gibt Fischer Entwarnung. Es könnte höchstens sein, dass sie Obst anstechen und daran saugen, weil sie in den Gebäuden ihre übliche Nahrung nicht finden. "Ein Glas drüberstülpen und ein Papier drunterschieben, dann draußen entsorgen", empfiehlt Fischer.

Winterfest

Wer nachts lüftet, sollte die Lichtquellen im Raum ausschalten, obwohl die Wanzen tagaktiv und nicht nachtaktiv sind. Allerdings suchten sie das Licht. Tagsüber helfen nur Fliegengitter oder geschlossene Fenster. Doch auch das ist keine Garantie: Im Herbst, wenn die Wanzen den Drang in die Häuser spüren, schieben sie sich, flachgebaut wie sie sind, unter dem Türspalt durch. Und selbst solche, die im Winter draußen geblieben sind, können bei mäßigem Frost überleben. "Die kennen den Winter schon. Über die Pflanzensäfte nehmen sie auch Zucker zu sich, der wie das Frostschutzmittel Glykol wirkt", erläutert Fischer.

Schlupfwespen-Hotel

Das typische Insekten-Hotel ist nicht für Schlupfwespen geeignet, die man jetzt gerne als künftige Fraßfeinde hätte. Umweltbeauftragter Karl Pröbstle empfiehlt, dafür einen 30 bis 40 Zentimeter langen und 20 Zentimeter breiten Holzstamm zu halbieren und in die Hälften dann mit einem scharfen Bohrer Löcher mit 1,5 bis vier Millimeter Durchmesser durch die Rinde zu bohren. "Die Schlupfwespen meiden ausgerissene, ausgefranzte Ränder", erklärt Pröbstle. Dann hat man zwei Schlupfwespen-Hotels, die draußen aufgehängt werden können.