Orgelsolist Leo von Doeselaar in der Kirche Heilig-Geist Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Leo von Doeselaar zu Gast in Schramberg / Zuhörer erleben Meisterkonzert mit Werken internationaler Komponisten

Mit einem "paneuropäischen" Programm ist beim Herbstkonzert des Vereins Schramberger Orgelkonzerte der Orgelsolist Leo von Doeselaar, Professor für künstlerisches Orgelspiel an der Uni der Künste Berlin und Titularorganist in Leiden und Groningen, zu Gast gewesen.

Schramberg. Bereits 2016, beim internationalen Wettbewerb um den Schramberger Eberhard-Friedrich-Walcker-Preis, lernte Doeselaar die Orgelstadt Schramberg als Juror kennen und schätzen. Bei seinem Konzert an der spätromantischen historisch restaurierten Orgel der Gebrüder Späth in "Heilig Geist" hatte er mit Orgelwerken aus Deutschland, Holland, Schweden, Tschechien und Frankreich den Akzent auf die europäische Orgelkunst gelegt. Stilistisch waren alle Komponisten Zeitgenossen und in der Spätromantik angesiedelt, wobei die Nähe zur Moderne bei manchen Stücken schon hörbar war.

Nach der Begrüßung der trotz Sommerwetters zahlreichen Zuhörer durch den Vorsitzenden Gebhard Pfaff gab der Meister selbst eine kurze Einführung. Als Niederländer stellte der Interpret die Komposition Patria des niederländischen Komponisten Jan Willem Brandts-Buys an den Beginn, in der auch eine Zeile der holländischen Nationalhymne verarbeitet war. Doch steckte in diesem typisch niederländischen Stück auch ein Vermächtnis aus der Wiener Zeit, in der Brandts-Buys, wie der Organist zuvor erwähnt hatte, viele Jahre mit der Komposition von Operetten und Bearbeitungen von Wagner-Opern für Klavier verbracht hatte. Der Titel Fantasie verriet schon eine abwechslungsreiche, fast theatralische Gestaltung.

Heldische Hymne

Mit den anfänglichen farbigen Klangkaskaden erfüllte sich der Kirchenraum vom ersten Moment an mit Leben. Das Stück lebte von Kontrasten. Nach zarten, träumerisch versponnenen Passagen rollten mächtige Klangwellen heran, die sich im Finale zu einem triumphalen Sound zusammenfügten, aus dem wieder die heldische Hymne hervorleuchtete.

Mit drei Werken des Oberndorfer Komponisten Sigfrid Karg-Elert schuf der vielseitige und virtuose Interpret einen glanzvollen Höhepunkt. Bei "Präeambolo" entsprangen aus einem "Klangknäuel" quirlige Läufe, die zart und luftig wie Seifenblasen aufstiegen. Im Forteklang wurden die Figuren wild und ungezähmt und bildeten schattenhafte Melodiefragmente. Dieser Wechsel zwischen anstürmenden Akkordkonglomeraten und zart gesponnenen huschenden Läufen wiederholte sich bis zum chromatischen Abstieg zum majestätischen Finale mit schwarzem Bass, das den Kirchenraum beben ließ.

Weiche, süße Klänge verbreiteten beim Titel Harmonie du soir eine warme Atmosphäre. Der Klang schien aus zwei Ebenen zu kommen, aus der Nähe im Forte und aus der Ferne im hauchzarten Piano wie aus einer anderen Welt.

Akrobatisch rasante Läufe in einem atemlosen Haschespiel eröffneten das "Rondo alla Campanella". Am Ende stand ein dämonisch wilder Tanz mit aufschreienden Akkorden und schweren Clustern.

Wie aus einer Spieluhr

Eingeschoben in das Programm wurde noch ein Präludium von Paul Hindemith. Wären die Zuhörer nicht zuvor vom Interpreten darauf aufmerksam gemacht worden, hätte wohl keiner von ihnen hinter den feinen Sechzehntelläufen in schönster Tongebung, die wie aus einer Spieluhr zu kommen schienen, ein Werk des 23-jährigen späteren Zwölfton-Musikers angenommen. Kraftvoll eröffnete der Interpret "Preludium och Fuga dis-Moll" von Otto Olsson.

Nach einem lieblichen Zwischenspiel entfaltete sich der Klang erneut in Crescendo-Läufen, die immer näher zu kommen schienen und den Kirchenraum mit herrlichem Klang erfüllten.

Nach einem gesanglichen Intermezzo folgten erneut dominante Läufe mit dröhnendem Bass, über den sich alarmierende Akkorde legten. Die Fuge enthielt ein sehr rhythmisches Thema, das von allen Stimmen aufgenommen wurde und immer wieder aus dem Tongeflecht hervorleuchtete. Die herrlichen Klanggirlanden mit schöner Mehrstimmigkeit waren ein Genuss. Der majestätische Melodiefluss mit strahlendem Registerklang über dem schwarzen Bass mündete schließlich in einem triumphalen Ausklang mit langem Nachhall.

Ruhige Passagen

Der meditativ-besinnliche zweite Teil war geprägt von ruhigen Passagen mit langgezogenen vibrierenden Tönen. Die Solostimme erinnerte an eine menschliche Stimme, die ein Ziel suchte und schließlich in äußerster Höhe auch fand, wo der Ton stehen blieb. Mit brausenden Akkorden leitete der Organist das Orgelsolo aus der "Missa Glagolitica" von Leos Janacek ein.

Im ständigen Wechsel zwischen gravitätischen Klängen und leichten Figuren steigerte sich der Klang bis zum Fortissimo.

Die beeindruckten Zuhörer durften nach diesem herrlichen Meisterkonzert mit Werken internationaler Komponisten noch eine virtuose Zugabe entgegennehmen.