Die Musikerfamilie Vitali, Sergej und Olga Regel bei ihrem Konzert im evangelischen Gemeindehaus in Sulgen. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Musik: Familie Regel begeistert auch bei ihrem mittlerweile 18. Auftritt in Sulgen

Bereits zum 18. Mal ist die weißrussische Familie Regel (Sergej Regel, Balalaika, Olga Regel, Klavier, und Sohn Vitali Regel, Klarinette) im evangelischen Gemeindehaus Sulgen aufgetreten.

Schramberg-Sulgen. Sowohl Balalaikalehrer und Dirigent Sergej Regel als auch Konzertmeisterin Olga Regel absolvierten ihr Musikstudium am Rimskij-Korsakow-Konservatorium in St. Petersburg.

Der Konzertabend mit Familie Regel war äußerst abwechslungsreich, denn einerseits spielten die Künstler in wechselnder Zusammensetzung, andererseits kamen klassische Werke wie russische Volksweisen zum Vortrag.

Schon beim ersten Stück, das vom Klavier mit vollen Akkorden eingeleitet wurde, spürten die Zuhörer beim Einsatz der Balalaika das Besondere im Klang dieses Instruments, das wie kein anderes die Gefühle der Menschen wie Trauer, Freude, Sehnsucht und Schmerz zum Ausdruck bringen kann.

Die Balalaika fing an zu singen und offenbarte in ihren Tremoli Sehnsucht und Verlangen. Ob gezupft oder – bei schnellen Passagen – geschlagen, ob in hohen oder tiefen Lagen, ob piano oder forte, immer neu und anders war ihr Ausdruck. Die Zuhörer spürten: Hier waren zwei Virtuosen am Werk.

Ihre Virtuosität zeigten die beiden Duo-Partner auch bei der folgenden Humoreske, wo nach langsamer Einleitung plötzlich das doppelte Tempo angeschlagen wurde. Mit rasanten Läufen vollführten Zupf- und Tasteninstrument eine atemlose Verfolgungsjagd, die bald in ein neckisches Haschespiel überging, wobei die Finger beider Interpreten im gleichen Rhythmus über Saiten und Tasten sausten.

Mit der Präsentation des 26-jährigen Sohnes Vitali, der sich inzwischen zum perfekten Klarinettisten entwickelt hat, zog die Familie ein weiteres großes Ass aus dem Ärmel. Er trat, am Klavier begleitet von der Mutter auf mit dem israelisch geprägten Titel "Shalom aleichem" von Bela Covac.

Von der Balalaika war der Gefühlspart nun auf auf die Klarinette übergegangen, denn die Art, wie der junge Blasmusiker sein Instrument spielte, ging weit über eine gewohnte Interpretation hinaus. Er verstand es, durch virtuose Effekte wie Umspielungen, Dehnung und Beschleunigung die Klarinette zum Lachen, Weinen und Singen zu bringen.

Ob im langsamen oder rasanten Tempo, ob im weichen Legato oder straffen Stakkato, das Zusammenspiel der beiden Interpreten ging zu Herzen. Auch beim Tanz aus dem Ballett "Schwanensee" von Tschaikowsky bewies der Klarinettist schon beim fulminanten Aufgang sein Können. Wie geölt liefen die Läufe und Sequenzen. Mit dem stürmischen Klavierzwischenspiel flammte das Feuer erneut auf und die Klarinette durchmaß mit Arpeggien und rasanten Läufen den gesamten Tonumfang mit einer Virtuosität ohnegleichen.

Beim Jazz-Stück "Auf den Zehenspitzen", das von einem amerikanischen Saxofonisten stammte, präsentierte sich die Familie als Trio, wobei die drei Instrumente miteinander wetteiferten an melodischer und rhythmischer Perfektion. Über dem harmonischen Fundament von Klavier und Balalaika erhob sich das Gelächter der Klarinette. Anders der Ausdruck bei der konzertanten Fantasie über das Thema "Der Czardas", bei der der Sohn die Klarinette wechselte.

Nach der langsamen gefühlvollen Einleitung wurde die Melodik immer heißblütiger und leidenschaftlicher. Dazwischen standen sehnsuchtsvolle Passagen des Duos Balalaika/Klavier. Der Ausdruck der Balalaika wechselte vom rasanten Feuer bis zum zart perlenden Pianissimo.

Völlig anders war das Klangerlebnis beim "Säbeltanz" aus der Feder desselben Komponisten. Nach furiosen Akkorden des Klaviers brachten Klarinette und Balalaika das kämpferische Thema, das mit Ungestüm und Urgewalt wie eine Maschinerie mit metallischem Sound ablief.

Das folgende Stück im Stil der Klezmer-Musik trug anfangs eher melancholisch-elegische Züge, doch gerieten Klarinette und Balalaika über dem Rhythmus des Klaviers bald in Jubel, der sich bis zu einem glanzvollen Höhepunkt steigerte. Der "Fantasie über eine jüdische Hochzeitsmelodie", arrangiert von den Ausführenden, lag das bekannte israelische Lied "Hava nagila" zugrunde.

Nach dem festlichen Auftakt von Klavier und Klarinette erschien die verzierte Melodie in voller Schönheit. Bald waren die drei Vollblutmusiker in vollem Bann der rhythmischen Weise, die sie unglaublich packend und meisterhaft spielten. Auch die Zuhörer wurden total mitgerissen.

Dass das Spiel auf der Balalaika auch Schwerarbeit ist, merkten die Zuhörer daran, dass Sergej Regel sich des öfteren den Schweiß von der Stirn wischen musste. Ein neues Klangerlebnis war das Volkslied "Kleines Tal"dem Vitali mit einer einfachen Plastik-Blockflöte ein herrliches Vogelgezwitscher hervorzauberte.

Schräge Akkorde und schallnachahmende Tierklänge enthielt das Lied "Kleiner Hof" aus Odessa. Nach Gegacker vom Klavier und diversen Tierrufen erschien von der Balalaika mit schönem Vibrato eine innige Volksmelodie, bevor zum Schluss mit Krähen, Blöken und Tanzen die Tiere samt den Bauern wieder musikalisch aufmarschierten. Beim "Kosakenlied", dessen Kasatschok-Rhythmus in die Beine fuhr, unterstrich der Balalaika-Virtuose neben gepfefferten Schlägen auf die Saiten den Rhythmus auch durch Schläge auf das Holz des Resonanzkörpers.

Klar, dass zum Abschluss des höchst beeindruckenden Konzerts noch die bekannte Schiwago-Melodie erscheinen musste. Die restlos begeisterten Zuhörer applaudierten im Stehen und erklatschten sich zwei Zugaben, darunter das bekannte Volkslied "Kalinka", das sie mit ihrem speziellen Arrangement wieder ganz neu erklingen ließen.