Mit zahlreichen Diagrammen machte Franz Baumann auf die Situation des Weltklimas aufmerksam. Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Klimaforscher Franz Baumann kommt mit düsteren Prognosen / CO2-Steuer befürwortet

Schramberg - Die Erderwärmung stelle eine große Katastrophe des 21. Jahrhunderts dar. Das erklärte der gebürtige Schramberger Franz Baumann bei seinem Vortrag zum Thema "Erderhitzung: Ist sie aufzuhalten oder auszuhalten?" im Foyer des Stadtmuseums.

Um mögliche irreparable Schäden noch zu Teilen abwenden zu können, sei eine enge internationale Zusammenarbeit der Politik notwendig. Es reiche nicht aus, nur auf individueller Ebene nachhaltig zu leben. Das Problem müsse auf globaler Ebene behandelt werden.

Abitur in Schramberg

Oberbürgermeister Thomas Herzog begrüßte die Gäste mit einer Vorstellung des Referenten zur Veranstaltung des SPD-Ortsverbands in Kooperation mit den Naturfreunden. Seit 2017 forscht und lehrt Baumann als Gastprofessor zur Politik der Erderhitzung an der New York University. Nach seinem Abitur am Gymnasium Schramberg 1973 studierte Baumann in Konstanz und Bristol und promovierte an der kanadischen Carleton University. Sein beruflicher Werdegang begann beim Europäischen Parlament und führte über die Europäische Kommission zu Siemens nach München, bevor er über 30 Jahre in verschiedenen Funktionen in vier Städten auf drei Kontinenten tätig war. 2009 wurde er zum Beigeordneten Generalsekretär ernannt. In seiner letzten Funktion war er als Sonderberater für Umwelt und Blauhelmeinsätze tätig. Baumann ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Zentrums für UN-Studien an der Buckingham University England sowie des Direktoriums des Wissenschaftsrats des Systems der Vereinten Nationen.

Seiner Heimatstadt ist Baumann eng verbunden. An der Fasnet beteiligt er sich am Hanselsprung und Brezelsegen und ist Mitglied im SPD-Ortsverein Schramberg. Regelmäßig wird er von einem Freund mit Zeitungspaketen über das Schramberger Ortsgeschehen versorgt.

Zudem betonte Herzog, wie ernst die Lage der Welt sei und was drohen könnte, wenn es nicht gelinge, den Klimawandel abzubremsen. Unter dem Leitwort "Global denken – Lokal handeln" sei der Klimaschutz eine kommunale Aufgabe. Die verkehrspolitischen Eckpunkte der Landesregierung für den Zeitraum bis 2030 hätten auch für die Entwicklung und Planung der Gemeinden große Bedeutung, wie etwa die Verdopplung des Öffentlichen Personalverkehrs oder die Reduzierung der Autos in Städten und Gemeinden um ein Drittel.

Süden stärker betroffen

In seinem ernüchternden Vortrag informierte Baumann darüber, wie die Erderwärmung entstand und mit welchen Folgen zu rechnen sei. Da es sich bei der Erderwärmung nicht um ein technisches Problem oder eines der Tugend und Enthaltsamkeit handele, könnten nur politische Umsetzungen Auswirkungen auf Besserung haben.

Baumann erklärte, dass die Länder, die wohlhabender seien, weniger betroffen seien als die ärmeren und südlich gelegeneren. Dabei seien es die Menschen im Norden, die das Problem geschaffen hätten.

Durch die Erhöhung des Wohlstands und den Anstieg der Bevölkerung würden immer mehr Ressourcen verbraucht. Sei 1970 habe sich das Durchschnittseinkommen weltweit mehr als verdoppelt. Mit dem Wohlstand sei auch der Fleisch- und Plastikkonsum angestiegen. In den kommenden 50 Jahren werde eine Verdopplung des elektronischen Abfalls erwartet. Hingegen gehe die Artenvielfalt drastisch zurück.

Es sei wichtig, dass sich Regierungen um ein Weltengagement bemühten. Denn nur wenn alle effizient seien, sei die Katastrophe abzumildern. Im Pariser Abkommen von 2015 sei verhandelt worden, dass sich die Erde nicht um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung erwärmen dürfe. Heute sei die Erwärmung jedoch bereits bis zu 1,2 Grad fortgeschritten. "Auch wenn wir jetzt aufhören würden, die Erde weiter zu erwärmen, würde der dynamische Prozess trotzdem weiter fortschreiten", so Baumann.

Eine Erwärmung bis 1,5 Grad sei bereits katastrophal, doch bis Ende des Jahrhunderts bewege sich die Erderwärmung auf 3,8 Grad zu. Da Pazifikinseln jedoch bereits bei einer Erwärmung von zwei Grad verschwinden würden, brauche es schnelle Systemänderungen. Bisher habe sich keine Industrieland an das Abkommen von Paris gehalten. Bei der Erde seien keine Diskontinuitäten möglich, sie könne nicht einfach eine Pause einlegen, bis die Regierungen das Problem gelöst hätten.

Lebhafte Diskussion

Das Problem, so Baumann, betreffe vor allem die nächste und übernächste Generation. Umso tragischer erschien es, dass nur wenige junge Menschen der Einladung ins Stadtmuseum gefolgt waren. Obwohl die Stuhlreihen bis fast zur Eingangstür reichten und sich einige der Gäste auf der Treppe niedergelassen hatten, waren darunter nur wenige Leute im Alter zwischen Anfang und Ende 20 vertreten.

In der lebhaften Diskussion, die von Herbert O. Zinell moderiert wurde, fragten die Zuhörer nach Maßnahmen, die im individuellen Verhalten und auf kommunaler Ebene getan werden könnten. Baumanns Antworten schienen nicht nur ernüchternd, sondern auch unverständlich zu sein. Er erklärte, dass das Verhalten des Einzelnen nichts Weltbewegendes beitragen könnte, wobei eine Vorbildfunktion diesen jedoch trotzdem nicht abzusprechen sei.

Daraufhin wurde gefragt, warum in den vergangenen 30 Jahren nichts passiert sei in der Politik und Wissenschaft. Es sei erschreckend, dass die politischen Systeme nicht in der Lage seien, die Katastrophe abzuwenden. Baumann erklärte, dass diese Tatsache vermutlich etwas mit der Vermögensverteilung zu tun habe, da sich die reichen Menschen gegen die Konstrukte für eine Besserung des Klimawandels wehren würden, weil es ihrem Wohlstand schaden könnte.

Einige der Gäste wünschten sich, dass Aktivisten und Wissenschaftler lauter werden würden und in größerem Ausmaß über das Problem informieren würden. Dass die Politik stärker auf die wirtschaftlichen Aspekte höre als auf die Wissenschaftler habe, so Baumann, damit zu tun, dass die Wirtschaft global agiere, während Politik häufig auf eine nationale Ebene begrenzt sei. Er erläuterte den Vorschlag der EU-Kommission einer "Netto-Null", mit der nicht mehr CO2 produziert werde als auch wieder abgebaut werden könnte. Dieses Projekt könnte Baumanns Meinung nach mit der Einführung einer CO2-Steuer funktionieren.

Den Vortragsabend ließen die Besucher bei Brezeln und Getränken mit weiteren regen Diskussionen über das Thema gemeinsam ausklingen.