Große Kreisstadt, viele Aufgaben: Schramberg aus der Luft. Foto: Schwarzwälder-Bote

Finanzen: Millionen-Loch ist gestopft. Unerwartetes Plus bringt die Erlösung. Investitionen.

Schramberg - Schramberg kommt 2016 finanziell noch mal mit einem blauen Auge davon. Ein Plus von 2,25 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer sorgt für ein Aufatmen im Rathaus. OB Thomas Herzog schwört Stadt und Rat aber auf härtere Zeiten ein.

Den Entwurf für den Etat brachte der OB gestern Nachmittag in einer Sondersitzung des Gemeinderats ein. Die Erleichterung war aber schon seit einigen Tagen spürbar. Das Millionenloch, das in den Stadtfinanzen klaffte, scheint gestopft – fürs Erste.

Mehrere Sparrunden und ein Dreh an der "Steuerschraube"

Der Plan sieht Einnahmen von 52 Millionen Euro vor und Ausgaben von 56 Millionen. Träfen die Zahlen 2016 so ein, bedeutete dies ein Minus von vier Millionen in der Kasse. Allerdings wird dies offenbar durch Investitionen verursacht. Das eigentliche Dilemma ist wohl abgewendet: das Loch in der Kasse für den laufenden Betrieb, das im Sommer noch auf 5,6 Millionen Euro geschätzt worden war. Das hätte bedeutet, das alleine schon die laufenden Aufgaben wie Rathaus, Sportstätten und Kindergärten die Einnahmen übersteigen, trotz Hochkonjunktur und sprudelnder Steuereinnahmen. Mittlerweile ist das Minus abgewendet und in ein Plus von 400 000 Euro gedreht worden.

Laut Herzog führten mehrere Gründe in die Misere, unter anderem eine um 1,96 Millionen höhere Belastung durch den Finanzausgleich, 500 000 Euro mehr Zuschüsse für Kindertagesstätten der Kirchen, 300 000 Euro höhere Personalkosten und 2,37 Millionen an Investitionen.

Die Verwaltung habe in drei "Sparrunden" 880 000 Euro rausgeschwitzt. Gestrichen worden sei quer durch alle Fachbereiche und bei Freiwilligkeitsleistungen; unter anderem wurde die Vereinsförderung um zehn Prozent gekappt. Die Investitionen wurden um 760 000 Euro gedrosselt, die Stadtwerke GmbH und CO KG muss ihren kompletten Gewinn aus 2014 ausschütten. Die Gewerbesteuer bringt zusätzliche 2,25 Millionen ein. Außerdem soll die Gewerbesteuer um 15 Prozentpunkte auf 355 Punkte gehoben werden, fünf weniger als geplant. Das soll weitere 750 000 Euro bringen und das letzte Loch stopfen.

Laut OB kann es so aber nicht weitergehen. Derzeit erziele die Stadt Rekordeinnahmen aus der Gewerbesteuer. Die Kommunalpolitik könne jedoch "nicht darauf vertrauen", dass das so bleibe. Deshalb werde die Verwaltung den 2012 begonnenen Sparkurs fortsetzen und noch "umfassend verstärken müssen". Dieses Jahr habe die Verwaltung den Immobilienbestand der Stadt angeschaut und festgelegt, was saniert, was verkauft und was gleich abgerissen werden soll. Im Gegenzug seien "nur sehr wenige neue Stellen" in der Verwaltung geschaffen worden. Der Anstieg der Personalkosten sei vor allem den Tarifabschlüssen geschuldet. Eine Reihe von Wünschen auf zusätzliche Stellen sei abgelehnt worden. Auch neue Aufgabe durch Flüchtlinge müssten "mit bestehendem Personal abgearbeitet werden", so das Stadtoberhaupt.

Herzog versprach, alle Ausgaben "auf den Prüfstand" zu stellen, um die "strukturelle Schwäche" der Stadtfinanzen auszumerzen. "Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch notwendig", so Herzog. Die Stadt könne und werde nicht jedes Jahr "an der Steuerschraube drehen". Extra-Investitionen könne es seiner Auffassung nach nicht geben, weder 2016 noch auf absehbare Zeit. Er sei sich "im Klaren darüber", dass die Stadt erst am Anfang des Sparkurses stehe und hier "das Tempo erhöhen" müsse. Herzog kündigte Vorschläge für "schmerzhafte Eingriffe" und Abbau von "Standards" an, über die letztlich der Gemeinderat entscheiden müsse.

Aber es gebe auch Grenzen. Die Verwaltung sei am Rande der Belastbarkeit angekommen. Außerdem dürfe die Kommunalpolitik "die Attraktivität unserer Heimatstadt nicht aus den Augen verlieren". Beim Betrieb der Kindergärten und Schulen, der die Stadt jährlich 5,5 Millionen Euro kostet, solle es keine Einschränkungen geben, auch beim Thema Schulentwicklung will die Stadt "am Ball" bleiben. Die Machbarkeitsstudie für die Erhard-Junghans-Schule solle kommen.

- Neuer Essbereich Kindergarten Eckenhof: 320 000

-  Investitions-Zuschüsse für kirchliche Kindergärten: 500 000 (Kürzung um 340 000)

- Sanierung Musikräume Gymnasium: 266 000

-  Stadtsanierung: 3,22 Millionen (Am Brestenberg/Sängerstraße und Talstadt West)

- Sanierung Marktstraße/Alte Steige/Paradiesgasse: 550 000

-  Erhalt Gemeindestraßen: 600 000

-  Sanierung Schillerstraße zwischen Weihergasse und Berneckstraße: 1,46 Millionen

-Sanierung Oberndorferstraße bis Paradiesplatz: 480 000 (2017: 680 000)

n Sanierung Fußweg Steighäusle: 110 000

n Pflasterbelag Fußweg Schloss: 30 000

n Straßenlampen in LED-Technik: 50 000

n Grunderwerb: 3,3 Millionen für Wohn- und Gewerbegebiete (Schießäcker, Madenwald/Hirtenwald)

n Stadtplanung: 500 000

n Breitbandversorgung Waldmössingen: 280 000

n Familienförderung (Zuschüsse Kauf Alt-Immobilien im Tal oder Bauplätze): 80 000.

(Alle Angaben in Euro)

Kommentar

Puh, noch mal gutgegangen. Ein unerwartetes Gewerbesteuer-Plus hat den Etat 2016 gerettet. Übergeordnete Behörden hätten den ersten Haushalt nach Doppik-System vielleicht auch noch mal mit einem mahnenden Zeigefinger durchgewunken. Aber das kann’s für eine florierende Industriestadt nicht sein. Das neue Haushaltsrecht soll die Kommunen dazu anhalten, "nachhaltig" zu wirtschaften. Davon ist Schramberg derzeit weit entfernt. Die Konjunktur kann morgen schon einbrechen, und dann sieht es finster aus. Einige finden, die Verwaltung sei zu aufgebläht, sie gehöre abgespeckt. Das ist etwas zu einfach. Alle haben ihren Beitrag zu den ausufernden Fixkosten geleistet. Auch der Gemeinderat war zuletzt in Spendierlaune, für die eigene Klientel schien nichts zu teuer. Also wird’s auch nur gemeinsam gehen, davon wieder runterzukommen.