Die Musiker und Sänger erhalten minutenlangen Beifall. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Oratorium "Die Schöpfung" von Joseph Haydn in der voll besetzten evangelischen Kirche aufgeführt

Vor vollbesetzten Rängen in Kirchenschiff und Galerie der evangelischen Kirche haben rund 110 Mitwirkenden aus Chören und Orchester das Oratorium "Die Schöpfung" in einer Erhabenheit und Brillanz aufgeführt, die ihresgleichen sucht.

Schramberg. Mit einer überragenden Aufführung des monumentalen Oratoriums "Die Schöpfung" von Joseph Haydn setzte die evangelische Kantorei Schramberg (Leitung: Judith Kilsbach) gemeinsam mit der Bauder-Kantorei Sulz (Leitung: Erika Rieder) und dem Orchester Cappella Vivace Rottweil (Leitung: Heidi Augstein) unter der Gesamtleitung von Bezirkskantorin Judith Kilsbach neue Maßstäbe.

Als Solisten für die Rollen der drei Erzengel konnten die Sopranistin Claudia Habermann (Gabriel), der Tenor Marcus Elsäßer (Uriel) und der Bassist Steffen Balbach (Raphael) gewonnen werden, die dem Werk mit ihrem herrlichen Gesang einen besonderen Glanz verliehen. Die b.c.-Begleitung übernahm ein Orgelpositiv. Das Libretto von Lidley, das der 66-jährige Komponist bei seiner England-Reise bekam, besteht aus Texten aus dem Buch Genesis, aus Psalmversen und Teilen des Epos "Paradise Lost" von John Milton, die Baron van Swieten ins Deutsche übersetzte. Er war es auch, der Haydn den Kompositionsauftrag erteilte.

Dröhnender Klang

Schon die Ouvertüre mit der Vorstellung des uranfänglichen Chaos ließ die Zuhörer erschauern. Aus einem dröhnenden Klang gingen kaum hörbare Streicher- und Fagottklänge hervor, die zum kraftvollen Crescendo anschwollen und zu explodieren schienen. Ein sensationeller Moment kam mit der "Geburt" des Lichts bei der Chorpassage "Es werde Licht! Und es ward Licht", als der Chor aus dem Pianissimo urplötzlich in ein überraschendes, gewaltiges Fortissimo übersprang. Der erste Schöpfungstag mit der Scheidung von Tag und Nacht, berichtet im Rezitativ des Uriel, wurde vom Orchester darauf in einem herrlichen Tongemälde mit der Gestaltung des Abgrunds und der tiefen Nacht mit chromatischen Leitern und Warnrufen der Fagotte und der Darstellung der "neuen Welt" durch fröhliche Sechzehntel und lebenslustige Läufe gezeichnet.

Zum Lob des zweiten Tags rief mit herrlich weichem Timbre das Sopransolo des Gabriel auf. Ein glanzvoller Höhepunkt war nach dem strahlenden Tenor-Rezitativ von Uriel zum Abschluss des vierten Tages der mächtige Chor "Die Himmel erzählen" nach Psalm 19. Beginnend mit feierlichen Chorpassagen und meditativen Sequenzen der drei Gesangssolisten, folgte eine fulminante Choralfuge zu den Worten "Und seiner Hände Werk". Beim intensiven Finale folgte eine Coda auf die nächste.

Der zweite Teil enthielt die Erschaffung der Wasser-, Luft- und Landtiere sowie des Menschen als Krone der Schöpfung. Süß wie eine Nachtigall klang die Arie des Gabriel, wobei das Orchester wieder, teils in atemberaubendem Tempo der Violinen, den schnellen Adlerflug, das frohe Lied der Lerche oder das Girren des Taubenpaars musikalisch untermalte.

Vogelschar

Überirdisch schön erklang das Terzett der drei Solisten bei der musikalischen Preisung der reichen Natur mit ihrer Vogelschar und den Meeresbewohnern.

Der Chor bekräftigte den Lobpreis mit dem Gesang  "Der Herr ist groß" in entschlossenem Duktus und einem Crescendo beim Wort "ewig". Mit einer glanzvollen Arie des Uriel wurde die Schöpfung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes gefeiert. Allerdings waren die Tugenden im Text nur dem Mann zugeschrieben, wohingegen die Frau im Text ihre Erfüllung im Glück des Gatten fand. Am Ende des sechsten Tages ließen auch die Choristen ihr Lob erschallen im Chor "Vollendet ist das große Werke" mit der großen Doppelfuge zu den Worten "Alles lobe seinen Namen".

Der dritte Teil begann wie der erste mit einem Orchesterpräludium in lieblichen Farben der Holzbläser und Hörner in langsamem Tempo. Claudia Habermann und Steffen Balbach übernahmen nun die Rollen von Eva und Adam.

Im Stil erinnerte das Liebesduett an Opernduette. Die Streicher begleiteten mit fröhlichen Kapriolen. Brillanter Schlusspunkt war der Chor "Singt dem Herren alle Stimmen" mit der grandiosen Doppelfuge "Des Herren Ruhm".

Minutenlange Standing Ovations waren der Lohn des Publikums nach dieser gewaltigen und berührenden Aufführung, die vielen Zuhörern noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Chorleiterinnen wurden mit Blumen beschenkt und ließen noch eine Zugabe folgen.