Im Juli hat die Schweizer Electronic AG darüber informiert, dass Personal am Standort Sulgen abgebaut werden könnte. (Archivfoto) Foto: Wegner

Größenordnung noch unklar. Schweizer Electronic AG in Verlustzone. IG Metall fordert Kurzarbeit statt Entlassungen.  

Schramberg-Sulgen - Der Strukturwandel in der Autoindustrie und die Corona-Pandemie setzen der Schweizer Electronic AG zu: Der Vorstand verhandelt mit der Arbeitnehmerseite über Entlassungen.

Dieser Schritt ist keine Überraschung: Zuletzt Ende Juli hat die Schweizer Electronic AG darüber informiert, dass auch ein Personalabbau am Standort Sulgen eine Option sei. Denn der Leiterplattenhersteller ist in der Verlustzone: Im ersten Halbjahr 2020 hatte Schweizer angesichts der massiven Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Automobilindustrie und die damit verbundenen Produktionsstopps der Autohersteller einen Umsatzrückgang um 24,7 Prozent auf 45,4 Millionen Euro zu verzeichnen. Alleine im zweiten Quartal belief sich der Rückgang sogar auf 42,4 Prozent. Das geschätzte EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) wird 2020 mit zehn Millionen Euro im Minus liegen, soll allerdings nach Analystenerwartungen danach wieder ins Plus drehen mit 2,9 Millionen Euro im Jahr 2021 und zwölf Millionen Euro im Jahr 2022.

Intensive Verhandlungen zwischen Vorstand und Betriebsrat

Nachdem vier Wochen lang immer wieder Entlassungen im Gespräch waren, ohne dass der Vorstand Konkretes nach außen verlauten ließ, fanden am Donnerstag nun schließlich intensive Verhandlungen zwischen Vorstand und Betriebsrat darüber statt, wie das Unternehmen am besten durch diese Durststrecke kommt. Die IG Metall hatte im Vorfeld mit einem Flugblatt an die Beschäftigten Position bezogen: Danach befürchtet die Gewerkschaft, dass nach den Plänen des Vorstandes bis zu 100 der etwa 600 Beschäftigten am Standort in Sulgen entlassen werden sollen.

Im Flugblatt formulieren die IG Metall-Vertrauensleute ihre Forderungen: "Statt plumpen Stellenabbau brauchen die Beschäftigten und ihre Familien gerade jetzt Sicherheit und Perspektive." Sie fordern, dass es mindestens bis zum 30. Juni 2021 keine Entlassungen geben und stattdessen die Kurzarbeit ausgeweitet werden solle. Dann habe man auch eine genauere Umsatzprognose für das Jahr und können sehen, wie es weitergeht.

Außerdem fordern sie eine "Beschäftigungsbrücke Alt/Jung": Ein attraktives Ausstiegsprogramm für Ältere soll die Perspektiven für Jüngere sichern. Und im Falle von Kündigungen fordern die Vertrauensleute soziale Absicherung, unter anderem durch zwölf Monate Aufnahme in eine Transfergesellschaft (bei 87 Prozent vom letzten Netto) und eine angemessene Abfindung.

Entscheidend für deren Berechnung ist der Faktor in Bezug auf Bruttogehalt und Beschäftigungsjahre, mit dem die Abfindung berechnet wird. Die IG Metall fordert mindestens den Faktor 0,5: Wer also 2000 Euro brutto verdient, bekäme dann 1000 Euro Abfindung pro Beschäftigungsjahr. Dass der Vorstand mit einem weit darunter liegenden Faktor in die Verhandlung ging, habe bei den Beschäftigten "für Empörung gesorgt", war aus den Reihen de Gewerkschaft zu hören.

Möglichst sozialverträglicher Personalabbau

Denn viele Jahre lang hätten die Beschäftigten untertariflich gearbeitet als eigener Beitrag zur Arbeitsplatzsicherheit und jetzt drohe trotzdem der Verlust des Arbeitsplatzes. "Für die IG Metall geht Beschäftigungssicherung vor Sozialplan. In den Verhandlungen mit dem Betriebsrat am 10. September hat sich der Vorstandsvorsitzende Nicolas Schweizer in kleinen Schritten an die Forderungen des Betriebsrats angenähert. Aus Sicht der IG Metall ein Anfang", erklärt Dorothee Diehm, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Freudenstadt, am Tag nach den Verhandlungen. Voraussichtlich am 24. September geht es in die nächste Verhandlungsrunde zwischen Vorstand und Betriebsrat.

Der Vorstandsvorsitzende Schweizer bestätigte auf Anfrage, dass seit einiger Zeit Gespräche mit dem Betriebsrat geführt würden. Bei einem Verlust von zehn Millionen Euro komme man um einen Personalabbau am Standort Sulgen nicht vorbei, so schwierig das auch sei. Aber dieser solle möglichst sozialverträglich ablaufen.

Nach der Zahl der Entlassungen gefragt, antwortete Schweizer: "So viel wie nötig, so wenig wie möglich." Mit dem Betriebsrat wäre man jetzt aber "konstruktiv unterwegs". In Kurzarbeit und Frühverrentung sehe er gute Ansätze. Schweizer hob außerdem hervor, dass es trotz der Krise bei Investitionen in Höhe von 4,1 Millionen Euro auf dem Sulgen bleibe und auch 2021 dort investiert werden.

Auf das Werk in China angesprochen, sagt Schweizer: "Wir sind nur erfolgreich, wenn wir an den beiden Standorten unsere Produkte anbieten können." Schweizer versichert, dass bereits ab 2021 das Werk in Jintan Arbeitsplätze auch in Schramberg finanziere und damit sichere.