Die Orgelbaufirma Späth baute die alte Orgel um. Dafür verwendeten sie die alten Windladen und Pfeifen für die neue Version weiter. Fotos: Stapel Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Eine ganz besondere Orgel steht in der Klosterkirche St. Gallus in Heiligenbronn

Über den Köpfen der Besucher der Klosterkirche St. Gallus in Heiligenbronn versteckt sich eine absolute Rarität: eine Dachbodenorgel. Sie ist eine von noch zwei funktionsfähigen Orgeln der Firma Späth aus Ennetach-Mengen aus dem Jahr 1929.

Schramberg-Heiligenbronn. Gottesdienstbesucher in der St. Gallus Klosterkirche hören die Klänge der Orgel und sehen den Organisten am Spieltisch sitzen, der seitlich auf der oberen Empore steht. Aber woher genau stammt der Klang? In der Kirche selbst sieht man vor der oberen Empore lediglich ein paar Orgelpfeifen, auch "blinde Pfeifen" genannt, denn sie sind nur zur Dekoration. Der Klang ertönt durch die Jalousieöffnungen in der Kirchendecke in den Raum, die mit vier Sternen geschmückt sind.

Neue Empore entstand

Die Geschichte der Dachbodenorgel reicht mehr als 130 Jahre zurück. Die Giengener Orgelmanufaktur der Gebrüder Link, die 1851 gegründet wurde und bis heute ihren Standort in Giengen an der Brenz hat, lieferte 1887 die mechanische Kegelladenorgel an die 1873 fertiggestellte Klosterkirche in Heiligenbronn, teilt Rudolf Schäfer, Kirchenmusikdirektor in Schramberg und Bischöflicher Orgelsachverständiger, mit. "Die Orgel wurde damals auf der ersten Empore platziert, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine obere Empore gab."

In ihr heutiges Geheimversteck, auf den Dachboden, umziehen musste die Orgel aufgrund von Umbaumaßnahmen in der Klosterkirche. "Weil immer mehr Schwestern ins Kloster eintraten und diese auf der ersten Empore keinen Platz mehr fanden, wurde eine zweite Empore eingebaut", erklärt Schäfer. Die Orgelbaufirma der Gebrüder Späth aus Ennetach-Mengen baute die alte Orgel um. Dafür verwendeten sie die alten Windladen und Pfeifen für die neue Version weiter.

Nur 20 Stück gebaut

Der Orgelbauvertrag entstand am 20. März 1929. Die Firma Späth platzierte die neue Orgel mit 25 Registern, darunter zwei Transmissionen und ein Sammelzug, auf pneumatischen Kegelladen, auf dem Dachboden der Klosterkirche. Die Besonderheit ist, so Schäfer, dass sich das Pfeifenwerk in einer Tonhalle befinde – eine aus Gipsplatten erbaute Kammer.

Am 10. Oktober 1929 wurde die Dachbodenorgel im Gottesdienst festlich eingeweiht, erzählt der Kirchendirektor. "Nur 20 Stück wurden von der Firma Späth je gebaut", betont er. "Die Heiligbronner Orgel hat hinsichtlich der technischen Anlage als auch der klanglichen Aussage eine ganz besondere Bedeutung."

Nach der Einweihung fanden Jahre darauf immer wieder Neuerungen und Restaurierungen statt. 1947 wurde der Spieltisch von der Erbauerfirma Späth auf die Seite versetzt, dadurch erhielt der Sängerchor mehr Platz, schildert Rudolf Schäfer. 1953 wurde die Dachbodenorgel ausgereinigt und die Spiel- und Registermembranen erneuert. "Diese sind mit der Zeit spröde geworden." 1973 stand dann eine Generalüberholung an. Eine weitere Erneuerung führte 1994 Hans-Jachim Thölken aus Bad Dürrheim-Unterbaldingen durch. "Diese waren aber mangelhaft und unvollständig", erzählt der Kirchenmusikdirektor.

Die Orgelbaufirma Stehle aus Haigerloch-Bittelbronn erledigte 1998 umfangreiche Nacharbeiten. "Damit war sie dann in einem einigermaßen zuverlässigen Zustand." Die letzte Generalüberholung fand Anfang 2010 statt, für diese war die Giengener Firma Link zuständig, welche die Orgel ursprünglich baute. "Die Dachbodenorgel wurde komplett überholt", erzählt Schäfer. "Sie wurde gereinigt, die Ledermembranen erneuert, Verschleißteile ausgetauscht und der Spieltisch wurde überarbeitet."

Ton ist unvergleichbar

Am 17. Oktober 2010 musste sich die Dachbodenorgel nach der Restaurierungsphase erstmals wieder bewähren. "So hat sich der Kreis geschlossen", sagt Rudolf Schäfer und freut sich. "Sie wurde 1887 von der Firma Link gebaut und 2010 von derselben Firma denkmalgerecht restauriert." Das sei etwas besonderes. "Wer sich an den delikaten und nuancenreichen Klängen der Orgel erfreut, wird Klangkombinationen entdecken, die eine neue Orgel nicht liefern kann", betont Schäfer.