Die Kinderbetreuung ist heute zum wesentlichen Prüfstein der Familienpolitik geworden. Über den richtigen Weg herrscht Uneinigkeit. Foto: Archiv

Bundestagskandidaten stellen sich am 31. August den Fragen des Publikums. Umkämpftes Wahlkampfthema.

Schramberg - Das Familienerholungswerk der Diözese Rottenburg-Stuttgart veranstaltet am Samstag, 31. August einen Aktionstag im Familienferiendorf Schramberg. Mit dabei sind die Wahlkreiskandidaten, um ihre familienpolitischen Positionen zu verteidigen.

Betreuungsgeld - Herdprämie - Ehegattensplitting. Wenige politische Kontroversen werden mit solcher Vehemenz und Leidenschaft geführt wie die, die sich mit Familienpolitik beschäftigen. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl hat sich mal wieder eine familienpolitische Grundsatzdebatte entzündet. Anlass dafür waren Medienberichte über eine bislang unveröffentlichte Studie im Auftrag der Bundesregierung, nach der bestimmte ehe- und familienbezogene Maßnahmen "wenig effektiv", "ziemlich unwirksam" oder "kontraproduktiv" seien. Angesprochen waren insbesondere das Kindergeld, das Ehegattensplitting sowie die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung. In der Debatte wird unter Berufung auf eine Bestandsaufnahme des Bundesfamilienministeriums zudem immer wieder behauptet, der Staat gebe jährlich für die Familienförderung die Summe von 200 Milliarden Euro aus.

Claudia Hagen, Pressesprecherin des Familienbundes der Katholiken widerspricht: "Dieser medial verbreitete Betrag vermittelt der Öffentlichkeit den sachlich falschen Eindruck einer großzügigen Förderung mit weiten Umverteilungsspielräumen". Diese enorme Summe komme nur dadurch zustande, dass Maßnahmen in die Berechnung einbezogen wurden, die gar nicht der Förderung von Familien dienten. Sie knüpften entweder gar nicht an Familien an, wie das Ehegattensplitting, oder verfolgten andere – zumeist verfassungsrechtlich vorgegebene – Zwecke wie die Steuerfreistellung des Kinderexistenzminimums. Der tatsächlichen Umfang der Familienförderung in Deutschland stelle sich bei näherer Betrachtung nämlich ganz anders dar.

Auch Jörg Stein, Vorsitzender des Familienerholungswerks der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist sich sicher: "Gesellschaft und Politik fehlt es oft an Anerkennung und Wertschätzung für Familien." Familienpolitik erschöpfe sich viel zu häufig in der Frage, wie Eltern best- und schnellstmöglich wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen können. Dass Familien selbst wertvolle Unternehmungen sind, gerate dabei aus dem Blick, sagt Jörg Stein, der Vorsitzende des Familienerholungswerks der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Familien seien Bildungsinstitutionen, sie seien Erziehungsgemeinschaften und Pflegegruppen. Die Arbeit in und für Familien gegenüber "echter" Erwerbsarbeit nachrangig zu sehen, verkenne die Leistungen, die Familien erbringen. Diese, fordert Stein, müssen der Gesellschaft etwas wert sein. Deshalb sollten zum einen Gerechtigkeitslücken im Steuersystem und den Sozialversicherungen geschlossen werden, zum anderen sollten Familien direkt und über Unterstützungsangebote gefördert werden. Dazu zählen neben Betreuungsangeboten auch Angebote der Familienerholung und Familienbildung, die die Beziehungs- und Erziehungsfähigkeit innerhalb der Familie stärken. Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse der Fokus auf Familien gerichtet werden. "Familienpolitik ist keine Arbeitsmarktpolitik, sondern Politik für die Familien", formuliert es Stein. Ihre Aufgabe sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Familien ihren Lebensentwurf verwirklichen könnten.

Wer sich für das Thema interessiert, oder gar die familienpolitischen Positionen der Bundestagskandidaten auf Herz und Nieren prüfen will, kann am 31.August im Schramberger Familienferiendorf die Podiumsdiskussion mitverfolgen.

Zu Gast sein werden: Volker Kauder (CDU), Ergun Can (SPD), Susanne Kieckbusch (Grüne), Mechthild Wolber (FDP) sowie Edmond Jäger (Linke), die Podiumsdiskussion dauert von 13 bis 15 Uhr.