Drohnen-Aufnahmen zeigen das Ausmaß des Unglücks. Foto: Feuerwehr/Fachbereich Drohne

Zahlreiche Schaulustige bei Großeinsatz. Statiker stuft betroffenen Markt als einsturzgefährdet ein. Mit Video

Schramberg - Am Montagvormittag gegen 9.40 Uhr wird die Feuerwehr Schramberg alarmiert, die Brandmeldeanlage des Thomas-Philipps-Markts in der Schilteckstraße hatte ausgelöst – vor Ort bietet sich den Einsatzkräften jedoch ein ganz anderes Bild.

Der Parkplatz des erst im Sommer vergangenen Jahres renovierten Restpostenmarkts ist komplett unter Schlamm, Bäumen und Geröll begraben. Ein Nebengebäude ist zerstört, das Einkaufswagenhäuschen ist mitgerissen.

Für die Feuerwehr ist schnell klar: Es braucht schweres Gerät, um die Bäume zu beseitigen und das herangeschwemmte Erdreich abzubaggern.

Die Verantwortlichen beschließen, ein Teil des Geländers zur Schiltach hin zu entfernen, um das Wasser besser dorthin ableiten zu können. Weil befürchtet wird, dass bei einem weiteren Abgang der Geh- und Radweg auf der anderen Uferseite gefährdet sein könnte, wird dieser vom Bauhof gesperrt. Das hält zahlreiche Schaulustige jedoch nicht davon ab, bis auf Höhe des Markts zu laufen und mit dem Handy Fotos zu machen. Auch etliche Autos, die auf der Bundesstraße unterwegs sind, halten an.

Derweil gehen die Aufräumarbeiten weiter, ein Statiker ist vor Ort und prüft die Stabilität des Gebäudes. Sein Urteil: Es ist einsturzgefährdet. Was das für den Restpostenmarkt bedeutet und wann dieser wieder öffnen kann, ist bislang unklar. "Diese Woche", meint Betreiber Christoph Moosmann, "geht nichts mehr".

Viele Einsatzkräfte im Einsatz

Insgesamt sind bei dem Hangrutsch laut Feuerwehr-Kreispressesprecher Sven Haberer acht Fahrzeuge und 35 Einsatzkräfte der Feuerwehr Schramberg und Sulgen vor Ort, ebenso das Technische Hilfswerk (THW) mit vier Fahrzeugen und elf Einsatzkräften. Für das THW heißt es zunächst pumpen – aber erst muss der Einsatzort erreicht werden. Dann fließen rund 3000 Liter pro Minute durch die Rohre und schaffen bergseitig eine Entlastung für das Gebäude. Da sich in diesem Bereich später auch kein Wasser mehr sammelt, kann das THW dort seine Arbeit am späten Nachmittag einstellen. Auf dem Parkplatzgelände sei auch ein Wall aufgeschüttet worden, sodass das Wasser vom Hang jetzt direkt in die Schiltach geleitet werden könne.

Auch gegen Abend hat sich die Lage hinsichtlich eines möglichen weiteren Rutsches noch nicht beruhigt. Wie der Einsatzleiter, Schrambergs Stadtbrandmeister Werner Storz, sagt, sei der Hang "noch immer in Bewegung". Das abgepumpte Wasser unweit der Rutschung werde über Schlauchleitungen direkt in die Schiltach geführt – allerdings könne nicht alles Wasser aus dem Hang herausgepumpt werden, dazu sei dieser viel zu nass.

Für die Anwohner der angrenzenden Gebäuden gibt es nach Einschätzung der Behörden keine Gefahr, eine Evakuierung sei nicht erforderlich.

Die Ereignisse rund um den Erdrutsch können detailliert im Live-Blog nachgelesen werden.

2500 Kubikmeter Geröll abgegangen

Rund 2500 Kubikmeter Geröll sind nach ersten Einschätzungen am Montag gegen 9.40 Uhr bei einem gewaltigen Erdrutsch auf den Parkplatz des Thomas-Philipps-Geländes auf der Schramberger "Sonnenwiese" abgegangen.

"Einen Erdrutsch solchen Ausmaßes hat es in Schramberg noch nie gegeben", waren sich die alarmierten Helfer und Verantwortlichen der Behörden einig. Zwar ist Schramberg und seine Tallage sowohl im Winter bei Tauwetter wie auch im Sommer bei heftigen Regengüssen in den jüngsten Jahren immer wieder mit Erdrutschen konfrontiert worden, doch eben nicht in solchen Mengen.

Zunächst, so erzählt der Betreiber des betroffenen Thomas-Philipps-Markts Christoph Moosmann, habe alles noch nicht so schlimm ausgesehen. Da jedoch der Parkplatz mit etwas Schlamm bedeckt gewesen sei, habe er ein Bauunternehmen alarmiert, entschieden den Markt nicht zu öffnen und zudem die Zufahrt mit einer Schranke abgesperrt.

Und so waren dann auch einige Zeit später, als sich in einem zweiten Schub eine deutlich größere Menge an Erdreich – durchsetzt mit Bäumen – über den kompletten Parkplatz verteilte, glücklicherweise keine Kunden auf dem Parkplatz vor dem ansonsten um diese Zeit gut frequentierten Restpostenmarkt. Mitgerissen wurde durch die Wucht auch ein Nebengebäude, das vom Vorbetreiber als Leergutannahme genutzt worden war. Dort befand sich nach Moosmanns Worten außer zwei Paletten mit Braunkohle und einem Gabelstapler sonst keine Ware – im Sommer wird das Gebäude zum Verkauf von Gartenmöbeln benutzt.

Unglück dauert nur zwei Minuten

Die Mitarbeiter des Bauunternehmens konnten sich problemlos in Sicherheit bringen, waren aber, genauso wie Architekt Jürgen Bihlmaier, der von Moosmann zum Markt gebeten worden war, überrascht, in welcher Windeseile sich die Mure über das Gelände ergoss. "Es hat keine zwei Minuten gedauert, bis alles passiert war", sagte Bihlmaier sichtlich erschüttert.

Bis direkt zur Eingangstür des Markts war die dicke, braune Suppe geschwappt, diese hielt aber der Masse Stand, sodass der Markt selbst zunächst größtenteils verschont blieb.

Im Gebäude drückte allerdings die Wucht des Wassers an der Wand zum Berg eine Tür ein, sodass der Verkaufsraum teilweise von bis zu zehn Zentimeter hoher brauner Brühe, die an der Bachseite den Markt wieder verließ und zum Teil Waren aus den Regalen mitschwemmte, durchflossen wurde.

Der Hauptteil des Materials, das talwärts geschwemmt wurde, stammt nach Angaben des Gelände- und Waldeigentümers aus einer Erdaufschüttung aus den 1950er- und 60er-Jahren, als damals der Hammergraben und später das Volksbank-Hochhaus gebaut wurden. Später dann wurde der Bereich asphaltiert und für das frühere Gasthaus Schilteckhof als Parkplatz angelegt. Dort kam es auch am Nachmittag noch zu weiteren Abbrüchen. Um diese zu vermeiden, hatte Landesgeologe Clemens Ruch vom Regierungspräsidium Freiburg nach einer Besichtigung deutlich gemacht, dass an zwei Stellen unweit der Rutschung, einfließendes Wasser abgepumpt werden müsse. Nur so könne ein weiterer größerer Murgang verhindert werden.