Wenn Doris und Hubert Nagel ihre Alpakas mit ihren Namen rufen, kommen die Tiere von der Weide zum Unterstand gelaufen. Foto: Brüstle

Ehepaar Doris und Hubert Nagel will in Zukunft Wanderungen anbieten. Große Freude an den Tieren.

Schramberg-Tennenbronn - Wer jüngst auf dem Auerhahnweg unterwegs war, hat die neuen Bewohner Tennenbronns bereits gesehen: Im Sommer haben elf Alpakas bei Doris und Hubert Nagel im Eichbach ein Zuhause gefunden.

Große Kulleraugen, flauschiges Fell, langer Hals und ein Mund, der aussieht, als würden sie ständig lächeln: Alpakas erfreuen sich in den vergangenen Jahren wachsender Beliebtheit. Auch den Nagels haben es die Kleinkamele aus den südamerikanischen Anden sofort angetan: "Wir waren auf Alpakahöfen und bei Wanderungen mit Alpakas und es hat uns super gefallen", erzählt das Ehepaar.

Im Ruhestand wollte Hubert Nagel sich einer neuen Aufgabe stellen - und für die Pflege der Wiesenhänge im Eichbach lag die Anschaffung "tierischer Rasenmäher" nahe. "Wir haben eher kleine, ruhige Tiere gesucht", erzählt Doris Nagel. Kühe oder laut blökende Schafe konnten die Nagels daher nicht überzeugen. Die Alpakas dafür umso mehr.

Wertvolle Felle

Vor mehr als einem Jahr haben sie begonnen, sich mit den Kleinkamelen zu beschäftigen. "Wir haben uns vor allem mit dem Charakter der Tiere befasst", erzählt Hubert Nagel. Alpakas zeichneten sich durch ein freundliches, gutmütiges Wesen, das zudem eine beruhigende Wirkung auf Menschen hat, aus. "Das haben wir schon selbst bei einer Alpaka-Wanderung erlebt. Alle Teilnehmer sind ganz ruhig geworden und haben danach richtig gestrahlt", erzählt Doris Nagel.

Deswegen würden sie auch zur Therapie eingesetzt - und nicht nur dafür: "Es gibt auch Yoga mit Alpakas." Bei den Nagels habe bereits eine Yogalehrerin Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. Die Nachfrage nach solchen Angeboten sei in jüngster Vergangenheit gestiegen: "Alpakas sind das neue Modetier", meint Doris Nagel. Und auch in Tennenbronn ziehen die Kleinkamele bereits Aufmerksamkeit auf sich: "Der Auerhahnweg führt an der Koppel vorbei und viele setzen sich auf das Bänkchen und schauen der Herde beim grasen zu."

Doch Alpakas können mehr als nur niedlich aussehen. "Sie werden in Deutschland als richtige Nutztiere anerkannt", weiß Hubert Nagel. Gerade die weiche Wolle ist beliebt, denn sie hat besondere Eigenschaften: "Die Fasern sind innen hohl." Dadurch könnten sie sowohl Wärme speichern als auch abgeben.

Auf Märkten seien Stände mit Produkten aus Alpakawolle längst üblich, erzählt Doris Nagel. Pullover, Socken, Mützen und Schals, meist bunt eingefärbt, würden angeboten – aber auch Bettdecken. "Die sind besonders gut für Allergiker geeignet", weiß die Tennenbronnerin.

Etwa fünf bis sechs Zentimeter lang wächst das Fell der Tiere, die einmal im Jahr geschoren werden. "Man teilt es in drei Vliesarten auf: Das Fell am Bauch ist sehr weich und wird zum Stricken verwendet, das von der Schulter- und Halspartie ist auch dafür geeignet. Die Wolle der Füße wird allerdings pelletiert und als Dünger verwendet", erklärt Hubert Nagel.

In vier Farben kommen die Kleinkamele vor: hellbraun, weiß, schwarz und grau – in der Herde der Nagels sind alle vertreten. "Die Ursprungsfarbe des Alpakas ist das helle braun." Die anderen Farben seien gezüchtet, besonders grau sei selten "Früher wollte man nur Alpakas mit weißer Wolle züchten, weil sie sich am besten einfärben lässt", erzählt der Tennenbronner. Inzwischen gebe es aber auch viele Multicolor-Tiere, die mehrere Fellfarben besitzen.

Gute Landschaftspfleger

Für die Qualität der Wolle gebe es strenge Kriterien: "Es gilt: je feiner und welliger das Haar, desto wertvoller." Auf Zuchtschauen werde das Vlies bewertet und prämiert. "In Villingen-Schwenningen gibt es so eine Show, da waren wir die letzten Jahre", erzählt das Ehepaar. Mit der Qualität des Vlies steige auch der Preis für das Tier. Alpakas mit hochwertigem Fell von professionellen Züchtern seien daher auch deutlich teurer als die von Hobby-Züchtern. "Generell sind Stuten teurer als Hengste, weil sie zur Zucht geeignet sind, aber ein guter Zuchthengst kann auch um die 1000 Euro kosten", verrät Hubert Nagel.

Wertvoll ist aber nicht nur das Fell: Auch wenn es im ersten Moment recht fragwürdig erscheint, als "Alpakagold" bezeichnet man den Kot der Tiere. "Er ist sehr nährstoffreich. Außerdem muss er nicht vergoren werden, sondern kann getrocknet direkt in die Erde."

Ein weiterer Nutzen: Die Tiere sind ideale "Landschaftspfleger": Sechs Koppeln mit 7000 Quadratmetern stehen den Alpakas im Eichbach dafür zur Verfügung. Wenn ein Areal abgefressen ist, zieht die Herde auf die nächste Weide. Rund drei Wochen benötigen die Tiere dafür.

Die Grasnarbe werde dabei kaum beschädigt: "Im Gegensatz zu Kühen und Ziegen haben Alpakas keine Hufe, sondern weiche Schwiele mit zwei Zehennägeln", erklärt Hubert Nagel. "Bis sie einen Trampelpfad errichtet haben, würde es lange dauern", unterstreicht Doris Nagel. Weil sie vergleichsweise leicht sind würden sie außerdem auch in einer nassen, aufgeweichten Wiese nicht absacken.

Kein nächtliches Kinderglück

Das Gras ist die Hauptnahrung der Tiere. Zufüttern brauche man kaum: "In den Anden gibt es noch andere Mineralien, die es hier nicht gibt - zum Beispiel Selen, das bekommt man dann vom Tierarzt", führt Hubert Nagel aus. Ab und zu bekommen die Alpakas auch Kraftfutter. Ansonsten seien sie - aus den Bergregionen - an magere Kost gewöhnt. Ein paar besondere Leckerbissen haben die Kleinkamele im Eichbach aber erspäht: "Die Apfelbaumblätter und Brombeerhecken haben sie als erstes abgefressen", erzählt Doris Nagel und lacht. Neben frischem Gras wird auch getrocknetes verfüttert, vor allem im Winter: "Wir haben dieses Jahr schon einmal Heu gemacht." Wichtig dabei sei, dass keine groben Stängel darin sind. Diese würden die Alpakas auch auf der Wiese nicht fressen.

Auch sonst sind die Kleinkamele recht anspruchslos: "Sie brauchen keinen Stall, nur einen Unterstand und eine große Wiese", erklärt Hubert Nagel. Die meiste Zeit verbringen die Alpakas auf der Weide - immer als Herde, betont Doris Nagel. "Deswegen muss man auch mindestens drei Tiere halten".

Momentan zählt die Herde de r Nagels elf Tiere, aber sie soll noch wachsen: "Wir hoffen, dass so nächstes Jahr zum ersten Mal Nachwuchs bekommen." Für etwa 25 Alpakas hätten sie Kapazität. Einmal im Jahr bekämen Alpkaweibchen Fohlen, die nach einer Tragezeit von rund elf Monaten zur Welt kommen.

Von Mai bis August sei die beste Geburtszeit, weil das Fell der Kleinen bis zum Winter noch wachsen müsse. "Die Fohlen kommen übrigens nie nachts zur Welt, sondern immer zwischen 10 und 15 Uhr", hat sich Doris Nagel informiert. Das Muttertier lecke das Fell des Nachwuchses nämlich nicht trocken. In der Andenregion sei es daher wichtig, dass die Sonne das Fell vor Anbruch der kalten Nächte trockne.

Für die Zukunft plane das Ehepaar, Wanderungen anzubieten. "Dafür müssen wir uns aber erst Alpakahengste anschaffen. Wenn die Stuten tragend sind, können sie nicht mitwandern", erläutert Doris Nagel. Für weitere Angebote, eventuell in Kooperation mit dem Feriendorf, Vereinen oder der Schule, seien sie ebenfalls offen. "Wir müssen mal schauen, was sich ergibt." Eins steht jedoch bereits fest, es soll eine Homepage geben: Die Baden-Alpakas. Die Domaine sei schon reserviert.

Aber auch so erfreut sich das Ehepaar an den Tieren, von denen jedes auch einen eigenen Namen hat: "Wir sitzen manchmal auf der Terrasse und schauen den Alpakas zu, irgendwann kommen sie dann meistens her", freut sich Doris Nagel. "Es sind einfach faszinierende Tiere. Die lassen einen nicht mehr los", meint auch Hubert Nagel abschließend.