In solchen Körben wurden die Klöster mit Waren versorgt. Foto: Bibelerlebniswelt Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Bibelerlebniswelt erklärt aus der heiligen Schrift stammende Redewendungen

Schramberg-Schönbronn. In loser Serie erklärt Dieter Vanselow von der Bibelerlebniswelt Redewendungen, die aus der Bibel stammen und bis heute gebräuchlich sind. Heute im Fokus: "Jemandem einen Korb geben".

Die ältesten Überlieferungen, die mit dem Sprichwort "Jemandem einen Korb geben" in Verbindung gebracht werden können, gehen bis in die Gründungszeiten der christlichen Klöster zurück. Beispielhaft soll hierbei das zu Beginn des 5. Jahrhunderts von syrischen Mönchen gegründete und heute von griechisch-orthodoxen Mönchen sowie Eremiten bewohnte St.Georgskloster stehen.

Das Kloster wurde in eine steile Felswand gebaut und befindet sich im Wadi Qelt, 20 Kilometer östlich von Jerusalem und fünf Kilometer östlich von Jericho. In diesem schwer zugänglichen Tal gibt es einen schmalen Fußweg und es fließt meist spärlich ein kleiner Bach, der seinen Quellursprung in den judäischen Bergen unweit von Jerusalem hat. Nach biblischen Berichten fiel hier zur Zeit Jesu ein Pilger unter die Räuber, welcher von einem ungeliebten Samariter gepflegt wurde.

Zum St. Georgskloster führte einst nur ein kleiner Geheimweg, der für die Mönche angelegt worden war. Wenn jahrhundertelang Pilger oder Wanderer vorbeikamen, versorgten sie stets die Mönche mit Kleidung und Lebensmitteln. Dabei riefen sie zum etwa 30 Meter über ihren Köpfen befindlichen Kloster hinauf: "Bruder, lass den Korb herunter", was dann meist geschah und dieser dann gefüllt mit allerlei Gaben emporgezogen wurde.

Gelegentlich wurden auf diese Weise auch Gäste hochgezogen – jedoch nur willkommene. Die im Orient so wichtige und fast heilige Gastfreundschaft verbot und verbietet dem Gastgeber bis heute Aussagen wie: "Ich habe heute keine Zeit" oder "Ich kann dich bei mir nicht aufnehmen". Wenn also ein Spender oder potenzieller Gast unerwünscht war, ließ der Mönch einen Korb ohne Boden hinunter – bedankte sich aber trotzdem herzlich und wünschte ihm einen guten Nachhauseweg. Man hat dem Gast (meist Pilger) einen Korb gegeben, indem man ihn nicht bei sich aufnahm. Dies wurde in vielen Klöstern bis hin zum St. Katharina-Kloster im Sinai so praktiziert. Die Eremiten nahmen in ihrer Abgeschiedenheit hingegen nur die Spenden entgegen, jedoch keinen Gast auf.

In zwei weiteren biblischen Geschichten spielt der Satz "Jemanden einen Korb geben" aber auch eine positive Rolle. Es ist kaum vorstellbar, was beispielsweise gewesen wäre, wenn die Pharaonen-tochter in Ägypten nicht das Kind Mose in einen Korb am Nilufer gelegt hätte, oder die Fluchthelfer den Paulus nicht in einem Korb über die Stadtmauer von Damaskus in die Freiheit verholfen hätten.

Im Mittelalter bezog sich die Redensart auf Mädchen, die gelegentlich ihren Liebhaber in einem Korb zu sich ins Zimmer hochzogen. War dieser jedoch ungebeten, bekam dieser einen Korb mit brüchigem Boden. So fiel er auf die Erde zurück, oder die Frau ließ den Korb einfach auf halber Höhe hängen und gab somit den Liebhaber dem Gespött der Leute preis. In einer anderen Variante wurde ein Geschenkkorb eines vermeintlichen Liebhabers einfach zurückgegeben, was eine Heiratsabsage bedeutete.

Egal, ob man einen Korb bekommt oder einen Korb gibt: Im heutigen Sprachgebrauch ist damit immer eine Absage oder Ablehnung eines Menschen verbunden. Und dabei muss es sich nicht zwingend um einen Heiratsantrag handeln. Vielleicht ist es ja hilfreich, uns vor der Ablehnung eines Menschen die Worte von Martin Luther zu Gemüte zu führen: "Es ist kein Mensch so böse, dass nicht etwas zu loben an ihm wäre."