Foto: Schwarzwälder Bote

Für Kunst- und Kulturschaffende ist der zweite Lockdown ein harter Schlag

Künstler und Kulturschaffende trifft das Corona-Jahr 2020 besonders hart. Mindestens für den November heißt es für sie nun wieder: Lockdown statt Vorhang auf.

Schramberg. "Er wird ›Lockdown light‹ genannt. Für die Kulturbranche ist es ein Lockdown total", sagt Harald Burger. Und es hatte sich zuletzt mit ersten Absagen angedeutet: "Die Situation hat es den italienischen Musikern von ›SAD‹ unmöglich gemacht, nach Deutschland zu reisen, ohne sich massiven Ärger einzuhandeln. Unser Team steht massiv unter Strom und rechnet nun mit weiteren Ausfällen", sah Burger als Kulturbesen-Vereinsvertreter Mitte der Woche bereits voraus, was eintreten sollte.

Denn eine der neuen Corona-Regelungen, die ab kommenden Montag gelten, ist eindeutig: Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, sind nicht gestattet. Somit wird der Auftritt von "Van de Frost" am heutigen Samstag (siehe Infokasten) das vorerst letzte Event sein, das im "Kulturbesen" – oder eben auch sonst wo – stattfindet.

"Eine lebendige, vielfältige Kulturszene gehört zum Pulsschlag einer Stadt. Natürlich sind wir traurig und enttäuscht über die Situation und es ist schade um die vielen schönen Konzerte im November, aber es ist wohl notwendig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen", schätzt Burger nun auf Anfrage die Situation ein. Er habe gehofft, "dass die ganzen Abstands- und Hygienekonzepte, die die Kulturveranstalter erstellt haben", ausreichen würden.

Das sieht auch Joachim "Jo" Glaser so. Bezüglich der Corona-Maßnahmen sei in den vergangenen Monaten viel an den Veranstaltungsorten passiert, meint der Vorsitzende der Musikerinitiative Schramberg (MIS). Dass trotz dieser Anstrengungen nun ein komplettes Verbot ausgesprochen wurde, "das drückt schon auf die Stimmung", so Glaser.

Darin sieht er ein großes Konfliktpotenzial – denn nach dem ersten Lockdown habe sich die Szene mit der Situation arrangiert: "Vom Metaller bis Jazzer verhalten sich alle sehr vernünftig. Es ist immer wieder kurios, wenn vor dir ein riesiger, tätowierter Kerl aufsteht und sich dann selbstverständlich auf dem Weg zur Toilette brav seinen Mundschutz anzieht. Das Schlimmste wäre, wenn dieses Verständnis, dieser Rückhalt unter den Bürgern jetzt bröckelt", sagt Glaser.

Viele Veranstalter aus dem Kulturbereich, erinnert Burger, seien schon aus dem ersten Lockdown nicht so richtig rausgekommen. "Wir haben das Publikum im ›Besen‹ jetzt in brutalster Art und Weise ausgedünnt", für den Vorstand sei das eine große finanzielle Herausforderung. Vor eben diesem Hintergrund hatte die MIS Mitte Juni die Musikkneipen bedacht, als sie jenen den Erlös ihrer bislang letzten Veranstaltung, einem "Backbone Hurts"-Konzert im Schramberger Autokino, zugute kommen ließ. Nun erinnert Glaser an die angekündigte staatliche Hilfe: "Wir können nur hoffen, dass die Kneipen und Clubs mit dem 75-Prozent-Hilfspaket, das sie bekommen sollen, überleben. Ansonsten fehlen uns die typischen Auftrittsorte und die Kleinkunst ist am Ende."

"Und wir sind Hobbymusiker. Die Profis trifft es ganz brutal", betont Glaser. Auch Harald Burger betont beide Aspekte: "Die Künstler leiden nicht nur finanziell", sondern schlicht an der Tatsache, nicht mehr ihre Leidenschaft ausüben zu dürfen. "Es ist eine dramatische Situation."

Doch nicht nur die Gegenwart, vor allem der Blick in die Zukunft sei es, der derzeit Sorgen bereite, meint Glaser. "Vor dem Hintergrund, dass beispielsweise mit der Fasnet oder dem Stadtfest höchst professionell durchorganisierte Veranstaltungen abgesagt werden, fällt es schwer, einen Silberstreif am Horizont zu sehen", meint Glaser hinsichtlich beispielsweise eines der nächsten eigenen großen Projekte, einer "Subiaco-Session", die bereits von März dieses Jahres auf März 2021 verschoben wurde.

Dass Kulturveranstaltungen auch – oder gerade in – Krisenzeiten für die Bevölkerung wichtig sind, betonen beide zugleich: "Für uns als Veranstalter war es nie eine Option, trotz Risiko, nichts zu machen – das geht gar nicht. Wir müssen die Menschen vom Sofa und vom Fernseher holen – man gewöhnt sich so leicht an diese Bequemlichkeit", sagt Burger. Glaser spricht, sollte es zu einem längeren Verlust der kulturellen Vielfalt kommen, gar von einer Katastrophe.

Trotz allem zeigt der MIS-Vorsitzende Verständnis für die neuen Maßnahmen – und bleibt pragmatisch: "Für uns Hobbymusiker gilt es nun, Hausaufgaben zu machen. Wir verbringen die Zeit mit Einzelproben, um fit zu bleiben oder schauen nach unseren Proberäumen." Und auch Harald Burger setzt auf das Prinzip Hoffnung: "Wir setzen auf den Dezember und hoffen auf einen schönen ›Besen‹-Ausklang mit schönen Konzerten."

Für die letzte Veranstaltung im "Kulturbesen" vor dem Lockdown mit "Van de Frost" gibt es noch Karten und Sitzplätze. Diese können unter Telefon 0160/92 06 52 14 reserviert werden. Die deutsche "Nashville-Pop-Newcomerin Nr. 1" wird begleitet von Michael Voss, der ihr Album produziert hat. Michael Voss ist Sänger der Michael-Schenker-Group und häufig mit der Band Bonfire unterwegs. Er wird an diesem "Kulturbesen"-Abend zudem ein eigenes Set präsentieren, in dem er das Beste von "Bonfire", der Michael-Schenker-Group und "Mad Max" präsentiert.