Interview: Martin Dilger spricht über Namensserie / Die Klausmann haben sich in Hardt schnell festgesetzt

Schramberg. Die Serie "Woher kommt mein Name?" läuft und läuft – und das sehr erfolgreich. Noch immer treffen Anfragen ein, die bearbeitet natürlich weiterhin bearbeitet werden. Martin Dilger, der die Namen erforscht, stellt sich nun unseren Fragen zur Serie.  

Warum muss die Namenforschung interdisziplinär vorgehen?

Namenforschung führt nur dann zu verlässlichen Ergebnissen, wenn man möglichst frühe Nennungen und Schreibungen ermittelt, genealogische Zusammenhänge aufdeckt und darüber hinaus Geografie und Dialekt in der Heimat des Namens berücksichtigt. Je älter die Belege für den Namen sind, desto näher kommt man der ursprünglichen Aussprache und Schreibweise. Betrachtet man nur die heutige Schreibweise, führt das mitunter auf eine völlig falsche Spur. Die Namen Grüner und Fus sind da gute Beispiele. Der eine hat nichts mit der Farbe, der andere nichts mit dem Körperteil zu tun. Erst das genaue Zurückverfolgen der genealogischen Verbindungen ergibt das richtige Bild.  

Funktioniert dieses Vorgehen immer?

In einigen Fällen ist letztendlich nicht bestimmbar, was aus einer Reihe an möglichen Erklärungen die tatsächliche Motivation der Namensgebung war. Ein Hauer im Schwarzwald kann eben ein Holzhauer oder ein Bergwerksarbeiter gewesen sein. Auch bei kurzen Namen wie Katz, Höhn oder Herz sind oft mehrere Deutungen möglich. Eine definitive Entscheidung für eine der Optionen kann in der Regel nicht getroffen werden, weil aus der Zeit der Namensentstehung, die ja meist 700 bis 800 Jahre zurückliegt, nur wenige personengeschichtliche Quellen überliefert sind. Und wenn doch, ist nur äußerst selten herauszulesen, warum jemand wie genannt wurde. Das war einfach kein Thema, welches irgendwie als erwähnenswert betrachtet wurde.

Sie haben viele Namen unserer Leser erforscht. Warum lassen Sie einige aus?

Es wurden überwältigend viele Namen angefragt. Ich habe mich im Großen und Ganzen auf die für den Südwesten Deutschlands typischen Familiennamen beschränkt. Nicht nur der schieren Menge wegen, sondern auch, weil ich in einigen Fällen weder die Gegend noch die sprachlichen Besonderheiten der Namensheimat kenne. Unter den nicht behandelten Namen sind so spannende wie Madlo, Gandor, Forderung oder Maslauke. Einige davon stammen aus den früheren deutschen Ostgebieten. Ohne profundes Wissen zum Dialekt und zur Geografie stochert man entweder im Nebel oder betet im besten Fall lediglich die Fachliteratur herunter.  

Viele Leser fanden besonders interessant, dass Sie einige der Artikel mit familiengeschichtlichen Informationen angereichert haben. Was bewog Sie dazu?

Es stellt den geschichtlichen Bezug her und gibt dem Namen eine geografische Heimat. Es zeigt zudem auf, dass die meisten Familiennamen auch heute noch da am stärksten vertreten sind, wo sie es vor 400 Jahren schon waren. Mehr als eine Anreicherung sollte es aber nicht sein, hier darf Namenforschung nicht mit Familien- oder Höfeforschung verwechselt werden.  

Sind bei der heutigen Mobilität überhaupt noch Muster erkennbar?

Bei allen Wanderungsbewegungen in der Vergangenheit und heute ist das Verbreitungsmuster der Namen ziemlich beharrlich und ändert sich nur langsam. Wie man aber beispielsweise bei den Klausmann in Hardt sieht, braucht es im Einzelfall nur gut 200 Jahre, bis sich ein vorher im Ort völlig unbekannter Name "festsetzt" und dann ein signifikanter Anteil der Bevölkerung so heißt.

Haben Sie bei der Namenforschungsaktion des Schwarzwälder Boten auch selbst noch was gelernt?

Das Feld der Namenforschung ist weit und man lernt auch hier ständig dazu – zum Beispiel wurde mir noch einmal deutlich, wie viele Familiennamen auf germanische Rufnamen zurückgehen. Wenn nicht offensichtlich ein Berufs-, Herkunfts- oder Wohnstättenname vorliegt, ist es meist eine gute Arbeitshypothese, einen germanischen Rufnamen als Ursprung zu vermuten. Von da aus kann man weitersuchen. Die Fachliteratur bestätigt die Hypothese meist auch. Und einen im Juni 2018 erschienenen Artikel muss ich korrigieren: Die Burgbacher verdanken ihren Namen dem Tennenbronner Wohnplatz Purpen, der wiederum nach dem dort entspringenden Bach benannt wurde – eben dem Burgbach, der durch das Marxenloch und anschließend an der Burg Falkenstein vorbei fließt.