Notlage bei den Aquarianern. Tochter kommt unfreiwillig zum Vorsitz wie die Jungfrau zum Kinde.
Schramberg - Ohne den "Berger-Sepp" gibt es viele Probleme. Die erste Fasnet ohne das Schramberger Original war eine andere. Nun klemmt es auch bei den Aquarianern, die einen Nachfolger für ihren verstorbenen langjährigen Vorsitzenden brauchen.
Eine, die davon ein Liedchen singen kann, ist seine Tochter Manuela Binder. Sie wurde von ihrem Vater noch im vergangenen Jahr mehr oder weniger dazu verdonnert, den stellvertretenden Vorsitz des Vereins zu übernehmen. "Dann mache ich es halt", willigte sie eher widerwillig ein, da der "Berger-Sepp" da nicht mit sich reden ließ.
Im August verstarb er jedoch plötzlich, obwohl er schon länger gesundheitliche Probleme hatte. Seinen ersten Herzstillstand hatte er am Fasnetsdienstag 2016 im "Schraivogel". Auf wie viele Menschen der "Berger-Sepp" einen Eindruck hinterlassen hatte, wurde unter anderem bei der Beerdigung deutlich, zu der unzählige Menschen kamen - und wo zum Schluss auf seinen Wunsch hin der Schramberger Narrenmarsch gespielt wurde. "Die Fasnet war sein Leben", sagt Manuela Binder.
Tochter soll Nachfolge in Verein übernehmen
Doch zurück in die Gegenwart: "Alle haben gesagt, ich soll die Nachfolge bei den Aquarianern übernehmen", so die Tochter vom "Berger-Sepp". Aber: "Ich wurde überhaupt nicht von ihm eingelernt - und ich bin nicht so ein Macher wie er", sagt sie. Allerdings fällt der Apfel mitunter nicht weit vom Stamm. So agierte Manuela Binder bereits als Nikolaus in vielen Schramberger Familien und auch von ihrer Art her erinnert einiges an ihren Vater.
Die Aquarianer haben aufgrund der Coronakrise ihre geplante Hauptversammlung im April erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben. Sobald die Versammlung nachgeholt wird, möchte Manuela Binder den Vorsitz abgeben, zu dem sie wie die Jungfrau zum Kinde kam. Bislang hat sie für den Verein den Ausflug im vergangenen Jahr zu Duravit und ins Freilichtmuseum Gutach organisiert und die Schlussrede gehalten. "Meinem Vater ging es damals schon nicht mehr gut", begründet sie.
Nachwuchs fehlt
Alleine, es dürfte nicht so einfach werden, bei den Aquarianern einen geeigneten Nachfolger zu finden. "Der Nachwuchs fehlt", sagt Manuela Binder. "Früher hatten alle Mitglieder ihr eigenes Aquarium, sogar im Vereinslokal auf dem Sulgen stand eins", sagt Manuela Binder.
Derzeit gibt es 26 aktive Aquarianer, die aus Schramberg, Sulgen, Hardt und Dunningen kommen. Neben den monatlichen Treffen gibt es Ausflüge und das Silvesterpaschen. Im schlimmsten Fall droht gar eine Vereinsauflösung, wenn kein Vorsitzender gefunden wird. Sepps Frau Helga wüsste über vieles Bescheid, allerdings ist sie zurückhaltend und möchte keinen Vorsitz übernehmen.
Ja, der "Berger-Sepp" fehlt in vielen Belangen. Seine Tochter hat zwar wie er auch an der Fasnet Narrenblättle verkauft. "Allerdings hat die Zunft gesagt, dass mein Vater viel mehr an den Mann gebracht hat", sagt Manuela Binder. Seine unnachahmliche Art ist nicht zu kopieren: "Bei Sitzungen der Stadt ist er einfach ohne anzuklopfen hineingeplatzt", erinnert sich seine Tochter.
Gedenken an echtes Original
Obwohl sie immer noch um ihren Vater trauert, ließ sie sich den Besuch der Fasnet nicht verbieten. "Er hätte es so gewollt", ist sie sich sicher. In der "Goldgrube" hätten einige Finsterbach-Hexen gefragt, wer sie sei. "Die Tochter vom ›Berger-Sepp‹", kam als Antwort - woraufhin die Gegenüber große Augen machten und Manuela Binder bewusst wurde, dass sie Tochter eines in Schramberg sehr bekannten Menschen ist.
Dass der "Hafner-Sigger" im Gedenken an ihren Vater bei der Fasnet die Drehorgel gespielt hat, hat sie sehr gefreut. Was viele nicht wussten: Auch bei der Lebenshilfe war der Sepp sehr aktiv. Zudem kam in früheren Jahren seine Tätigkeit als Leiter der Musiker von "Modern Gugging" hinzu.
Nun drängt aber die Suche nach einem Nachfolger bei den Aquarianern. "Mein Vater hockt dort oben und würde sich sehr freuen, wenn es weitergeht", ist seine Tochter überzeugt.