Prozess: 30-jähriger Schramberger wegen Entziehung Minderjähriger vor dem Amtsgericht Oberndorf

Schramberg/Oberndorf. Erst nach geduldigem Erläutern und Zureden durch Richter Wolfgang Heuer sah am Mittwoch ein Schramberger auf der Anklagebank des Amtsgerichts Oberndorf ein, dass eine Geldbuße für ihn besser ist als eine mutmaßliche Verurteilung.

Dem 30-Jährigen wurde Entziehung Minderjähriger mit versuchter Nötigung und Beleidigung vorgeworfen. Und das steckt dahinter: Der gelernte Kfz-Mechaniker holt seine Tochter im Sommer 2015 bei deren Mutter in Oberndorf ab. Das Paar ist getrennt, die Frau hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Statt das Kind nach zwei Tagen wieder bei seiner Ex-Partnerin abzugeben, fährt er mit ihm nach Italien. Die Mutter erstattet Anzeige, fordert ihn am Telefon auf, die Tochter zurückzubringen. Der Angeklagte verlangt daraufhin, dass sie die Anzeige zurücknimmt, er beleidigt sie und droht sogar damit, ihre Familie umzubringen.

Nach rund zwei Wochen, so der Staatsanwalt, reist der Schramberger wieder nach Deutschland ein, allerdings ohne seine Tochter, die damals zwei Jahre alt ist. Diese lässt er bei der Großmutter in Österreich. Daraufhin ermitteln die Behörden den Aufenthaltsort des Kindes und holen es schließlich heim zu seiner Mama.

Das Amtsgericht hat das Wohl des Kindes im Auge

Im August vergangenen Jahres wurde das Hauptverfahren gegen den jungen Vater, der heute als Maschinenbediener arbeitet, eröffnet. Die Staatsanwaltschaft hätte es gegen Zahlung einer Geldbuße von 400 Euro eingestellt, da sich das Paar mittlerweile besser vertrage und das Gericht das Wohl des Kindes im Auge habe.

Mit den 400 Euro war der Schramberger allerdings nicht einverstanden. "Ich sehe die Geldbuße als Strafe an und mir ist nicht ersichtlich, warum ich zahlen soll", stellte er zu Beginn der Sitzung auf stur. Diese Meinung habe er im Vorfeld auch schon gegenüber der Geschäftsstelle des Amtsgerichts vertreten, in "ungehobelter und derber Form", wie es Heuer formulierte. Der Richter stellte klipp und klar fest, dass der Angeklagte, im Falle einer Verhandlung, "höchstwahrscheinlich" verurteilt werde. Schließlich habe er die Beleidigung und die Todesdrohung eingeräumt. Beim Vorwurf der Kindesentziehung wandte der Schramberger ein, dass der gemeinsame Italien-Urlaub mit seiner Ex-Partnerin abgesprochen gewesen sei. "Sie hat zu jeder Zeit gewusst, wo unsere Tochter ist", sagte er vor Gericht, wo er ohne Anwalt erschienen war. Auch die Aussage des Staatsanwalts, er habe die Tochter bei ihrer Mutter in deren Wohnung abgeholt, ließ er so nicht gelten. "Es war unsere gemeinsame Wohnung, wir waren damals noch beide dort gemeldet."

Heuer baute ihm wieder eine Brücke und erläuterte: "Wenn S ie die Geldbuße von 400 Euro bezahlen, ist die Sache vom Tisch." Aufgrund von Unterhaltszahlungen sei es ihm nicht möglich, den Betrag in einer Summe aufzubringen, lenkte der Angeklagte zaghaft ein. "Wenn sie jetzt zum Automaten gehen, wie viel Bargeld könnten sie holen?", wollte Heuer wissen. "200 Euro", bekam er zur Antwort. Und auf die Frage: "Wo könnten Sie’s holen?", antwortete der Angeklagte: "In meiner Hosentasche."

Angeklagter zahlt die Geldbuße von 400 Euro gleich in bar

Nach einer kleinen Pause, die das Gericht zum Ausstellen der Quittung nutzen wollte, zog der Angeklagte dann doch die ganzen 400 Euro in bar hervor und stimmte so der Verfahrenseinstellung zu. Eine Zeugenaussage der Ex-Partnerin, die vor dem Saal mit der gemeinsamen Tochter wartete, und des Polizeibeamten waren deshalb nicht mehr erforderlich. Heuer ermahnte den Angeklagten, künftig sachlich mit Angestellten der Justiz umzugehen. "Meine Mitarbeiter bei der Geschäftsstelle können nichts dafür, dass Sie angeklagt sind."