"Lasst die Gläser sprechen" war das Motto des Happenings von "Glas-Blas-Sing" aus Berlin mit Andreas "Andy" Lubert, Frank Wegner, Jan "Fritze" Lubert, und David "Möhre" Möhring. Fotos: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: "Glas-Blas-Sing" begeistert

Innovativ und impulsiv, mit Berliner Witz und Charme, so präsentierte sich das Quartett "Glas-Blas-Sing" mit Andreas "Andy" Lubert, Frank Wegner, Jan "Fritze" Lubert, und David "Möhre" Möhring beim ersten gemeinsamen Projekt von "Szene 64" und Schramberger Kulturbesen.

Schramberg. Die Schwarzwälder verstanden den Humor der Berliner auf Anhieb und waren begeistert von der erfrischend ungewöhnlichen Bühnenshow der vier Künstler, die aus leeren Flaschen faszinierende Musikinstrumente und aus Leergut Liedgut aller Stilrichtungen zaubern konnten.

In der gemeinsamen Begrüßung des vollen Hauses mit mehr als 400 Besuchern durch Uli Bauknecht als von der "Szene 64" und Harald Burger als "Besenmacher" freuten sich die beiden Vertreter der benachbart gelegenen Institutionen bei diesem ersten gemeinsamen Konzert über das große Publikumsinteresse und die neue Kooperation unter dem Motto "Gemeinsam noch stärker".

Mit dem Engagement der vier "Flaschenmusiker" aus Berlin trafen die Veranstalter ins Schwarze. Nicht nur der Recycling-Gedanke, der aus Flaschenmüll noch etwas Sinnvolles, ja sogar Faszinierendes herstellt, fügte sich passgenau ins aktuelle ökologische Konzept, sondern auch die virtuose Raffinesse, mit der die "Vollbiermusiker" bei ihrer Performance zu Werke gingen sei es bei der klassischen "Alla Turka" von Mozart, dem "Halleluja" von Händel, beim russischen Korobuschka-Tanz, bei Rumbarhythmen, Rock, Pop, Eigenschöpfungen oder Coverversionen.

Das Ganze passierte unter ständigem Gefrozzel untereinander oder mit dem Publikum, das im Handumdrehen gewonnen war. Begrüßt wurden die Zuhörer bei diesem "besten Flaschenmusikprogramm aller Zeiten", kurz "Flaschmob" genannt, mit einem zungenakrobatischen Rap. Das Motto bei diesem Happening lautete: "Lasst Gläser sprechen."

Frech und frivol ging man das Thema "Sellerie" und seine Wirkungen auf die Männlichkeit an und wertete die Nummer als Bildungsbeitrag, um das Aphrodisiakum unter die Leute zu bringen. Hatte man erst mal zwei Namen aus dem Publikum (Roland und Justin beziehungsweise Kerstin), so konnte man sogar Memory spielen mit den Zuhörern. Immer zwei gleiche Melodien mussten gefunden werden, die Zuhörer hatten einen Mordsspaß mit den unterhaltsamen Spielleitern.

Während Andy neben dem Flaschenblasen, Ploppen der Kümmerling- Piccoloflaschen und dem Saitenspiel auf der Flaschenleiste vor allem Moderation, Gesang und (als einziges herkömmliches Instrument) das Ukulele-Spiel übernahm, spielte "Fritze" neben all seinen Flaschenkünsten mit Blasen, Ploppen, Schrubben, Klopfen und Hämmern hauptsächlich den Clown.

Frank brillierte mit seiner Kronkorken-Kastagnetten-Begleitung und der genialen Erfindung der Bassflaschenleiste, dem Jazz-Bass, während "Möhre" als perfekter Percussionist im rasanten Superpresto-Tempo mit Accellerando (160 Schläge pro Minute) das Jägermeister-Xylofon am Brett, den Glasflaschen-Snare, die Wasserspender-Djembe oder mit den andern drei zusammen die Zischflasche bediente. Vier Flaschen waren die Mindestmenge, in die wie bei Panflöten geblasen wurde, doch beim Ploppen mit dem Daumen konnten es auch 20 sein.

"Möhre", "der einzige Flaschenschlagzeuger weltweit", war locker auch als Gehschlagzeuger ohne Hocker und zeigte auch als Solist bei der Rasselmasche mit der Flasche als Schüttelrohr perfektes rhythmisches Feeling. Die vier Berliner Jungs, die als Straßenmusiker angefangen haben, hatten die Formel für ultimativ gute Laune: Dur-Akkorde und positive Aussagen wie etwa "Du riechst so gut", was Fritze zu der Assoziation verleitete: "Mir geht’s so gut, weil ich ein Mädchen bin." Ohne Text war sogar "Am Tag, als Conny Kramer starb" ein Gute-Laune-Macher.

Die Frage, wie man darauf komme, auf Bierflaschen Musik zu machen, beantworteten die Musiker ganz lakonisch: "beim Biertrinken". Und auf die Frage, wo sie all die tollen Instrumente her hätten, antwortete Fritze: "Vom Probieren. Zuerst der Spaß, dann die Arbeit." Auch ein Altglascontainer lohne einen Blick.

Und schon ging mit fröhlichem Flaschenhämmern ein Kuhglockengeläut los. Nach dem Vorbild der "Drei Chinesen" übte man mit dem Publikum das dadaistische Da-de-di-do-du-Lied ein.

Ihre Erlebnisse in Baden-Württemberg packten die vier Musiker in einen Endlos-Song. Bei Schramberg, das laut Fritze "gerade dabei ist, eine richtig schöne Stadt zu werden", hieß die Strophe: "Ich liebte ein Mädchen aus Schramberg vom Junghans-Uhren-Stammwerk."

Mit der Leistung der Zuschauer war das Quartett sehr zufrieden, auch wenn es beim Vogelpfeifen noch etwas haperte, dafür aber beim Klatschen umso lauter war, besonders beim frenetischen Schlussapplaus.

Bei der Zugabe mit den Originalflaschen vom ersten Konzert, jeder Musiker nur zwei Flaschen in Händen, wurde Solo gespielt, Refrain geblasen, zweistimmig vorgetragen und ein Percussionteil eingebaut. Bei der zweiten Zugabe mit der Abschiedshymne "Die Flaschen sind müde" war die Ukulele dabei, und die Zuhörer konnten dazu schunkeln.

Auch ein Ausblick auf Weihnachten war mit "Süßer die Flaschen nie klingen" dabei. Schließlich folgte als dritte Zugabe "Don’t Worry, be Happy", wobei das Publikum aus Gründen der Dramaturgie streng den Anweisungen des Dirigenten zu folgen hatte.

Der Rest war stürmischer Applaus.