Kultur: Lyriker Walle Sayer bei Steffi Schöne zu Gast
"Lyrik trifft auf Grabmaldesign" zur Kaffeezeit an einem Sonntag im Studio von Steffi Schöne in der gerade 200 Jahre alten, aber mit Leben gefüllten Majolika in Schramberg.
Schramberg. Genau hinschauen muss man bei der Grabmalkunst von Steffi Schöne, genau hinhören sollte man bei der Dichtkunst von Walle Sayer. Jedes Wort zählt, wenn der Wortkünstler aus Horb seine Beobachtungen aus dem Alltag mitteilt. Mit nur einer toten Maus vor der Haustür sagt eine Katze "Danke" oder bringt sich in Erinnerung. Da ist in der Nacht "der Tod zufällig im Garten vorbeigestrichen".
Über Vergänglichkeit, Tod und Erinnern schreiben viele Autoren. Walle Sayer sieht eine Trauergesellschaft, "alle in Schwarz, damit keiner dem Tod auffällt".
Dagegen werden im Neubaugebiet ausgegrabene Grabbeigaben aus dem fünften. Jahrhundert ausgestellt, "angeleuchtet in Vitrinen", Vergängliches ins Licht gerückt.
Die Geschichten zu seinen Gedichten erzählt der Autor zwischen den Passagen, die er ruhig aus seinen Büchern vorliest. Im Leben entstehen bei ihm Poesie und Prosa – dabei lässt er seinen Gedanken freien Lauf, entlässt sie nicht sofort in die Bedeutungslosigkeit des Vergessens.
Auch bei der Lesung brauchte es Zeit, Zuhörer mussten die Worte nachklingen lassen, "den Augenblick behalten". Früher ergaben die elf Zahlen auf den trocknenden Trikots der Fußballer eine Zufallsaufstellung der Mannschaft auf der Wäscheleine im Garten. In der Erinnerung können "Zeitkrumen aus der Kindheit" zu Brotkrümeln für den Schriftsteller werden.
Märchengeschichten will Walle Sayer künftig für seine Enkel schreiben, in denen kleine Mädchen auch Schornsteinfegerin werden wollen. Davon liest Walle Sayer am Freitag, 9. Oktober, im Wasserschloss in Sulz-Glatt. Walle Sayer will den Augenblick behalten.