Armin Haas, Kevin Mager, Anita Steinhart vom Integrationsfachdienst in Villingen-Schwenningen und Susanne Müller gönnen sich eine kleine Feierstunde für den Erfolg. Foto: Kathrin Kammerer

Die Lebenshilfe begleitet junge Menschen mit Handicap auf vielfältige Weise ins Berufsleben.

Kreis Rottweil - Kevin ist 20. Nach der Schule hat er ein paar Praktika absolviert, dann einen Arbeitsplatz gefunden. Eigentlich keine außergewöhnliche Geschichte – doch Kevin hat ein Handicap. Und genau das macht seinen Werdegang zu einem kleinen Erfolg.

Das Projekt "Unterstützte Beschäftigung" bietet Menschen mit Behinderungen die Chance, einen festen Arbeitsplatz zu finden. Handwerks- und Industriebetriebe wie auch Dienstleister aus dem ganzen Kreis nehmen daran teil. Die Kooperation zwischen der Lebenshilfe im Kreis Rottweil, dem Integrationsfachdienst Villingen-Schwenningen und der Rottweiler Agentur für Arbeit läuft seit 2009.

Zeit für die Beteiligten, um sich bei einer kleinen Feierstunde auszutauschen. Mit dabei sind auch zwei, die mitten im Projekt stecken. Auf der einen Seite Armin Haas, er arbeitet im Bereich Service/Support eines Rottweiler Unternehmens. Auf der anderen Seite Kevin Mager, 20, ein höflicher junger Mann mit einer geistigen Behinderung.

Susanne Müller, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit, kennt Kevin schon lange. Bereits während der Schulzeit habe sie mit ihm zusammengearbeitet. Berufsorientierung, erste Praktika – schon ab der achten Klasse werden junge Menschen mit Handicap auf dem Weg ins Arbeitsleben unterstützt.

"Zuerst wollte ich Lkw-Fahrer werden", erinnert sich Kevin. Draußen sein, anpacken, was von der Welt sehen – das habe ihm gefallen. Nach verschiedenen Praktika als Gärtner und Hausmeister wurde er schließlich durch "Unterstützte Beschäftigung" an die Firma von Armin Haas, die ergonomische Büromöbel herstellt, vermittelt. Seit Oktober 2012 ist er dort fest angestellt. Eine reibungslose Erfolgsgeschichte? Erfolg: Sicherlich. Doch reibungslos? Nein.

Klare Anforderungen und Lernziele

"Anfangs war es echt schwer, ins Arbeitsleben reinzukommen", gibt Kevin offen zu. Immer wieder habe es bei ihm Durchhänger gegeben. Doch er sei mit Kollegen und "’m Chef" sofort super klargekommen – und das hat ihn und auch die Gegenseite immer wieder motiviert, nicht das Handtuch zu werfen. Kevins Arbeitstag spielt sich im Lager ab: Hier baut er Waren zusammen, räumt sie ein, verpackt und versendet sie schließlich. "Ich habe von Anfang an klare Anforderungen und Lernziele gestellt", erzählt Armin Haas. Die habe Kevin erfüllt – und so stehen heute, zwei Jahre nach Beginn der Zusammenarbeit, ein zufriedener Chef und ein stolzer Angestellter nebeneinander.

Als klar war, dass Kevin übernommen wird, erweiterte Haas prompt das Büro, und richtete ihm einen eigenen Schreibtisch sowie eine eigene E-Mailadresse ein. Neulich habe der 20-Jährige gar seinen ersten Außeneinsatz gehabt – "das kann ich mir in Zukunft sicher öfter vorstellen", sagt der Chef.

Bei der "Unterstützten Beschäftigung" werden nicht nur die Jugendlichen selbst betreut. Auch auf ihr Umfeld wird ein Auge geworfen, da der Einfluss von dieser Seite groß ist, wie Berufsberaterin Müller weiß. "Wenn die Familienverhältnisse oder die Freunde den Jugendlichen ausbremsen, nutzen auch all unsere Bemühungen im beruflichen Bereich nicht viel".

Und dann gibt es eben trotz aller Erfolgsgeschichten auch die Fälle, die aufgrund ihrer Einschränkungen oder ihres Verhaltens trotzdem nicht in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden können. Für sie stehen Einrichtungen wie die von der Lebenshilfe betriebene "Werkstatt für behinderte Menschen" zu Verfügung.

Seit es das Projekt gibt, resümiert Klaus-Dieter Geißler, Geschäftsführer der Lebenshilfe, wurde ein Drittel der 30 Teilnehmer in ein Arbeitsverhältnis vermittelt. Zehn kleine Erfolgsgeschichten, eine davon ist Kevin. Der will mit dem verdienten Geld nun den Führerschein machen. "Den hätte ich mir sonst nicht leisten können."

Info

Das Projekt
 

- Orientierungsphase
In der Orientierungsphase (bis zu acht Wochen) wird versucht, einen Betrieb zu finden, der den Wünschen und Fähigkeiten der Jugendlichen entspricht.
 

- Qualifizierungsphase
Die Jugendlichen werden eingearbeitet, lernen Firma und Tätigkeit kennen. Nach zwei bis vier Wochen ist meist absehbar, ob Jugendlicher und Firma längerfristig harmonieren. Ergänzend zu vier Arbeitstagen findet wöchentlich ein Projekttag statt. Dann tauschen sich alle Beteiligten aus, und die Jugendlichen absolvieren Schulungen, unter anderem zur Stärkung der Sozialkompetenz. Ist nach ein bis zwei Jahren eine Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis absehbar, beginnt die Stabilisierungsphase.
 

- Stabilisierungsphase
In vertiefter Zusammenarbeit werden auch finanzielle Fragen geklärt. Während des Projekts betreuen so genannte Jobcoaches die Jugendlichen. Sie helfen auch bei der Erstellung eines Einarbeitungsplanes, sind Ansprechpartner für die Jugendlichen und Bindeglied zu den Firmen.