Die Referentin Gisela Lixfeld Foto: Hartmann Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Gisela Lixfeld erinnert an erste Schramberger Gemeinderätinnen

Schramberg. Einen Blick auf die ersten Frauen im Schramberger Gemeinderat hat die ehemalige Leiterin des Stadtmuseums Gisela Lixfeld im Rahmen eines Vortrags anlässlich des 100. Jubiläums des Frauenwahlrechts geworfen.

Dass das Stimmrecht zwar ein demokratiegeschichtlicher Meilenstein war, aber der Weg zur tatsächlichen Gleichberechtigung noch weit war, machte Oberbürgermeister Thomas Herzog in seiner Begrüßung deutlich. Selbst heute noch, so Herzog, stimme der Frauenanteil in politischen Gremien nachdenklich – umso wichtiger, die Repräsentation von Frauen in der Gesellschaft erneut in den Blickpunkt zu rücken.

Auch Lixfeld machte in ihrem Vortrag klar, dass das Frauenwahlrecht noch lange nicht gleichbedeutend mit Gleichberechtigung war. In einer Zeit, in der die züchtige Hausfrau dem gesellschaftlichen Idealbild entsprach, besaßen die Frauen trotz Wahlrecht auch 1919 keinen Anspruch auf Bildung, Erwerbstätigkeit oder persönlichen Besitz. Die Widerstände, die auch die Schramberger Politikerinnen zu überwinden hatten, waren daher beachtlich.

Im Mai 1919 wurden dennoch zwei Frauen in den Gemeinderat gewählt: Die Sozialdemokratin Bertha Kuhnt sowie Theresia Bantle, Telefonistin bei Junghans und Vorsitzende des katholischen Arbeiterinnenvereins, die auf der Liste der Zentrumspartei platziert war.

Arbeitsteilung

Die Verteilung der Ausschussmandate, so Lixfeld, zeige, dass auch in der politischen Wirklichkeit geschlechterspezifische Arbeitsteilung herrschte: Es waren in erster Linie soziale Belange, die im Zentrum ihrer politischen Tätigkeit standen, ganz praktische Fragen des Überlebens in den Nachkriegsjahren bestimmten ihre Arbeit. Auch wenn diese Aufgaben für die Zeitgenossen enorm wichtig und beide Frauen hoch angesehen waren, wurde Berta Kuhnt 1922 nicht wiedergewählt – setzte sich aber genau wie Bantle, die gar nicht wieder angetreten war, auch ohne politisches Mandat weiterhin in der Sozialfürsorge ein.

Immer wieder wies Lixfeld auch auf die Probleme hin, vor denen die Forschung gerade auf dem Gebiet der Frauengeschichte steht: Frauen sind in historischen Quellen oft erstaunlich wenig präsent und wurden so von ihren männlichen Zeitgenossen geradezu marginalisiert.

So fanden Schramberger Gemeinderätinnen beispielsweise erschreckend wenig Erwähnung in den lokalen Zeitungen und auch in Sitzungsprotokollen tauchen sie seltener auf. Was dies konkret bedeutet, zeigte Lixfeld am Beispiel der Gemeinderätin Josefine Werner, die während ihrer sechsjährigen Amtszeit (1922 bis 28) nicht einmal Erwähnung in den Sitzungsprotokollen des Gemeinderats findet. Ihre politische Laufbahn lässt sich damit nur ansatzweise mithilfe privater Fotografien rekonstruieren. Selbst die hoch geschätzte Berta Kuhnt geriet in Vergessenheit. "Das Engagement der frühen Kommunalpolitikerinnen", so Lixfeld "wurde soweit aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt, dass ihre Namen auf der 1988 herausgegebenen Liste der Gemeinderatsmitglieder seit 1919 fehlen". Umso wichtiger ist es, das Andenken an die Pionierinnen des frühen 20. Jahrhunderts zu wahren – sei es, indem Frauen auch heute wählen und gewählt werden – aber auch, indem die Erinnerung an Schrambergs erste Politikerinnen bewusst wachgehalten wird.