Beifalls- und zwischenruf-freundlich war am Mittwochabend das Schramberger Publikum: Klinikanbieter Ameos erntete stehende Ovationen. Foto: Wegner

Knisternde Spannung / "Retter des Standorts" gewinnt alle Sympathien / Landrat und Helios eher kleinlaut

Von Edgar Reutter Schramberg. Stehende Ovationen im überfüllten Bärensaal. Wäre die Angelegenheit nicht so ernst, hätte sie stellenweise sogar etwas Theatralisches an sich gehabt. Ameos, dem vermeintlichen Retter des Standorts, flogen alle Sympathien des Publikums zu.Bei der zweiten großen Bürgerinformation zur Krankenhaus-Zukunft im Kreis binnen Jahresfrist platzte die Podiums-Arena am gestrigen Abend erneut aus allen Nähten. Publikumsfavorit war der personell massiv aufgetretene Züricher Gesundheitskonzern Ameos. Stark auf der emotionalen Schiene orientiert, versprach die erste Garnitur des Schweizer Mitbewerbers den Schrambergern und Rottweilern mit insgesamt 80 Millionen Euro Einsatz bis 2030 (knapp 40 davon bis 2015) ein besseres medizinisches Spektrum als bisher, zwei modernere Krankenhäuser, dauerhafte Beschäftigungsgarantie für alle und mehr Anstrengungen für das Personal.

Eher bescheiden, wohl wissend, dass es sich kaum lohnte, intensiv gegen die geballte Schramberger Hausmacht anzugehen, wirkte das Trio des in der Matrix favorisierten Anbieters Helios. Der Berliner Konzern will Schrambergs Haus dichtmachen, weil es seiner Meinung nach weder medizinisch noch wirtschaftlich erfolgreich weiterzuführen sei. Helios setzt Ameos bis 2015 einmal 25,5 Millionen Euro Investitionen nur für einen modernen Klinikbetrieb in Rottweil und insgesamt 44,35 Millionen Euro inklusive der Abwicklung Schrambergs entgegen. Neun Millionen davon sind für Abfindungen zum Abbau der Arbeitsplätze einkalkuliert: Ein Umstand der großes Missfallen in der Versammlung erregte. "Hier geht es um Menschen und nicht um Rindviecher", lautete ein Zwischenruf aus dem Saal, in dem ein vielschichtiges Publikum gespannt mitfieberte, die weniger beifällig aufgenommenen Ausführungen und Sachvorträge bis zur Diskussion aber ziemlich diszipliniert und ohne überzogene Reaktionen aushielt.

Auf die viel beklatschte Begrüßung von Oberbürgermeister Herbert O. Zinell mit einem klaren Bekenntnis zu einem Krankenhaus-Standort in Schramberg folgte ein eher kleinlauter Vortrag von Landrat Wolf-Rüdiger Michel, der zur Vorgeschichte des Bieterwettbewerbs einräumte, dass der Einsatz von 50 bis 60 Millionen Euro an Kreismitteln für die Gesundheitsversorgung vom Kreistag als nicht leistbar abgelehnt wurde.

Stefan Schick vom Stuttgarter Beraterbüro des Landkreises, der die Matrix auszuwerten hatte, verwies auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und Kriterien des Punktekatalogs im Blick auf eine größtmögliche Transparenz und Gleichbehandlung für die Bieter. Aber genau an diesem Punkt entzündete sich unter den sich nicht gerade freundschaftlich gesonnenen Wettbewerbern ein heftiger Disput über die Auslegung der zur Bewertung herangezogenen, teils nachgebesserten Angebote.

Ameos behauptete, Schick habe zu früh abgerechnet, sonst wäre das Schweizer Angebot bei richtiger Wertung mit Sicherheit auf Platz eins. Helios verwies auf sein von vornherein verbindliches Angebot, an dem es nichts zu deuteln gebe: Wenn Schramberg nicht geschlossen werde, so die absolut konträre Meinung zu Ameos, sei auch der zukunftsfähige Standort Rottweil in Gefahr.

Landrat Michel wandte zaghaft ein, warum Ameos seine Investitionen nach 2015 nicht schon im ersten Angebot zugesichert, sondern nur versprochen habe. Und weiter: Warum habe sich Ameos nicht schon auf sein erstes Angebot verlassen, wenn man sich so sicher sei, als Sieger vom Platz zu gehen.

Der Konter von Axel Paeger, dem Vorstandsvorsitzenden der Ameos-Gruppe saß: Weil die Matrix des Kreises gar keine Investitionsangaben nach 2015 haben wollte. Trotzdem sei der Kreis rechtlich gezwungen, das abschließende notarielle Angebot von Ameos zu berücksichtigen. Dem Kreistag droht also offenbar neues Ungemach.